aktuelle News

31.12.2010

Im Ausland lebende jüdische Familien aus Euskirchen erinnern sich an ihre ehemalige Heimat

Familie Breschinski

„Das Leben geht weiter“ und „zurück zu den Roots“. Das ist das Lebensmotto der aus Euskirchen stammenden jüdischen Familie Breschinski, deren Nachkommen heute in Israel und USA leben. Insofern wunderte es nicht, als vor zwei Jahren Ruth Azoulai geb. Breschinski (geb.1933) aus Tel Aviv erstmals wieder die Kreisstadt Euskirchen besuchte. Das elterliche Lederwarengeschäft in der Wilhelmstraße 33 war wie alle anderen jüdischen Geschäfte arisiert worden. Die bekannte Familie zählte im Dritten Reich zu den sogenannten „Ostjuden“, konnte aber rechtzeitig der berüchtigten Abschiebung vom Oktober 1938 entgehen und am 23. September 1938 nach Palästina auswandern. Hierbei handelte es sich um die Eltern Max und Maria Breschinsky sowie Ruth und ihren jüngeren Bruder Isel. Ein letztes Foto erinnert an diese Zeit und zeigt Ruth Breschinsky (Mitte) mit Freundin Susi Schweizer, gest. 1999 (2.v.r.) und Bruder Isle (vorne).

Familie BreschinskiWährend ich bereits auf dieser Homepapage über Ruth Azoulai berichtete, haben mich nun zum Jahresende ein Foto und ein kleiner Bericht von Isle (Dr. Yitzhak B.) bewegt. Das Bild zeigt den inzwischen recht großen amerikanischen „Ableger“ der jüdischen Familie aus Euskirchen. Ergänzende Anmerkungen belegen, dass auch Isle seine ehemalige Heimat Euskirchen und somit seine „roots“ nicht vergessen hat.

...Thanks for your kindness in mentioning my parents who lived in a community that they were part of and loved. Second, this is the family of me, Isel Breshinski, who was born in Euskirchen, but still feels German from time to time due to my parents` teachings....This family of mine is the continuation of that Breshinski family from Euskirchen...

30.12.2010

Nicht im Besitz, sondern im Geben erfüllt sich Glück im Leben

Der Euskirchener Künstler und pensionierte Oberstudienrat Dr. Conrad-Peter Joist gehört zu den renommierten Malern der Eifel und Voreifel. Das Gedicht des Kollegen A.E. Schmölln und sein dazugehöriger Holzschnitt rufen in der Gesamtaussage bei Jahresende zum Nachdenken auf. „CP Joist“ teilte mir mit, dass im vorliegenden Fall das Gedicht „Die Hand“ nach dem Holzschnitt und etlichen Gesprächen entstand. Die Idee zu dieser künstlerischen Aussage entstand bei seiner im Jahre 2010 in Bronze geschaffenen Skulptur „Ur-Kreuzweg“ (Sieben Fußfälle) mit dem Thema: Hände sprechen. Weiteres ist unter den Links zu „Kirchen“, „Kuchenheim“ sowie „Sieben Fußfälle“ zu entnehmen.

 

Dr. Conrad-Peter Joist


29.12.2010

Regionalhistorische Weihnachtsgrüße erinnern an den Kreis Euskirchen vor 100 Jahren

 

Viele Weihnachts- und Neujahrsgrüße aus aller Welt bestätigten, wie häufig diese regionalhistorischen Homepage frequentiert wird. Viele dankten für die Nachrichten aus der Eifel und Voreifel. Darunter waren auch in- und ausländische Archive, die mit individueller Aufmachung zusätzlich auf sich aufmerksam machen konnten.

Dass darunter ein Archiv aus unserer Region mit lokalbezogener Aufmachung war, gefiel besonders. Das bewährte Team des Euskirchener Kreisarchivs sowie der Historischen Kreisbibliothek unter Leitung der engagierten Diplom-Archivarin Heike Pütz wünschte mit einem 100 Jahre alten Artikel des „Euskirchener Stadt-Anzeigers und Euskirchener General-Anzeigers“ vom 24. Dezember 1910 allen Benutzern „Frohe Weihnachten und ein glückliches 2011“:

 

27.12.2010

Belgische Besatzungssoldaten 1945/46 in der Eifel und Voreifel

De Zwarte Markt

Zur regionalhistorischen Aufarbeitung der Nachkriegszeit in der Eifel und Voreifel gehört auch eine Untersuchung über das Verhältnis der Deutschen zu den belgischen Besatzungssoldaten in der Zeit 1945/46. Diese Thematik wurde bisher vernachlässigt.

BelgenDie Nachkriegszeit - mit ihren Trümmern, mit Armut, Hunger, Schwarzmarkt und Elend-Prostitution - gehört in Deutschland zum kollektiven Bewusstsein. In Belgien ist diese Periode jedoch wenig bekannt, obwohl sie von Soldaten der belgischen Besatzungstruppen, die damals unter dem Hauptkommando der britischen Armee standen, genauso bewusst erlebt wurde wie von den deutschen Einwohnern. Die Soldaten kamen aus ihrer 1940-1944 besetzten Heimat und hatten nun die Rolle der Besatzer zu übernehmen. Sicherlich keine selbstverständliche „Wende“...

In meiner NEWS vom 5. Oktober 2010 bat ich die Leser meiner regionalhistorischen Homepage, bei einer diesbezüglichen Recherche zu helfen. Für eine größere Reportage zum Thema „Belgische Besatzungssoldaten 1945/46“ verfasste nun der renommierte Journalist Jan Hertoghs die Serie „De Belgen die Duitsland bezetten – Het Nooit Vertelde Verhaal van 1945-1946“. Hierzu konnte ich auch deutsche Augenzeugen vermitteln, die über die damalige Situation sowie das Verhältnis zu den belgischen Besatzungstruppen berichten konnten.

Der Redakteur Hertoghs gehört zum Redaktionsteam der belgischen Zeitschrift HUMO, ein wöchentlich erscheinendes Radio- und Fernsehmagazin in flämischer Sprache. Die Anschrift dieser traditionsreichen Publikation lautet: Onafhankelijk weekblad voor Radio en TV, Harensesteenweg 226 - 1800 Vilvoorde. Die Publikation entspricht der deutschen „HörZu“, hat eine lange Tradition, erscheint seit 1936 und hat neben aktuellen auch historische Beiträge. Hierauf ist Jan Hertoghs spezialisiert. In der großen Weihnachtsausgabe vom 21. Dezember erschien jetzt der erste Teil der Serie.

Auch Zeitzeugen aus unserer Region erinnerten sich an die ersten Begegnungen oder Konflikte mit den belgischen Besatzungsoldaten. Weitere Situationen sind: das gute oder schlechte Zusammenleben, in den Kneipen, am Bahnhof, auf den Strassen, mit der Polizei oder den Kommandanturen...

25.12.2010

Dass „Stolpersteine“ zu einer Eifeler Jüdin und indirekt sogar zu Anne Frank führen, beweisen folgende Ausführungen. Einleitend ist zu sagen, das es besonders den Stolpersteinen des Künstlers Gunter Demnig zu verdanken ist, dass sich die Regionalhistorie wieder verstärkt mit den einstigen Synagogengemeinden und dem individuellen Schicksal ihrer Mitglieder befasst.

Auch in Emdetten waren die Bürger bereit, „ihrer“ Juden zu gedenken, aber offensichtlich hatte die westfälische Stadt an der Ems keine diesbezüglichen Opfer des Nationalsozialismus. Diese rassistische Ideologie schien sich zudem kaum in der damals überwiegend katholischen Gemeinde richtig durchgesetzt zu haben. Aber die neuesten regionalen Forschungen haben etwas Interessantes ergeben und tangieren insofern sogar den heutigen Kreis Euskirchen sowie die Ortschaft Kommern (heute Stadtteil von Mechernich). Über die hier geborene Jüdin Maria (Sara) Horn führen sogar Spuren zu Anne Frank. Ein kaum bekanntes Foto zeigt das damals noch nicht berühmte Mädchen mit Marias Neffen Hermnn und Herbert Wilp.

 

Anne Frank und WILP-Söhne

 

Am 19. August 2010 berichtete die Lokalausgabe der Emsdettener Volkszeitung über die Krankenschwester Luzia Winter, die sich mit der Geschichte der Emsdettener Juden befassen wollte, aber vorerst feststellen musste, dass von hier aus keine Spuren zum Holocaust führten. Dann aber konnte die Redakteurin Larissa Loges mitteilen, dass die Heimatforscherin nun doch inzwischen auf einen Alfons Wilp gestoßen ist, den Ehemann der aus Kommern stammenden Maria (Sara) Horn. Nur am Rande sei erwähnt, dass ein Teil der jüdischen Familie Horn Anfang des 20. Jahrhunderts nach Euskirchen verzog und dort ein kleines Kaufhaus hatte. Die amerikanische Studentin Samantha Horn, Urenkelin von Sara (Maria), stattete mir noch im Juni 2009 einen Besuch ab.

Anne Frank und WILP-Söhne

Sara Horn hieß eigentlich Maria, musste sich aber im Dritten Reich durch die Namensänderungverordnung ab Januar 1939 umbenennen lassen. Der erwähnte Emsdettener Zeitungsartikel nennt zwar den 15. Dezember 1873 als Geburtsdatum, aber meine Nachfrage im Mechernicher Stadtarchiv ergab jedoch, dass der 5. Dezember 1873 beurkundet ist. Das Archiv teilte weiterhin mit, dass sie die Tochter des Lumpensammlers Heinrich Horn (31 Jahre) und der gewerbslosen Judula Eiffeler (36 Jahre) war. Eine genaue Adresse sowie Hinweise auf einen Heirats- oder Sterbeeintrag fehlen hier. Offenbar war Abraham Horn, der noch 1939 in Kommern, Kölnerstraße 125, wohnte, ein Verwandter.

Die Heimatforscherin Luzia Winter ihrerseits konnte in Emsdetten erfahren, dass die jüdische Rheinländerin in jungen Jahren nach Emsdetten kam und dort einen Tabakladen führte. Im Jahre 1898 ehelichte sie den Schneider Gerhard Wilp und bekam die Söhne Alfons, Adolf und Felix. Als Sohn von Maria (Sara) und Gerhard Wilp war auch der Sohn Alfons Halbjude und wohnte definitiv während des Krieges in Emsdetten.

Offensichtlich gelang es damals dem Bürgermeister, ihn vor der Deportation zu bewahren.

Sein 1901 geborener Bruder Adolf hatte weniger Glück. Mit seiner jüdischen Ehefrau Frieda Meyer entschied er, die gemeinsamen Kinder Hermann und Herbert zunächst nach Holland zu schicken. Es gibt Hinweise darauf, dass sich diese Wilp-Söhne mit Anne Frank in Amsterdam angefreundet haben, deren Familie sich zeitweise der elternlosen Jungen angenommen haben soll. Als Frieda und Adolf Wilp die Kinder schließlich nach Deutschland zurückholten, wurden sie bald als Volljuden klassifiziert und im Februar 1943 mit der gesamten Familie nach Auschwitz deportiert. Nur der Vater Adolf und sein Sohn Hermann überlebten, kehrten kurz zurück nach Emsdetten...

Der vollständige Online-Artikel ist unter folgendem Link abrufbar:

25.12.2010

Gesetzestreuer Euskirchener Rabbiner am 25. Dezember 1938

 

Der Glaube kann Berge versetzen! Oft wird diese Aussage als nicht ganz ernst zu nehmende Aussage abgetan. Meine Mitarbeiter Schlomo Samson und Shmuel Emanuel können sie als Wahrheit bestätigen. In ihren Bücher beschreiben sie, wie ihr jüdischer Glaube das Überleben im Holocaust möglich machte.

Orthodoxe und „gesetzestreue“ Juden sind Gläubige, die eine besondere Einstellung im Verständnis des Judentums beachten. Dieses unterscheidet sich im Allgemeinen vom konservativen und dem liberalen Judentum, dem Reformjudentum und dem Rekonstruktionismus. Im Sinne meines verstorbenen Freundes Prof. Joseph Walk  (1914-2005) kann man einen „gesetzestreuen“ Juden als einen religiösen, im Sinne von „tora-treuen“ Juden kennzeichnen. Diesbezüglich interessierte Leser meiner Homepage weise ich auf seine weiterführenden Gedanken im Zusammenhang mit dem christlich-jüdischen Verhältnis hin.

Dr. Ferdinand Bayer, Rabbiner in Euskirchen

Nach dieser theoretischen Einleitung möchte ich auf den letzten Euskirchener Rabbiner Dr. Ferdinand Bayer hinweisen, der einige Wochen nach der Reichskristallnacht und den Auflösungserscheinungen seiner Gemeinde weiterhin seine religiösen Vorschriften beachtete und deswegen – orthodoxe Leser mögen es mir verzeihen -,  „etwas belustigt“ abgetan wurde. In meinem 2009 erschienen Buch  ISIDORS BRIEFE heißt es im Brief des Protagonisten am 25. Dezember 1938:

Isidors BriefeGroße Bescherung! Fräulein Heumann war vorgestern verreist und hatte in ihrem Zimmer das Wasser laufen lassen. Der Abfluss war zugefroren, und natürlich lief das Wasser über den Fußboden. Um es zusammenzufassen: als ich nach Hause kam, half ich den Leuten, im Zimmer des Rabbiners aufzuräumen, weil bei dem da unten die Decke stückweise herun­terkam. Karl Lion war auch als Helfer in der Not erschienen. Ihm wurde ebenfalls bedeutet, dass erst um 5 Uhr 19 Minuten Schabbes aus wäre und nicht weitergear­beitet werden dürfte, ehe es dunkel wäre!! Na, wir drei, Berg, Lion und ich waren gemütlich dabei, ne Zigarette zu rauchen, da kam der Rabbi. Der war wie vom Schlage getroffen, dass wir rauchten. Es war doch erst 5.15Uhr  !!!

24.12.2010

Season's greetings und Frohe Weihnachten

test

Liebe Freunde und Leser meiner regionalhistorischen Homepage,

zum Jahresende möchte ich Ihnen/Euch allen herzlich für das Interesse an meiner Arbeit danken. Nicht nur das Regionalhistorische, sondern ganz besonders die Aufarbeitung der jüdischen Geschichte im Bereich Bonn-Köln-Aachen liegt mir seit Jahrzehnten am Herzen. Dass sich jedoch daraus eine sehr stark frequentierte „Anlaufstelle“ für christlich-jüdische und deutsch-jüdische Kontakte entwickelt hat, war anfangs nicht abzusehen. Insofern habe ich mich neulich über ein Lob gefreut, meine regionalhistorische Homepage wäre für viele im Ausland lebenden Eifeler und Voreifeler sowie besonders für jüdische Familien eine „Verbindung zur alten Heimat.“

Danken möchte ich allen, die unserer Familie Weihnachtsgrüße zukommen ließen. Meine in Australien lebende Freundin und Buchautorin Hetty Verolme schickte uns folgende Seasons greetings, und ich erlaube mir, das kleine Video auch Ihnen/Euch zukommen zu lassen.

Herzliche Grüße, happy „Season`s Greetings”, Frohe Weihnachten und a Happy NEW YEAR.

Hans-Dieter Arntz

17.12.2010

Die christliche Advents- und Weihnachtszeit war beständiger als die „Volksweihnacht“ des Nationalsozialismus!

Kirchen Artikel

Carsten und Amrei Arntz sind seit Jahren wichtige Mitarbeiter der regionalhistorischen Homepage www.hans-dieter-arntz.de und zuständig für Internet-Kontakte, Recherchen und Beiträge zum regionalen Christentum und Judentum. Beide werden zurzeit stark kontaktiert:

Der in Köln tätige Studienrat am Erzbischöflichen Berufskolleg Köln hatte neulich mit seiner NEWS vom 30.10.10 eine unerwartet dankbare Resonanz. Besonders katholische Archive und Geistliche reagierten per E-Mail auf seinen kurzen Beitrag: Diskriminierung katholischer Geistlicher durch die Nazipresse: „An ihren Taten sollt ihr sie erkennen“. Mehrere regionale Archive wollen sich künftig mit der Rehabilitierung der in ihren Gemeinden eingesetzten Priester befassen.

Die in Bad Neuenahr tätige Pädagogin Amrei Arntz steuerte vor einem Jahr zwei Online-Artikel bei, die inzwischen beide bei Google unter Advent und Weihnachten im Dritten Reich sowie Vorweihnacht im Nationalsozialismus an der Spitze stehen und besonders in der jetzigen Zeit stark beachtet werden:

Advent und Weihnachten im Nationalsozialismus (1. Teil: Festtheoretische Perspektiven im Dritten Reich)

Advent und Weihnachten im Nationalsozialismus (2. Teil: Nationalsozialistische Weihnachten: Fest- und Feiergestaltung der „Deutschen Weihnacht“)

Grundsätzlich geht es im 1. Teil um die Darstellung, wie Symbolik und Metapher sowie die Art der Feste und Feiern eine neue Sinngestaltung erhielten. Amrei Arntz zeigt auch im 2. Teil ihrer Ausführungen, wie die „Deutsche Weihnacht“ in der Zeit 1933-1944 interpretiert wurde:

…Als dann die dramatische Situation des Kriegsverlaufs auch dem letzten Volks­genossen' nicht mehr zu verheimlichen war, ließen die Nazis die Maske fallen: ,Über dem Begriff Weihnachten steht das Wort Kampf und das Wort Sieg!' hieß nun die Parole. Wieweit die Nazi-Propaganda das Weihnachtsfest wirklich um­funktionieren konnte, lässt sich heute nicht mehr richtig beurteilen…

AdventHeute wäre es interessant zu wissen, ob die Nationalsozialisten auch noch die Adventszeit umfunktioniert hätten. Auf einer „Schulungstagung des deutschen Frauenwerkes Gau Pommern“ - in Stettin am 28. November 1936 -, gab es nämlich hierzu sehr aufschlussreiche Vorträge und Diskussionen. Im Pro­tokoll wurde auf die Anweisung hingewiesen, dass Notizen über die Vorträge nicht gemacht werden durften. Wörtlich hieß es zum Thema ADVENT:

…Mit Frauen, die noch dauernd in die Kirche rennen und Bedenken haben, muß aufgeräumt werden! (...) Die Rednerin betonte dann, dass vom Gau (im Einverständnis von Frau Scholz- Klink) Unterlagen geliefert werden zu Adventsfeiern, d.h. Vorweihnachtsfeiern. Wenn einzelne sich wundern sollten, dass nicht mehr von Jesus die Rede ist, müssen sie aufgeklärt werden. Dieser und ähnliche Namen werden bei unseren Festen nicht mehr gewünscht (Dem Vortrag folgte ein lang anhaltender Beifall).

 

Kinderspielzeug

 

Auch der 2. Teil der Darstellung, wie Advent und Weihnachten im Nationalsozialismus „umfunktioniert“ wurden, soll bestätigen, dass auch sie als Bräuche und Sitten einem historischen Wandel unterliegen. Diesbezügliche Riten sind einstudierte „Angewohnheiten“, die einen Bezug zur Gemeinschaft haben: „Brauchtum ist gemeinschaftliches Handeln, durch Tradition bewahrt, von der Sitte gefordert, in Formen geprägt, mit Formen gesteigert, ein Inneres sinnbildlich auszudrücken, funktionell an Zeit oder Situation gebunden.“ Diese Ziele verfolgte der Nationalsozialismus ab 1933.

Der Beitrag von Amrei Arntz beweist, dass bereits im Jahre 1934 das „Jesuskind“ durch den neuen „Heiland Hitler“ ausgetauscht werden sollte. Ihre umfangreiche historische Darstellung ist insgesamt noch nicht abgeschlossen, so dass in den beiden Online-Artikeln bewusst auf den Ausdruck der vielen Fußnoten verzichtet wird. Außerdem entfallen zur besseren Lesbarkeit die wissenschaftstheoretischen Exkurse sowie die vorgesehene Gliederung. Folgende Links führen zu den ausführlichen Online-Artikeln über die „Deutsche Weihnacht“ und sogenannte „Volksweihnacht“, verstehen sich jedoch nur als „Vorabdruck“.

12.12.2010

„Die Mutter der Holocaust-Kinder“: Irena Sendler (1910-2008) und die geretteten Kinder aus dem Warschauer Ghetto

Weltweit wird man zurzeit an Irena Sendler erinnert, die „Mutter der Holocaust-Kinder.“ Seit wenigen Tagen gibt es nun die 18. Schule mit ihrem Namen, da auch die Euskirchener LVR-Förderschule nach ihr benannt wurde. Auf meine NEWS vom 1. und 3. Dezember 2010 sowie den diesbezüglichen Online-Artikel haben mehrere Leser der Homepage reagiert und ergänzende Texte und Fotos zur Verfügung gestellt. Gerne weise ich abschließend auf weitere Fakten hin, die die Lebensleistung von Irena Sendler (15. Februar 1919 – 12. Mai 2008) verdeutlichen. Weiterhin könnte ein Interview mit der Autorin Mieszkowska und ihrer Übersetzerin Usakowska von Interesse sein, die vor einiger Zeit mit zwei Vertretern des Ministeriums der DG (Abteilung Geschichte), Frau Gabi Borst und Herr Herbert Ruland, im deutschsprachigen Teil Belgiens Schüler des CFA-KELMIS besuchten.

Irena Sendler (* 15. Februar 1910, † 12. Mai 2008):

Sendler01Irena Sendler wurde 1910 als Tochter eines katholischen Arztes geboren. Von ihrem Vater, der überwiegend arme, jüdische Patienten behandelt, erbt sie das christliche Engagement und wird Sozialarbeiterin in Warschau.

Als die Deutschen Polen überfallen und mit der systematischen Judenvernichtung beginnen, startet sie ihre beispiellose Rettungsaktion. Sie riskiert dabei ihr Leben, denn auf Judenhilfe steht die Todesstrafe.

Die Autorin Anna Mieszkowska hat jetzt erstmals die unglaubliche Geschichte der mutigen Irena Sendler aufgeschrieben, die das Leben eines ganzen Volkes retten wollte.

Anna Mieszkowska:

 Es ging, wenn man so will, um die biologische Substanz des jüdischen Volkes. Diese Kinder sollten nach dem Krieg das Leben des vernichteten jüdischen Volkes fortsetzen. Irena Sendler war sich dessen bewusst, dass es nicht um einzelne Kinder geht, sondern um die Existenz eines Volkes. Unabhängig davon, ob wir 20 oder 200 Kinder retten. Sie hat sie auch als Keimzelle für ein neues Leben gesehen. Die Erwachsenen waren sowieso zum Tode verurteilt, aber die Kinder hatten eine Chance zu überleben.

Ab 1942 gehörte Irena Sendler der polnisch-jüdischen Organisation Zegota an. Die Hilfsorganisation Zegota war ein Zusammenschluss unter der polnischen Exilregierung von Polinnen und Polen unterschiedlicher Glaubensrichtungen und Weltanschauungen, die versuchten, ab 1942 Juden vor den deutschen Besatzern zu retten. Mit Ärzten arbeitete nun Irena Sendler in einer Abteilung zur Vermeidung von Epidemien.

Sendler02So konnte sie sich Zugang zum Warschauer Ghetto verschaffen und zusammen mit anderen Helfern insgesamt 2.500 Kinder, in nur knapp 3 Jahren, aus dem Ghetto schmuggeln. Man versteckte die Kinder in Kisten in Feuerwehrautos, Ambulanzen oder Straßenbahnen oder man ging mit ihnen zu Fuß durch Abwässerkanäle. Damit die Kinder nicht schrieen, verabreichte man ihnen Schlafmittel. Mit gefälschten Papieren bekamen sie draußen eine neue Identität und ein neues Zuhause in Waisenhäusern, Klöstern und Pflegefamilien.

1943 wurde Irena Sendler von der Gestapo verhaftet und zum Tode verurteilt. Unter Folter - man brach ihr alle Fußknochen -, sollte sie die Namen der geretteten Kinder preisgeben, doch sie verriet nichts.

Um eine spätere Zusammenführung der Kinder mit ihren Eltern zu ermöglichen, hatte Irena Sendler die Namen und Decknamen der Kinder auf kleine Papierstreifen, die sie zusammenrollte, notiert. Die Papierröllchen hob sie in einem Marmeladenglas auf, das auf ihrem Küchentisch stand. Bei ihrer Verhaftung konnte sie die Papierröllchen einer gerade anwesenden Freundin der Widerstandsgruppe zustecken. In der Achselhöhle versteckt konnte diese die „Namenslisten“ in Sicherheit bringen. Sie vergrub sie in einem Einmachglas unter einem Apfelbaum in ihrem Garten.

Die Organisation Zegota konnte Irena Sendler durch Zahlung von Bestechungsgeldern an zwei SS-Männer, die sie am Tag der Hinrichtung laufen ließen, freibekommen.

Von der offiziell vollzogenen Hinrichtung erfuhr sie später über Anzeigetafeln der Besatzer. Irena Sendler änderte daraufhin ihre Identität und lebte unter falschem Namen bis zum Ende des Krieges im Untergrund.

 

Sendler03

 

Im Jahr 1965 wurde Irena Sendler von Yad Vashem mit dem Titel Gerechte unter den Völkern geehrt. Am 10. November 2003 erhielt sie mit dem Weißen Adler für Tapferkeit und großen Mut die höchste Auszeichnung Polens. 2007 wurde sie vom Warschauer Senat geehrt und war eine von 181 Nominierten für den Friedensnobelpreis 2007. Zudem erhielt sie 2007 die internationale Auszeichnung „Kavalier des Ordens des Lächelns“.

08.12.2010

test

Der Beitrag Anmerkungen zum Kriegsende 1945 in der Eifel und Voreifel - Zum Aussagewert von „Kriegsfotos“ erschien vor wenigen Tagen im Eifeljahrbuch 2011, S. 109 – 116, und beweist die Ansicht, dass Fotos lügen können. Das gilt ganz besonders für „Kriegsfotos“.

Filme und Fotos gelten auch als wirkungsvolle propagandistische Medien. In diesem Zusammenhang ist es oft möglich, dass die Sichtweise des Fotografen und des Betrachters unterschiedlich ist. Im Krieg, wenn alles instrumentalisiert wird, bekommen Fotos eine besonders zwiespältige Macht. Aber im Laufe der letzten 65 Jahre hat die Frage nach der damaligen Aktualität nachgelassen, so dass hauptsächlich die Erinnerung an die jeweilige Situation für die Regionalhistorie dokumentarisch und historisch an Wert gewonnen hat. Die Zeitzeugen werden immer weniger, sodass ein diesbezügliches Archiv allmählich verschwindet.

testGrundsätzlich können auch die „Kriegsfotos“, die 1944/45 in der Eifel und Voreifel gemacht wurden, sachlich informieren, propagandistisch und emotional aufrütteln, historisch dokumentieren oder bewusst in die Irre führen.

Das Thema Kriegsende 1944/45 in der Eifel und Voreifel ist nur ein kleiner Aspekt im Gesamtthema „2. Weltkrieg“. Ebenso ist die Regionalhistorie nur ein Mosaiksteinchen in der Gesamtbetrachtung dieser Zeit. Schwerpunkt und Blickwinkel konzentrieren sich auf die jeweilige Region und sind in dieser Hinsicht zielgerichteter und detailbewusster. Daher kommt diesbezüglichen Fotos, Dokumenten und Berichten von Augenzeugen eine besondere Bedeutung zu –, die übrigens vom Leser individuell nachvollzogen werden kann. Somit ist auch der Aussagewert von „Kriegsfotos“ nicht zu unterschätzen. Immer wieder gelingt es der Regionalhistorie, besonders personifizierte oder kommunale Sachverhalte zu finden, die für die klassische Geschichtswissenschaft unwesentlich sind.

Der vollständige Artikel ist mit Abruf des folgenden Links lesbar:

03.12.2010

Euskirchener LVR-Förderschule nach „Mutter der Holocaust-Kinder von Warschau“ benannt

Irena SendlerDass sich das Euskirchener Lehrerkollegium und die Schulgemeinde sowie der Landschaftsverband Rheinland dafür entschieden haben, 65 Jahre nach dem Holocaust und dem Ende des 2. Weltkrieges an eine Lebensretterin jüdischer Kinder zu erinnern, ist verdienstvoll! In meinen NEWS vom 17. Mai 2010 wies ich auf dieses bemerkenswerte Ereignis bereits hin.

Am Samstag, dem 20. November 2010, wurde die LVR-Förderschule in Euskirchen-Billig offiziell nach Irena Sendler benannt. Die Tochter der Namensgeberin, Janina Zgrzembska, war persönlich aus Polen angereist, um der 17. Benennung einer Schule beizuwohnen. Die Euskirchener Lokalausgabe des Kölner Stadt-Anzeigers berichtete hierüber detailliert unter der Überschrift: Sie rettete 2500 jüdische Kinder.

Irena Sendler (1910-2008) half während der deutschen Besetzung Polens im Zweiten Weltkrieg, rund 2500 jüdische Kinder und Jugendliche aus dem Warschauer Ghetto zu retten. Diese brachte sie unter neuer Identität in polnischen Familien, Klöstern und Waisenhäusern unter.

 

Tätowierung

1943 wurde Irena Sendler von der Gestapo verhaftet und zum Tode verurteilt. Unter Folter – man brach ihr beide Beine und Füße – sollte sie die Namen der geretteten Kinder preisgeben, doch sie verriet nichts. Um eine spätere Zusammenführung der Kinder mit ihren Eltern zu ermöglichen, hatte Irena Sendler verschlüsselte Namenslisten geführt und in Einmachgläsern unter einem Apfelbaum in einem Garten versteckt. Żegota konnte Irena Sendler durch Zahlung von Bestechungsgeldern freibekommen. Ein SS-Mann schlug sie auf dem Weg zu ihrer Hinrichtung nieder und ließ sie am Straßenrand liegen. Von der offiziell vollzogenen Hinrichtung erfuhr sie später über Anzeigetafeln der Besatzer. Irena Sendler änderte daraufhin ihre Identität und lebte unter falschem Namen bis zum Ende des Krieges im Untergrund.

Im Jahr 1965 wurde Irena Sendler von Yad Vashem mit dem Titel Gerechte unter den Völkern geehrt. Am 10. November 2003 erhielt sie mit dem Weißen Adler für Tapferkeit und großen Mut die höchste Auszeichnung Polens. 2007 wurde sie vom Warschauer Senat geehrt und war eine von 181 Nominierten für den Friedensnobelpreis 2007. 2009 entstand der US-amerikanische Fernsehfilm The Courageous Heart of Irena Sendler, in dem die Schauspielerin Anna Paquin die Titelrolle übernahm.

01.12.2010

In memoriam Irena Sendler: The prize doesn't always go to the most deserving

am flag br flag (English Version)

Irena Sendler

 

There recently was a death of a 98 year-old lady named Irena Sendler (12 May 2008).
During World War II, Irena got permission to work in the Warsaw ghetto, as a Plumbing/Sewer specialist.
She had an 'ulterior motive'.
She KNEW what the Nazi's plans were for the Jews (being German).
Irena smuggled infants out in the bottom of the tool box she carried and she carried in the back of her truck a burlap sack, (for larger kids).
She also had a dog in the back that she trained to bark when the Nazi soldiers let her in and out of the ghetto.
The soldiers of course wanted nothing to do with the dog and the barking covered the kids/infants noises.
During her time of doing this, she managed to smuggle out and save 2500 kids/infants.
She was caught, and the Nazi's broke both her legs, arms and beat her severely. 
 
Irena kept a record of the names of all the kids she smuggled out and kept them in a glass jar, buried under a tree in her back yard.
After the war, she tried to locate any parents that may have survived it and reunited the family.
Most had been gassed. Those kids she helped got placed into foster family homes or adopted.


Last year Irena was up for the Nobel Peace Prize. 
She was not selected. 
Al Gore won --- for a slide show on Global Warming.


Please read the little cartoon carefully, it's powerful.
Then read the comments at the end.

 

Cartoon



It is now more than 60 years after the Second World War in Europe ended.
This e-mail is being sent as a memorial chain, in memory of the 20 million Russians, 10 million Christians, six million Jews, and 1,900 Catholic priests who were murdered, massacred, raped, burned, starved and humiliated!
Now, more than ever, with Iraq, Iran, and others, claiming the HOLOCAUST to be 'a myth'.
It's imperative to make sure the world never forgets, because there are others who would like to do it again.
28.11.2010

Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens arbeitet die Grenzgeschichte des Holocaust und des Nationalsozialismus auf

Charles Dekeyser

Am 2. Dezember2010, um 19 Uhr, zeigt die Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens den Dokumentarfilm von Dr. Herbert Ruland: Charles Dekeyser „Ich hab Glück gehabt, wie man es kaum beschreiben kann". - Ein flämischer Zivilarbeiter übersteht Gestapo- und KZ Haft. Die zu empfehlende Filmvorführung findet im ASBL Atelier Marcel Hastir statt, Rue du Commerce 51, 1000 Brüssel. Der Veranstaltungsort erinnert an Marcel Hastir, der zwei der drei mutigen Männer unterstützte, die am 19. April 1943 den 20. Deportationszug nach Auschwitz überfielen. Das Centre Communautaire Laïc Juif (CCLJ) hat dem heute 104-jährigen Marcel Hastir den Ehrenpreis „Mensch des Jahres 2007“ verliehen.

In meinem Buch Judenverfolgung und Fluchthilfe, befasste ich mich selber mit dem deutsch-belgischen Grenzgebiet (1933-1945) und weiß somit, wie mühevoll und wertvoll die Arbeit von „GrenzGeschichteDG“, dem Zentrum für Erinnerungsarbeit und Holocaust-Education in der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, ist. Die Institution vermittelt unter anderem Zeitzeugen an Schulen, die über ihre persönlichen Erlebnisse mit den Nationalsozialisten in der Vorkriegs- und Besatzungszeit berichten. Da aber kein Mensch ewig lebt, dieses Wissen aber der Nachwelt und damit auch den Schulen überliefert werden soll, produziert „GrenzGeschichteDG“ lebensgeschichtliche Interviews und teilweise auch aufwändiger gemachte Dokumentarfilme mit ZeitzeugInnen.Flossenbürg

Zu diesen Menschen, die hier berichten, gehört auch Charles Dekeyser, der heute in Welkenraedt bei Eupen wohnt und zu den wenigen Überlebenden gehört, die noch fähig sind, sich als ehemalige Inhaftierte der beiden Konzentrationslager Oranienburg-Sachsenhausen und Flossenbürg gegen das Vergessen einzusetzen. An diesen Orten des Grauens erlebte er im April diesen Jahres anlässlich der Feierlichkeiten des 65. Jahrestages der Befreiung der Lager zutiefst gerührt und im Beisein zahlreicher interessierter und bewegter Zuschauern die Uraufführungen des Films, der seinen Leidensweg aufzeichnet.

Mehr Informationen zu Charles Dekeyser und zum „Zentrum GrenzGeschichteDG“ findet man unter http://www.grenzgeschichte.eu/zeitzeugen/dekeyser.html

25.11.2010

Literatur zum Judentum und Holocaust in Euskirchen und der Voreifel

Als Holocaust („Brand“) oder Schoah („Unheil“) wird die Ermordung von etwa 6 Millionen Menschen bezeichnet, die das nationalsozialistische Regime als Juden definierte. Dieser Völkermord zielte auf die vollständige Vernichtung der europäischen Juden. Er wurde mit dem staatlich propagierten Antisemitismus begründet und im Zweiten Weltkrieg seit 1941 systematisch, ab 1942 auch mit industriellen Methoden durchgeführt.

Heute erinnern zahlreiche Mahnmale und Museen in der ganzen Welt an den Holocaust (siehe Liste der Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus). Zudem leisten Initiativen und Organisationen auf unterschiedlichsten Ebenen und mit den unterschiedlichsten Mitteln ihren Beitrag zur Erinnerung und Aufarbeitung des Holocaust. Auch in der Kreisstadt Euskirchen erinnert ein Mahnmal an die Judenverfolgung und die Vernichtung der ehemals hier beheimateten jüdischen Mitbürger. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass es Zeiten gab, als derartige Gedenkstätten nicht unumstritten waren. Wichtig ist auch die regionalhistorische Literatur zum Judentum und Holocaust. Diesbezügliche Dokumentationen für Euskirchen und die Voreifel sind auf dieser regionalhistorischen Homepage sowie folgende Bücher:

 

Bücher über das Judentum in der Region (vgl. auch: HIER)

Judentum Bücher

ISIDORS BRIEFE – Über die Korrespondenz eines Juden aus Euskirchen

„REICHSKRISTALLNACHT“ – Der Novemberpogrom 1938 auf dem Lande – Gerichtsakten und Zeugenaussagen am Beispiel der Eifel und Voreifel (Rezension des Dokumentationsbandes durch Thomas Kremer, HaGalil. com, 2008)

Rezension des Buches „REICHSKRISTALLNACHT“ – Der Novemberpogrom 1938 auf dem Lande durch die Fachzeitschrift TRIBÜNE: „Kenntnisreich und spannend“

Hinweis auf einige Rezensionen des Buches „REICHSKRISTALLNACHT“: Der Novemberpogrom 1938 auf dem Lande

Judenverfolgung und Fluchthilfe im deutsch-belgischen Grenzgebiet (Vorstellung des gleichnamigen Buches von Hans-Dieter Arntz in der deutschen, belgischen und israelischen Presse)

Judenverfolgung und Fluchthilfe im deutsch-belgischen Grenzgebiet (Inhaltsverzeichnis des gleichnamigen Dokumentationsbandes mit detaillierter Auflistung der geschilderten Sachverhalte bezüglich der Eifel und Voreifel)

Kontakte durch Regionalhistorie: Judenverfolgung und Fluchthilfe – Das Haus an der deutsch-belgischen Grenze

JUDAICA – Juden in der Voreifel (Besprechung und Rezension des Buches, 1983)

Jüdische Erinnerung an die Heimat (aus "Letters from Rungholt")

 

23.11.2010

Archivunterlagen von Dr. Moritz (Moshe) Wallach – Auf den genealogischen Spuren einer prominenten jüdischen Familie aus Euskirchen/Köln

Wallach

In Israel erinnert man sich ebenfalls der Menschen, die in verschiedener Form am Aufbau ihres Staates beteiligt waren. Zu ihnen gehören auch Juden, die aus dem Bereich Euskirchen stammen oder zumindest hier ihre Wurzeln hatten. Weltberühmt wurde zum Beispiel der jüdische Botaniker Prof. Michael Evenari (1904 –1989).

Groß ist seit dem 14. Februar 2008 die Google-Resonanz auf meinen Online-Artikel, der sich mit einem Angehörigen der aus Euskirchener stammenden Familie Wallach befasst: Ein jüdischer Arzt als Pionier in Erez Israel – Dr. Moshe Wallach aus Köln gründet das Shaare Zedek Hospital in Jerusalem. Er befasst sich mit dem Gründer des Sha'are Zedek Hospitals, eines der bekanntesten Krankenhäuser des Nahen Ostens, und dem Ehrenbürger von Jerusalem („Yakir Yerushalayim"). Auch die „Dr.-M.Wallach-Allee“ erinnert heute an diese herausragende Persönlichkeit des deutschen Judentums und den medizinischen Pionier des damaligen Palästina und heutigen Staates Israel.

 

Wallach Family

 

Dass ich an wichtige Teile des Archivs von Moritz Wallach (1866–1957) kommen konnte, verdanke ich seinem Neffen Dr. Josef Wallach (geb. 1938), der sich vor einigen Tagen mit mir in Kontakt setzte. Sein Großvater, Ludwig Wallach, war der Bruder des berühmten Moritz. Das Privatarchiv der Familien ist sehr groß und sollte demnächst einmal wissenschaftlich aufgearbeitet werden. Es enthält u.a. ein Schreiben aus der Napoleonischen Zeit von Simon Wallach an seinen Vater Moißes Wallach, das Aufschluss über die Situation der Euskirchener Juden geben kann. Aus derselben Familie stammt Joseph Wallach (* 1838 Euskirchen, † 1921 Köln), der Vater von Moritz. Ein wichtiges Familienfoto aus dem Jahre 1904 zeigt die Angehörigen, als sie schon in Köln lebten. In der Mitte ist der weißbärtige Vater Joseph Wallach (1838 -1921) zu sehen, der in seiner ursprünglichen Heimat Inhaber der Firma der Tuchfabrik Wallach & Marx war. 1863 heiratete er Marianne Levy aus Münstereifel (vorne), mit der er von Euskirchen nach Köln umgezog. Er zählte zu den Mitbegründern der Kölner Austrittsgemeinde Adass Jeschurun, die als sehr orthodox galt und deren Präsident er später wurde. Rechts neben ihm steht Dr. Moritz (Moshe) Wallach, der sich noch am Anfang seiner Karriere befindet.

Der heute 72jährige Dr. Josef Wallach, der mich bei meinen regionalhistorischen Forschungen unterstützt, würde sich seinerseits über Dokumente und Fotos freuen, die sein großes Archiv vervollständigen könnten. Sie könnten tatsächlich für eine wichtige Dokumentation wichtig werden. Seine Anschrift lautet: Dr. Josef Wallach, P.O.Box 1414, Rehovot 76113, Israel, Tel 1: 972-8-9461010, Tel 2: 972-8-9494207, Fax : 972-8-9464946, Email: jsfwallach@yahoo.com

Seiner Official Website  kann man entnehmen, dass der an der Hebrew University und am Weizmann Institut promovierte Chemiker inzwischen ein sehr bekannter Philatelist geworden ist, dessen Bücher zur Fachliteratur gehören. Hierzu gehört zum Beispiel das Werk: „ISRAEL – ARAB CONFLICT: Undercover/Forwarding Mail after the 1947 War between Israel and Arab States“. Beachtung findet zurzeit seine große Ausstellung "UNDERCOVER OR FORWARDING, CLANDESTINE MAIL ROUTES between the Population of the 1967 Occupied Territories and Arab States ". Die Präsentation ist historisch und politisch von Bedeutung, weil es in dem genannten Zeitraum und während des beiderseitigen Boykotts keine direkte Postverbindung mehr gab. In der Einladung zu der bemerkenswerten Veranstaltung heißt es am Schluss: „See you at the JERUSALEM Nov.21st Exhibition: www.josefwallach.com

 
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19.11.2010

Begegnung mit Schlomo Samson, einem bekannten Überlebenden von Bergen-Belsen

Arntz & Samson

Wenn man dieser dynamischen Persönlichkeit gegenübersitzt, dann vergisst man die Biographie dieses geistig ungemein regen Zeitzeugen, Schriftstellers und israelischen Kibbutznik. Immerhin wird er im kommenden Dezember 87 Jahre alt. Vor einem Vortrag über den Holocaust trafen wir uns Anfang November in Frankfurt und konnten in mehreren Stunden über mein bald abgeschlossenes Manuskript Der letzte Judenälteste von Bergen-Belsen diskutieren.

Schlomo Samson gehört zu den wenigen Menschen, die das Inferno von Bergen-Belsen überlebten und noch in der Lage waren – und es heute noch sind -, darüber detailliert und wertfrei zu berichten. Sein umfangreiches Buch „Zwischen Finsternis und Licht“ erschien 1995 im Verlag Rubin Mass, Jerusalem, und ist die deutsche Übersetzung seiner hebräischen Publikation. Etwa 520 Seiten – einschließlich wichtiger Dokumente – dokumentieren einen Lebenslauf, der in wichtigen Phasen dem von Josef Weiss ähnelt, dem letzten „Judenältesten des Sternlagers von Bergen-Belsen“. Schlomo Samson kannte ihn sehr gut, so dass er mir als ein wichtiger Zeitzeuge für dessen Biographie helfen kann.

1923 wurde er in Leipzig geboren. 1938 wurde die hier lebende Familie Samson auseinandergerissen. Der Vater, im Januar 1938 verhaftet und dann aus Deutschland ausgewiesen, fand Zuflucht in den Niederlanden, wo einer seiner Brüder lebte. Auch der fünfzehnjährige Manfred (Schlomo) wurde ausgewiesen und begab sich Ende November 1938 ebenfalls in die Niederlande. Im Juli 1939 flüchteten die Mutter und der jüngere Bruder zunächst nach Belgien, von dort nach Holland. Als junger Zionist verbrachte die Jahre 1939 bis 1942 auf zwei „Schulfarmen" in Gouda und Elden, wo junge jüdische Hachschara-Pioniere in der Landwirtschaft ausgebildet wurden. Mit den Mitgliedern der Eldener Gruppe gelangte er am 11. Januar 1944 in das „Austauschlager" Bergen-Belsen, in dem mehrere tausend Juden – u. a. diejenigen, die für einen Palästina-Austausch vorgesehenen waren, – konzentriert wurden. Auch der in Flamersheim geborene Josef Weiss, seine Frau Erna geb. Falk und der jüngste Sohn Klaus-Albert (Aharon) gehörten zu denjenigen, die „ausgetauscht“ werden sollten.

Während des Massensterbens in Bergen-Belsen seit Anfang 1945 erkrankte auch Schlomo an Flecktyphus. Trotz hohen Fiebers nahm er an dem Evakuierungstransport teil, der am 10. April gefüllt und am 11. April 1945 frühmorgens das Lager Bergen-Belsen verließ und nach langer Irrfahrt durch das im Chaos versinkende Deutschland am 23. April bei dem Dorf Tröbitz in der Niederlausitz von russischen Soldaten befreit wurde. Doch die Befreiung bedeutete nicht das Ende der Leiden.

Detailliert berichtet Samson über die weiteren Stationen seiner Odyssee: nach mehrwöchigem Aufenthalt in Tröbitz Rückkehr nach Holland, dann Übersiedlung nach Frankreich zur Vorbereitung der illegalen Einwanderung nach Palästina, schließlich Einschiffung auf einem illegalen Schiff, das von den Eng­ländern aufgebracht wurde, Einlieferung in das Internierungslager Atlit bei Haifa. Am 2. April 1946 konnte Schlomo Samson sich in den religiösen Kibbutz Schluchoth begeben und ein neues Leben in Erez Israel beginnen. Mit dieser Ankunft endet Samsons Darstellung – der faszinierende au­tobiographische Bericht eines deutschen Juden, der den Holocaust überlebte.

Spätestens seit Bergen-Belsen ist Schlomo Samson ein zuverlässiger Zeuge für die hilfreiche Aktivität von Josef Weiss, dem letzten „Judenältesten“ von Bergen-Belsen. Nach der gemeinsamen Rettung aus dem berüchtigten 3. Zug in Tröbitz (23. April 1945) konnte die Bekanntschaft aufrecht erhalten und in Jerusalem fortgesetzt werden.

Folgender Link führt zu einem ausführlichen über den bedeutenden Zeitzeugen Schlomo Samson:

16.11.2010

Zeichen gegen das Vergessen: Kall, Mechernich, Weilerswist und Hellenthal

Die immer weniger werdenden Gedenkfeiern im Kreise Euskirchen zur Erinnerung an den Novemberpogrom 1938 standen unter dem Gedanken: „ Wachsam gegenüber der Gewalt bleiben!“ Wie bereits in meinen NEWS vom 6. November 2010 erwähnt, unterblieben auch in diesem Jahr offizielle Veranstaltungen des Erinnerns und der Warnung in der Kreisstadt Euskirchen. Stadtarchiv, die Städtische Bücherei, die Kirchen oder der 700 Mitglieder starke Geschichtsverein des Kreises sehen schon seit Jahren von Veranstaltungen zur Erinnerung an den Novemberpogrom 1938 ab. Bereits vor zwei Jahren war es peinlich, dass selbst zum 70. Jahrestag der „Reichskristallnacht“ nur der Weiss-Verlag und der „Wochenspiegel“ eine stark besuchte Veranstaltung initiierten, an der damals etwa 120 Zuhörer anwesend waren.

 

Vortrag

Kall

Umso beeindruckender waren die Aktivitäten in den kleinen Gemeinden der Eifel und Voreifel. Die aus Israel angereiste Mirjam Bruderman, deren Vater, Moses Fernbach, zur damaligen Zeit in Kall die jüdische Schule in der Gemünderstraße leitete, erlebte gemeinsam mit ihrer älteren Schwester Susi die Ausschreitungen. Die beiden Mädchen waren allein im Hause und mussten um ihr Leben fürchten. Die benachbarte Synagoge wurde von einheimischen Nazis angesteckt. Über ihre Erlebnisse, die bereits in dem Buch „REICHSKRISTALLNACHT“ dargestellt wurden, sprach Mirjam Bruderman geb. Fernbach vor Angehörigen der christlichen Kirchen und Schülern der benachbarten Schulen. Trotz des schlechten Wetters nahmen etwa 70 Bürger am diesjährigen „Weg der Erinnerung" aus Anlass des Jahrestages der Reichspogromnacht teil. Erklärungen wurden an den jeweiligen „Stationen“ gegeben, die mit der Geschichte des Judentums in Kall unmittelbar zu tun hatten.

 

Kaller Gedenkstein

Mechernich

Einen Tag vor dem Jahrestag der Pogromnacht fand in Mechernich ein Gedenkgang für die Opfer der Verfolgung und Gewaltherrschaft statt. Schon in meinen NEWS vom 28. November 2009 hatte man sich dieser „erweiterten Thematik“ angenommen. In diesem Jahr waren die Haupt- und Realschule, das Gymnasium am Turmhof sowie die evangelische und katholische Pfarrgemeinde die engagierten Veranstalter.

Der Gedenkgang begann am Dienstag, dem 9. November, am jüdischen Friedhof im Steinrausch. Die Gräber beweisen, dass es in Mechernich eine große Gemeinde gab, die sich nach der „Reichskristallnacht“ schnell auflöste. Die damaligen Ereignisse in Mechernich blieben unvergesssen. Die zweite „Station“ des Gedenkganges befand sich im Gymnasium am Turmhof. Das Programm teilte mit, dass hier die Schüler berichten wollten, wie die Nazis im Erziehungs- und Schulbereich Rassenwahn, Gewalt und Unmenschlichkeit propagierten. Letzte Station war die Andreas-Girkens-Straße, deren Benennung der Autor dieser Homepage initiiert hatte. Der Widerstand des Mechernicher Bäckers wurde in dem Dokumentationsband Judenverfolgung und Fluchthilfe im deutsch-belgischen Grenzgebiet auf den Seiten 454-459 beschrieben.

 

Friedhof Mechernich

Weilerswist

Um am 72. Jahrestag der Reichspogromnacht an die Verfolgung durch den Faschismus in Weilerswist zu erinnern, hatten die Gemeinde, die christlichen Kirchen und die Gesamtschule zu einem „Gang des Gedenkens“ eingeladen. Er begann am Rathaus und endete im Forum der Schule. Die Euskirchener Lokalausgabe des Kölner Stadt-Anzeigers vom 16. November 2010 berichte hierüber unter der Überschrift: Zeichen gegen das Vergessen.

Über 100 Teilnehmer hatten sich an der Gedenkstele vor dem Rathaus versammelt, wo Schüler die Namen der Holocaust-Opfer aus der Gemeinde Weilerswist verlasen. Im Forum der Gesamtschule präsentierten die Schüler anschließend ihr Bühnenprogramm „Erinnern – eine Brücke in die Zukunft“. Nicht nur „die Theatervorführungen und musikalische Darbietungen spannten einen Bogen von den historischen Ereignissen der NS-Zeit zur Gegenwart. (...) Ein Musikstück nahm Bezug auf das El-DE-Haus in Köln, in dem früher die Gestapo-Zentrale untergebracht war. Der Liedtext stammte aus einem auf die Zellenwand geschriebenen Abschiedsbrief eines jüdischen Mädchens an seine Mutter.“

 

Zeichen gegen das Vergessen

Hellenthal

Die Antifa Euskirchen/Eifel zeigte ihr Engagement in Form von inoffiziellen, internen Trauerkundgebungen in Euskirchen und Hellenthal (Blumenthal). Auf ihrer Homepage zeigt sie in Wort und Ton ihre diesbezüglichen Aktivitäten. Grundsätzlich ist ein Blick auf Website sehr lesenswert.

 


12.11.2010

Erinnerung an die „Reichskristallnacht“ in Kall: Kaddisch aus dem Munde jüdischer Zeitzeugen

testDas Kaddischgebet, das am 7. November 2010 von den jüdischen Zeitzeugen Bruderman-Fernbach in Kall gesprochen wurde, machte den vielen Anwesenden klar, wie schmerzlich der Verlust der einstigen jüdischen Gemeinde ist. Im Namen des „Netzwerks Kirche im Nationalpark“ hatte es eine Einladung an die Bürger gegeben, am diesjährigen „Weg der Erinnerung" aus Anlass des Jahrestages der Reichspogromnacht teilzunehmen. Mirjam Bruderman geb. Fernbach, deren Vater jüdischer Religionslehrer in der Region war, und ihr Ehemann, der bekannte israelische Chirurg Prof. Israel Bruderman, waren auch deswegen angereist, um an der Gedenkfeier teilzunehmen und das Kaddischgebet zu sprechen. So wollte das Ehepaar der jüdischen Mitbürger von Kall gedenken.

Chajm Guski ist Initiator von Etz Ami sowie Herausgeber und Webmaster von talmud.de. Seiner Meinung nach ist das Kaddisch-Gebet wahrscheinlich eines der bekanntesten jüdischen Gebete überhaupt. Auch Nicht-Juden wissen um das „Totengebet“, „was es aber nur indirekt ist. In Wirklichkeit ist es die Heiligung des g'ttlichen Namens, und wir sagen es stellvertretend für unsere Verstorbenen, um uns an sie zu erinnern“.

Chajm Guski nennt den ursprünglich aramäischen Text und gibt uns eine Übersetzung:

 

testJitgadal vejitkadasch sch`mei rabah.(Gemeinde:Amen) B´allma di v`ra chir`usei v`jamlich malchusei,b`chjeichon, uv`jomeichon, uv`chjei dechol beit Jisroel ,ba`agal u`vizman kariv,v`imru : Amein. (Gemeinde:Amein. Je`hei sch`mei raba m`vorach l`allam u`l`allmei allmaja) J`hei sch`mei raba m`vorach,l`allam,u`l`allmei allmaja. Jitbarach ,ve jischtabach ve jispaar ,ve jisromam,ve jisnasei,ve jishadar,ve jishadar,ve jisaleih,ve jishalal schemeih d`kudschah b`rich hu(Gem.:B`rich hu) Le eihlah min kol Bir`chasah ve schiratah tuschbechatah ve nechematah,de ami`ran Be`allmaja,v`imru:Amein (Gem.: Amein) Je heih schlahmah rabbah min schmajah,ve chjim aleinu ve al kol jisroel v`imru:Amein (Gem.: Amein) [Der Betende macht drei Schritte zurück,beugt sich nach links und sagt Oseh,beugt sich nach rechts und sagt `hu b`rachamah ja`aseh;und beugt sich nach vorn und sagt Ve al kol jisroel v`imru : Amein. Oseh schalom bim`ro`mav, hu b`rachamah ja`aseh schalom aleinu, ve al kol jisroel v`imru : Amein (Gem.: Amein)

Deutsch:

Erhoben und geheiligt werde sein großer Name auf der Welt, die nach seinem Willen von Ihm erschaffen wurde - sein Reich soll in eurem Leben in den eurigen Tagen und im Leben des ganzen Hauses Israel schnell und in nächster Zeit erstehen. Und wir sprechen: Amein! Sein großer Name sei gepriesen in Ewigkeit und Ewigkeit der Ewigkeiten. Gepriesen sei und gerühmt, verherrlicht, erhoben, erhöht, gefeiert, hocherhoben und gepriesen sei Name des Heiligen, gelobt sei er, hoch über jedem Lob und Gesang, Verherrlichung und Trostverheißung, die je in der Welt gesprochen wurde, sprechet Amein! Fülle des Friedens und Leben möge vom Himmel herab uns und ganz Israel zuteil werden, sprechet Amein. Der Frieden stiftet in seinen Himmelshöhen, stifte Frieden unter uns und ganz Israel, sprechet Amein.

09.11.2010

Zum Tod einer Zeitzeugin: In memoriam Schwester Alfonsa

testWer die Provinzoberin und Provinzrätin Schwester Alfonsa einmal kennen gelernt hat, wird die geistvolle Vinzentinerin nicht vergessen können. Sie verstarb in der Nacht zum 11. Oktober 2010 und hinterlässt in dem Tagungshaus „Luise von Marillac“ eine nicht mehr zu schließende Lücke. Mit ihr endet die Ära der seit 1885 in Kommern (Mechernich) wirkenden Ordensfrauen. Es wird in absehbarer Zeit geschlossen.

Am 21. Januar 1924 wurde Magdalena Richartz geboren. Sie war Schülerin des Oberlyzeums in Euskirchen – heute Gymnasium Marienschule -, wirkte seit dem 8. November 1945 als „Tochter der christlichen Liebe“ (Vinzentinerin) und kam vor 27 Jahren wieder nach Kommern, nachdem sie 33 Jahre lang in einem Altersheim von Köln tätig gewesen war. Als Zeitzeugin der Hitlerzeit und der Judenverfolgung stand sie der Regionalhistorie stets zur Verfügung. Eindrucksvoll schilderte sie im November 2008 – anlässlich einer Veranstaltung zum 70. Jahrestag der „Reichskristallnacht“ -, wie es ihr gelang, im damaligen Kloster von Kommern zwei jüdische Mädchen zu verbergen, die schließlich auch den Holocaust überstanden und später in die USA auswandern konnten. Im Online-Artikel Euskirchener Veranstaltung zum 70. Jahrestag der „Reichskristallnacht“ (Bericht und Bilderserie) auf dieser Homepage ist sie auf mehreren Fotos zu sehen.

 

WDR Fernsehen 02

 

Regionalhistorisch trat sie noch einmal im November 2008 in Erscheinung, als wir gemeinsam in einem WDR-Film über die Reichskristallnacht in Kommern berichteten. Ein kleiner Artikel befindet sich in meinen NEWS vom 5. November 2008.

Sr. Hildegard Köhler, Provinzoberin Köln, betont in ihrem Nachruf die christliche Haltung von Magdalena Richartz:

Ein großes Anliegen war ihr stets, den vinzentinischen Geist in Wort und Schrift bekannt zu machen, zu vermitteln und vertiefen. Es lag ihr sehr am Herzen, die Barmherzigen Schwestern der Förderation in der großen vinzentinischen Familie zu beheimaten, was ihr durch die Affiliierung auch gelungen ist.


06.11.2010

Im Gedenken an die Opfer der Nazizeit: Mechernich und Kall

Zu den wenigen, leider immer weniger werdenden Veranstaltungen zur Erinnerung an die Reichskristallnacht in unserer Region und an die Opfer des Nazi-Faschismus gehören Aktivitäten in Mechernich und Kall. Besonders die Stadt Mechernich trägt systematisch zum Gedenken des Novemberpogroms bei und kann sich des Engagements eines interessierten Bürgermeisters sicher sein. Dies scheint wohl in der Kreisstadt Euskirchen nicht der Fall zu sein: Stadtarchiv, die Städtische Bücherei, die Kirchen oder der 700 Mitglieder starke Geschichtsverein des Kreises sehen schon seit Jahren von Veranstaltungen zur Erinnerung an den Novemberpogrom 1938 ab. Bereits vor zwei Jahren war es peinlich, dass selbst zum 70. Jahrestag der „Reichskristallnacht“ nur der Weiss-Verlag und der „Wochenspiegel“ eine stark besuchte Veranstaltung initiierten, an der etwa 120 Zuhörer anwesend waren.

Jedoch wird an die Reichskristallnacht in Mechernich erneut erinnert. Der Kölner Stadt-Anzeiger vom 1./2. November 2010 weist auf einen „Gedenkgang für die Opfer am 9. November“ hin (eigentlich 10. November 1938):

 

Jüdischer Friedhof

Am Jahrestag der Pogromnacht findet in Mecher­nich einen Gedenkgang für die Opfer von Verfolgung und Ge­waltherrschaft statt. Veranstalter sind die Haupt- und Realschule, das Gymnasium am Turmhof so­wie die evangelische und katholi­sche Pfarrgemeinde.

Der Gedenkgang beginnt am Dienstag, 9. November, um 16.30 Uhr am jüdischen Friedhof im Steinrausch. Die Gräber auf dem Friedhof künden davon, dass es im Ort früher eine leben­dige jüdische Gemeinde gab.

Die zweite Station des Ge­denkganges befindet sich im Gymnasium am Turmhof. Schü­ler werden beleuchten, wie die Nationalsozialisten in der Erzie­hung Rassenwahn, Gewalt und Unmenschlichkeit propagiert ha­ben. Letzte Station ist die Andreas-Girkens-Straße. Sie ist nach einem Mann benannt, der nicht bereit war, die Verbrechen der Nazis hinzunehmen.

Auch die Erinnerung an den Novemberpogrom in Kall beweist historisches und moralisches Engagement. Der engagierte Pastoralreferent Georg Toporowsky - zuständig für die Seelsorge in Nationalpark Eifel und Vogelsang - lädt im Namen des Netzwerks Kirche im Nationalpark Miriam Brudermann geb. Fernbachzum diesjährigen „Weg der Erinnerung" aus Anlass des Jahrestages der Reichspogromnacht ein. Dieser findet statt am Sonntag, dem 7. November ab 16.00 Uhr und beginnt am Rathaus in Kall, wo u.a. Bürgermeister Radermacher ein Grußwort sprechen wird. Der Weg durch Kall erinnert in besonderer Weise an die Familien Perlstein und Fernbach, an die ehemalige jüdische Synagoge und an den jüdischen Friedhof. Zu Letzterem und zum Thema allgemein hat das Berufskolleg Eifel eine Ausstellung erarbeitet, die im Anschluss an die Abschlussandacht in der evangelischen Kirche zu sehen sein wird.

Miriam Brudermann geb. Fernbach, die die Zerstörungen am 10. November 1938 selbst erlebt hat, wird persönlich anwesend sein. Sie möchte einige Tage darauf mit Schülern der Schulen von Kall ins Gespräch kommen und von ihren damaligen Erlebnissen berichten. Ihr Vater war damals jüdischer Lehrer und der letzte Vorsteher der Synagogengemeinde Schleiden. Eine Gedenktafel erinnert seit zwei Jahren an ihn.

 

Moses Fernbach

03.11.2010

Marie-Christine MetternichEine Chewra Kadischa ist ein fester Bestandteil jeder jüdischen Gemeinde. Gemeint sind Vereine und auch Institutionen der Wohlfahrtspflege, die sich um die Sterbenden bzw. Toten kümmern. Hierfür gibt es spezielle Männervereine für jüdische Männer und Frauenvereine für die weiblichen Gemeindemitglieder. Sie betrachten es als ihre heilige Pflicht, dem Sterbenden in seiner letzten Augenblicken beizustehen und die einfachen, aber in ihrer Schlicht­heit bedeutsamen feierlichen Handlungen zu vollziehen, die sich aus frühester Zeit durch die Jahrhunderte bis heute erhalten haben. Diese Männer und Frauen bereiten den Hingeschiedenen für seinen letzten Gang vor, so dass sich die Familie nicht darum kümmern, noch darum sorgen muss. Das ist das Werk dieser frommen Vereine, die seit je dafür zuständig sind und denn auch den wohlverdienten Namen Chewra Kadischa führen, übersetzt ungefähr die »Heilige Vereinigung«, offizieller jedoch als »Beerdigungsbruderschaft«. In der Geschichte und in der Gemeinde sind sie im Allgemeinen unter dem Namen Gemilut Chessed, Gemilut Chassadim oder Gemilut Chessed ve-Emet eingetragen.

RemagenDie in Oberwinter lebende 19jährigen Marie-Christine Metternich, Abiturientin am Nicolaus-Cusanus-Gymnasium in Bonn-Bad Godesberg - mit dem Studienwunsch: Archäologie im Bereich des Denkmalschutzes – verfasste im Frühjahr 2010 eine englische Facharbeit - im Fach Geschichte bilingual - mit der Überschrift „The Chevra Kadischa of Remagen“. Wie fast überall, wo Juden wohnten und noch wohnen, gab es auch in Remagen eine „Chewra Kadischa“. Hier sind Juden seit dem 14. Jahrhundert bekannt, und ihre Geschichte ist über viele Jahrhunderte gekennzeichnet von Unterdrückung und sozialer Benachteiligung, besonders der Zugang zu den Handwerksberufen wurde ihnen lange Zeit verwehrt.

Die Ursprünge der Remagener Chewra liegen im Dunkeln. Am besten dokumentiert ist die Zeit der späten 70er Jahre des 19. Jahrhunderts bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. Am 6. Juni 1887 meldete die jüdische Zeitschrift Der Israelit das 50jährige Jubiläum des „hiesigen israelitischen Wohlfahrtsvereins“ und erwähnte Erfolge bei der Hebung des Bildungsniveaus und der sozialen Verhältnisse der Juden. Die Remagener Chewra war der erste jüdische Verein der Region, der sich auch um die Ausbildung jüdischer Kinder zu Handwerkern bemühte. Zum Jubiläum fanden ein Festgottesdienst und eine Generalversammlung in der Remagener Synagoge statt, bei der man in Anwesenheit von Rabbiner Dr. Wedell aus Düsseldorf der toten Mitglieder gedachte.

Der ausführliche Artikel zu diesem Thema ist unter folgendem Link abrufbar:

30.10.2010

Diskriminierung katholischer Geistlicher durch die Nazipresse: „An ihren Taten sollt ihr sie erkennen“

test

Auch für die Regionalhistorie gibt es noch viele Themen aus der nationalsozialistischen Zeit, die bearbeitet werden müssten. Hierzu gehört zweifellos die Verunglimpfung und Verfolgung katholischer Geistlicher und, was noch wichtiger ist: ihre Rehabilitierung. Unzählige Artikel in der NS-Presse berichteten von Prozessen, die einer heutigen Rechtssprechung nicht standhalten würden. Daher ergibt sich die Frage, ob und welche regionalhistorische Forschungen den einstigen juristischen Sachverhalt einmal untersucht haben. Eigentlich müssten sogar viele Urteile revidiert werden!

In einem Teil des Rheinlandes waren es weniger der Westdeutsche Beobachter und auch nicht Der Stürmer – der ja grundsätzlich die Juden als Hauptgegner ansah -, sondern die Rheinische Landeszeitung und das Schwarze Corps, die in widerlicher Form – als „Sprachrohr der NSDAP“ - angebliche Verbrechen christlicher Geistlicher anprangerten. Unter dem Titel „An ihren Taten sollt ihr sie erkennen“ publizierte Fritz Weitzel aus Düsseldorf im „Völkischen Verlag Mönchengladbach“, ein diffamierendes Traktat, das exemplarisch über angeblich 300 Verbrechen zwischen 1933 und 1936 Auskunft geben sollte.

Im Kreise Euskirchen hatte der katholische Theologiestudent – und spätere Dechant - Heinrich Althausen (1911-1979) durch seinen Widerstand zwar noch Respekt und verhältnismäßig milde Richter gefunden (1934), aber ansonsten hagelte es Anzeigen wegen Devisenverbrechens, politische Hetzerei und wegen angeblicher Sittlichkeitsverbrechen. Heute, nach etwa 75 Jahren, sollte sich auch die Regionalhistorie ein Urteil bilden – aber wahrscheinlich nicht in dem Sinne, wie es 1936 der Nazi-Journalist und Höhere SS- und Polizeiführer Fritz Weitzel (1904-1940) erhofft hatte. Damals forderte er seine Leser auf:

Über die im Folgenden veröffentlichten Zeitungsartikel, die rein objektiv über Tatsachen berichten, mag sich jeder ein eigenes Urteil bilden. Sie stellen nur einen Auszug der in den letzten Jahren von Geistlichen aller Richtungen begangenen und bisher erst aufgedeckten Verbrechen dar und sind ein weiterer Beweis dafür, dass die fast 2000jährige verbrecherische Geschichte der Kirche ihren Fortgang nimmt.

Wer ist der Sünder? Der sich mit Abscheu von ihr wendet, oder der, der dennoch zu ihr steht?

Es bleibt die Frage: Welche Priester, Nonnen, Vikare und Pfarrer, die im Nationalsozialismus offiziell verurteilt wurden, konnten bisher – auch durch die Regionalhistorie - rehabilitiert werden?

 

26.10.2010

SS-Massaker im ostbelgischen Weiler Wereth (17. Dezember 1944) – „A Tribute to Mathias Langer“

test

 

Die Rundbriefe von GrenzGeschichteDG an der Autonomen Hochschule in der Deutschsprachigen Gemeinschaft („GrenzGeschichteDG an der AHS“) überraschen immer wieder durch interessante historische Beiträge. Auch die soeben erschienene 10. Ausgabe befasst sich mit spannenden Themen, die besonders das deutsch-belgische Grenzgebiet tangieren. Im Mittelpunkt steht ein Beitrag des verantwortlichen Herausgebers Dr. Herbert Ruland aus Raeren, dessen grenzüberschreitende Publikationen auch für die Eifel und Voreifel wichtig geworden sind. Unter der Überschrift „Bei uns im Haus kamen immer alle an“ oder „A Tribute to Mathias Langer“ beschäftigt sich der Autor mit einem bisher wenig beachteten SS-Massaker im ostbelgischen Weiler Wereth in der Nähe von Amel.

Ein umfangreiches Dossier in diesem Rundbrief handelt von einem SS-Massaker während der Ardennenoffensive im ostbelgischen Weiler Wereth. Am 17. Dezember 1944 wurden hier elf farbige US-Soldaten brutal ermordet. Amerikanische Untersuchungen nach dem Krieg wurden bald eingestellt. Die Erinnerung an die ermordeten Soldaten geriet fast in Vergessenheit…, wäre da nicht Hermann Langer gewesen! Er hat als Junge 1944 Teile des Geschehens mitbekommen und zum 50. Jahrestag des Massakers auf eigene Kosten am Ort des damaligen Geschehens ein Denkmal errichtet. Dr. Herbert Ruland berichtet:

 

Solange Dekeyser, Tochter von Charles (s. S. 21), berichtete mir im Sommer erstmals
ausführlich von dem Massaker in Wereth, bei dem 11 farbige amerikanische Soldaten
zu Beginn der Ardennenoffensive brutal von einem SS-Kommando ermordet worden
waren. Solange engagiert sich als Schriftführerin in der Gesellschaft, die sich um die
ehrenamtliche Pflege des Denkmals kümmert, das am Ort des Geschehens errichtet
wurde. Gemeinsam mit einer Gruppe von Schülern und Ihrer Lehrerin aus Kelmis
besuchte ich am 18. September die Gedenkfeier in Wereth. Bei dieser Gelegenheit
lernte ich Hermann Langer kennen. Aus Anlass des fünfzigsten Jahrestages der
hinterhältigen Ermordung der amerikanischen Soldaten hatte er hier 1994 auf eigene
Initiative und Kosten ein erstes Denkmal errichtet, das diesen Menschen gedenkt.
Seine persönliche Lebensgeschichte und die seiner Familie ist eng mit den damaligen
Ereignissen verknüpft. In mehreren ausführlichen Gesprächen berichtete er aber
auch von zahlreichen anderen miterlebten Vorgängen rund um das elterliche Haus
im Weiler Wereth. Schnell wurde mir deutlich, dass gerade sein Vater Mathias ein
Mensch war, der ohne Rücksicht auf eigene Gefährdung (und vielleicht auch die der
Familie) in dunkelster Zeit unablässig Zivilcourage zeigte. Insbesondere an diesen
großartigen Menschen soll der nachfolgende Artikel erinnern.

23.10.2010

test

(Deutsch/English Version)

 

Beim Erstellen meines nächsten Buches über Josef Weiss, den letzten Judenältesten von Bergen-Belsen, ergab sich ein besonderer Teilaspekt, über den ich die Leser meiner Homepage in Kenntnis setzen möchte. Sicher spielt auch die Hoffnung dabei eine Rolle, durch den englischsprachigen Artikel meines israelischen Mitarbeiters Shmuel Emanuel und seiner Angehörigen weitere Hinweise zu bekommen, die den in Israel lebenden Nachkommen eine letzte Gewissheit verschaffen.

Es geht um Marthe (Chana) Emanuel-Goldschmidt, eine der wenigen Toten, deren Grab bis heute nicht gefunden wurde. Sie gehörte zum dritten Transport – vom heutigen Standpunkt aus irrtümlicherweise immer noch verlorener Zug genannt – , mit dem die SS Häftlinge und „Austauschjuden“ Anfang April 1945 vom Konzentrationslager Bergen-Belsen abtransportierte, als sich die britischen Truppen dem Lager näherten. Insgesamt waren es drei Transportzüge mit ca. 6.800 Männern, Frauen und Kinder, die zwischen dem 6. und 11. April 1945 praktisch als Geiseln zur Abfahrt gebracht wurden. Deren Fahrtziel sollte das Konzentrationslager Theresienstadt auf dem Gebiet des deutschen "Protektorats Böhmen und Mähren" sein.

In dem folgenden Beitrag „Summary of the efforts made to find the burial site of Mrs. Marthe (Chana) Emanuel-Goldschmidt” fasst die Familie ihre langjährige Suche nach dem Grab von Chana zusammen, der Mutter von Shmuel Emanuel. Ich stellte ihn und seine große Familie bereits in meinen NEWS vom 31. Dezember 2009 und in einem ausführlichen Artikel zum Thema Über die Würde und Gnade, Bergen-Belsen und den Holocaust zu überleben  vor.

Der ausführliche Artikel zu diesem Thema ist unter folgendem Link abrufbar:

16.10.2010

Immer wieder besuchen ehemalige jüdische Mitbürger ihre Heimatstadt Euskirchen

Neustraße

In meinen NEWS vom 29. September 2010 stellte ich die Familie Hartoch vor, die nach 71 Jahren wieder die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen hat und vor einigen Tagen der Kreisstadt Euskirchen einen Besuch abstattete. Der 82jährige Kurt Hartoch, der hier im Krankenhaus geboren wurde und mit seinen Eltern in der Neustraße 31 wohnte, stand mit seiner aus Nürnberg stammenden Ehefrau vor der Stelle, an der sich einst sein Geburtshaus befand. Heute hat hier die Parfümerie Douglas ihre Geschäftsräume. Wenn auch das Gebäude im 2. Weltkrieg zerstört wurde, so ist nach Ansicht von Kurt Hartoch das Straßenbild im Einkaufszentrum der Kreisstadt immer noch gut erkennbar.

NeustraßeAuch das ehemalige Geschäft Rolef auf der Neustraße, mit dem man einst in freundschaftlichem Kontakt stand, erkannte er sofort wieder. Aufgrund der hiesigen Nazi-Schikanen war die jüdische Familie zuerst nach Siegburg, dann nach Köln verzogen, von wo aus die Familie in die USA emigrierte. Frau Hartoch wurde durch den Kindertransport Winton-Train gerettet, dem auch die kleine Hannelore Zack aus Gemünd ihr Leben verdankt.

Es ist wohl nicht notwendig zu erwähnen, wie bewegend eine solche Begegnung mit ehemaligen jüdischen Mitbürgern ist. Bereits an anderer Stelle habe ich über derartige Treffen exemplarisch und Erfahrungen berichtet (vgl. auch folgende Links).

10.10.2010

Ein Dokument der Zeitgeschichte: Die Grundsteinurkunde der Ordensburg Vogelsang

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Mit Interesse nahm die Öffentlichkeit in der Eifel und Voreifel zur Kenntnis, dass die Grundsteinurkunde (1934) der ehemaligen Ordensburg Vogelsang gefunden wurde und nun zum Verkauf angeboten wird. Mein Online-Artikel Grundsteinurkunde der Ordensburg Vogelsang gehört in ein Dokumentationszentrum oder Museum! vom 4. Oktober 2010 wies auf die Geschichte dieses zeitgeschichtlichen Dokumentes hin und besonders auf die künftige Möglichkeit, sie bald in einem Museum zu sehen. Inzwischen haben sich einige Dokumentationszentren – unter Berücksichtigung der notwendigen Regularien – um den Kauf beworben und stehen in Verhandlung mit dem derzeitigen Besitzer.

Die angeblich für die Ewigkeit eingemauerte Grundstein-Urkunde verblieb nur für etwa 12 Jahre im 50m hohen Bergfried, bis sie von britischen Besatzungssoldaten gesucht und gefunden wurde. Anstatt sie auf Befehl dem British Museum oder Imperial War Museum zu überlassen, entfernten britische Besatzungssoldaten das Dokument und ließen es als „Beute“ im Privatbesitz verschwinden. Vor etwa einem Jahrzehnt wurde sie im Nachlass eines namentlich bekannten, englischen Offiziers gefunden, der die Kriegstrophäe seiner Sammlung beigefügt hatte. Die Verwandten wollten sie veräußern, befürchteten aber, dass rechtsradikale Kreise diesbezüglich aktiv werden würden, und unterließen den Verkauf. Danach wechselte die Grundstein-Urkunde mehrfach den Besitzer und befindet sich heute in einem historischen Privatarchiv.

Bereits am 6. Oktober 2010 berichteten der Schleidener Wochenspiegel und der Euskirchener Wochenspiegel über den wichtigen Fund:

 

Euskirchener Wochenspiegel und Schleidener Wochenspiegel vom  6. Oktober 2010

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04.10.2010

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Wie in Fachkreisen bekannt geworden ist, soll in nächster Zeit ein Zeitdokument verkauft werden, das keineswegs in die Hände der „rechten Szene“, sondern nur in den Besitz großer Museen oder NS-Dokumentationszentren gelangen soll: die originale Grundsteinurkunde der ehemaligen Ordensburg Vogelsang. Potenzielle Käufer werden mir daher bei ihrer Bewerbung ihre Funktion und vollständige Anschrift sowie den nachweisbaren Grund ihres Interesses detailliert angeben müssen. Weitere Dokumente, Fotos und Gegenstände von musealem und zeithistorischem Interesse sowie der einzige Originalfilm aus jener Zeit sollen nach der Publikation meines vierten Buches über die Ordensburg Vogelsang in „sichere“ Hände übergehen.

Genau 76 Jahre nach der feierlichen Verlegung des Grundsteins beweist ein Foto, dass weder die Urkunde noch die daraufhin folgende Nazizeit von großem Format waren. Der Vergleich zu einer Zeitung vom 12. September 2010 beweist, dass die am 22. September 1934 eingemauerte Grundsteinurkunde keineswegs gigantisch ist, wenn auch ihr Inhalt eine „neubeginnende Geschichtsepoche“ prophezeit. Ausführlich wird in dem Standardwerk Ordensburg Vogelsang 1934-1945 – Erziehung zur politischen Führung im Dritten Reich die im damaligen Deutschen Reich stark beachtete „feierliche Einmauerung“ auf den Seiten 54 bis 63 beschrieben. 

Nur etwa 11 bis 12 Jahre sollte es dauern, wie sie doch von der „ewigen“ Stelle entfernt wurde. Während der Grundstein seitdem im Gebäude abgestellt ist, entfernten britische Besatzungssoldaten die Urkunde und ließen sie als „Beute“ im Privatbesitz verschwinden. Vor etwa einem Jahrzehnt wurde sie im Nachlass eines namentlich bekannten, englischen Offiziers gefunden, der die Kriegstrophäe seiner Sammlung beigefügt hatte. Die Verwandten wollten sie veräußern, befürchteten aber, dass rechtsradikale Kreise diesbezüglich aktiv werden würden, und unterließen den Verkauf. Danach wechselte die Grundstein-Urkunde mehrfach den Besitzer und befindet sich heute in einem historischen Privatarchiv.

Im Jahre 2006 – nach dem Abzug der Belgier und der Übernahme durch die Bundesrepublik - glaubte man vergeblich, bei einem Verantwortlichen für die Kultur des Kreises Euskirchen, historisches Interesse finden zu können. Wer seit dieser Zeit die NEWS und die Vogelsang-bezüglichen Artikel meiner regionalhistorischen Homepage verfolgt hat, wird meine bis auf das Jahr 1986 zurückgehenden Aufforderungen finden, endlich ein Dokumentationszentrum in dem ehemaligen Ordensburg-Gelände zu institutionalisieren.

Nachdem ich in den letzten Wochen beim Bundesarchiv in Koblenz und Berlin-Lichterfelde sowie bei englischen Institutionen und dem Imperial War Museum erneut vorstellig geworden bin, um von juristischer Seite her über den avisierten Verkauf der Grundsteinurkunde informiert zu sein, weise ich auf das historisch sicher wichtige Dokument hin. Unter Angabe der o.a. Konditionen und ausschließlich Online-Kontakten stehe ich zur Vermittlung zur Verfügung.

Ein ausführlicher Artikel zu diesem Thema ist unter folgendem Link abrufbar:

05.10.2010

Das Verhältnis der Deutschen zu den belgischen Besatzungssoldaten 1945/46

Zeitschrift HUMO 1

Für eine größere Reportage zum Thema „Belgische Besatzungssoldaten 1945/46“ sucht der renommierte Journalist Geef Jan Hertoghs deutsche Augenzeugen, die über die damalige Situation sowie das Verhältnis zu ihnen berichten können. Der Redakteur Hertoghs gehört zum Redaktionsteam der belgischen Zeitschrift HUMO, ein wöchentlich erscheinendes Radio- und Fernsehmagazin in flämischer Sprache. Die Anschrift dieser traditionsreichen Publikation lautet: Onafhankelijk weekblad voor Radio en TV, Harensesteenweg 226 - 1800 Vilvoorde. Die Publikation hat eine lange Tradition, erscheint seit 1936 und hat neben aktuellen auch historische Beiträge. Hierauf ist Jan Hertoghs spezialisiert.

Deutsche Augenzeugen, die darüber berichten können, wie 1945/46 das Verhältnis der ersten belgischen Besatzungssoldaten zur Bevölkerung im besiegten Deutschland war und besondere Erlebnisse hatten, werden für eine diesbezügliche Studie gesucht. Hierbei handelt es sich wohl um den Bereich zwischen Aachen, Lüttich, Euskirchen, Köln und Paderborn.

Zeitschrift HUMO 2Die Nachkriegszeit - mit ihren Trümmern, mit Armut, Hunger, Schwarzmarkt und Elend-Prostitution - gehört in Deutschland zum kollektiven Bewusstsein. In Belgien ist diese Periode jedoch wenig bekannt, obwohl sie von Soldaten der belgischen Besatzungstruppen, die damals unter dem Hauptkommando der britischen Armee standen, genauso bewusst erlebt wurde wie von den deutschen Einwohnern. Die Soldaten kamen aus ihrer 1940-1944 besetzten Heimat und hatten nun die Rolle der Besatzer zu übernehmen. Sicherlich keine selbstverständliche „Wende“...

Zeitzeugen werden sich an diese ersten Begegnungen oder Konflikte erinnern können: das gute oder schlechte Zusammenleben, in den Kneipen, am Bahnhof, auf den Strassen, mit der Polizei oder den Kommandanturen...

Baldige Kontakte sind per E-mail an den belgischen Journalisten Jan Hertoghs jan.hertoghs@skynet.be und über diese regionalhistorische Homepage möglich.

03.10.2010

Juhl01Rafi Juhl ist der letzte Nachkomme der jüdischen Familie Juhl, die einst in Zülpich beheimatet war und dort ein Textilkaufhaus besaß. Der 1955 geborene Israeli ist zurzeit auf den Spuren seiner Vorfahren, von denen sein Großvater Moritz Juhl (1864-1941) wohl zu den renommierten Persönlichkeiten der Voreifel zählte. Er war ein erfolgreicher Geschäftsmann und bis 1939 – seiner Auswanderung nach Palästina – Vorsteher der Synagogengemeinde Zülpich. In dem Dokumentationsband REICHSKRISTALLNACHT werden seine Erlebnisse während Zerstörung der Zülpicher Synagoge dargestellt.

Der sehr ausführliche und persönliche Bericht von Rafi Juhl handelt natürlich auch von seinem Vater Fritz (1913-1995), der als einer der letzten jüdischen Schüler sein Abitur in Euskirchen ablegen durfte:

Mein Vater bestand sein Abitur 1933 am Jungengymnasium in Euskirchen, Billigerstraße. Herr Hans-Dieter Arntz erklärte mir, dass es sich um das heutige Emil-Fischer-Gymnasium handelt, das 1966 in ein größeres Gebäude an der Emil-Fischer-Straße umgezogen ist. Mein Vater wollte das Studium an der Bonner oder Kölner Universität aufnehmen, was aber wegen der sogenannten Machtergreifung der Nationalsozialisten nicht möglich war. Deshalb entschied sein Vater, Moritz Juhl, der damals auch Synagogenvorsteher in Zülpich war, in weiser Voraussicht, seinen Sohn nach Frankreich zu schicken, um Fremdsprachenkenntnisse zu erwerben...

Juhl03

Rafi Juhl fährt fort:

...Um mich nun der Vergangenheit und der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert zuzuwenden, muss ich meinen Großvater Moritz Juhl, den ich leider nicht mehr kennenlernen konnte, erwähnen. Ich kenne ihn nur vom Hörensagen. Ich weiß, dass er am 16. Dezember 1864 in Meckenheim geboren wurde. Sein Vater war Yoel, Jonas von Meckenheim. Da ich mich erst jetzt mit der Genealogie meiner Familie befasse, muss ich sagen, dass ich gar nichts über die mütterliche Linie und die entsprechende Verwandtschaft von Yoel, Jonas Juhl weiß. Aber mein Großvater, Moritz Juhl, heiratete am 2. Mai 1897 Rosa Rosenthal Nach meinen bisherigen Kenntnissen war ihr Vater ein gewisser Rafael...

Während meines Treffens in Zülpich erfuhr ich auch, dass der Pop Sänger Billy Joel ein weit entfernter Verwandter von mir sein soll. Die Linie meines Großvaters ist angeblich mit der von Billy Joel verbunden. Um künftig meine Ahnenforschung zu intensivieren, ist der Hinweis auf die beiden Namen Juhl und Joel vielleicht von Bedeutung...

Der vollständige Artikel ist unter folgendem Link abrufbar:

29.09.2010

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Der genealogische Lebenskreislauf der jüdischen Familie Hartoch aus Euskirchen hat sich nach 71 Jahren geschlossen: 1939 aus Deutschland vertrieben, Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit, Leben in der Emigration, amerikanischer Bürger in den USA und seit dem Mai 2010 wieder deutsche Staatsangehörige. Kurt (Heinz) Hartoch, am 16. Oktober 1927 in Euskirchen geboren, besucht in den nächsten Tagen erstmals wieder seine Heimatstadt. Stolz kann er ein Foto zeigen, das sein Sohn mit folgender Inschrift versehen hat: "71 years (exactly!!!) after my Dad, my Oma and my Opa fled Nazi Germany (on May 12, 1939), Sam and I are granted German citizenship!"

Der 82jährige Kurt Hartoch, der mit seiner Familie in der Neustraße 31 wohnte und im Euskirchener Krankenhaus geboren wurde, wird in der nächsten Woche nachdenklich vor der Parfümerie Douglas stehen. Wenn auch sein Geburtshaus im 2. Weltkrieg zerstört wurde, so ist das Straßenbild doch insgesamt geblieben. Aufgrund der hiesigen Nazi-Schikanen war die jüdische Familie zuerst nach Siegburg, dann nach Köln verzogen. Ob es noch Angehörige der ehemaligen Hausbewohner gibt, weiß er nicht. Es handelt sich wohl um den Fotografen Block, die Besitzer der Feinkosthandlung Hermann Burmeister und das Ehepaar Roman Zug, die zumindest noch 1938 im Hause wohnhaft waren.

testUrsprünglich kam sein Vater, Salli Hartoch mit Ehefrau, aus dem Aachener Raum, als er sich in den 1920er Jahren in Euskirchen niederließ. Hier wurde Kurt auch geboren. Der Nationalsozialismus bestimmte auch bei der dieser Euskirchener Familie die nächste Zukunft. Als Schüler besuchte Kurt in Köln die jüdische Schule. Heute erinnert er sich noch lebhaft an den Morgen nach der Reichspogromnacht. Er sei zur Jawne gegangen, aber die Lehrer hätten die Kinder nach Hause geschickt, um sie zu schützen. Er sei, weil er sich blond und blauäugig sicher fühlte zur Synagoge in der Roonstraße gelaufen, die noch qualmte. Einen herumstehenden Feuerwehrmann habe er gefragt, was dieser mache und warum er nichts lösche. Daraufhin habe dieser erklärt, dass er nur die Aufgabe habe, das Übergreifen des Feuers auf die Nachbarhäuser zu vermeiden.

Die Familie hatte Geschäftsräume in der Genter Straße. Salli Hartoch war Geschäftsmann und hatte vor der Reichsprogromnacht die Kölner Nationalsozialisten immer noch nicht ernst genommen. Das erkennt man daran, dass er selbst ein großes Schild geschrieben und mit folgender Aufschrift ins Fenster gehängt: „Dieses Geschäft wurde bereits arisiert." Daraufhin habe die Familie einige Zeit unbehelligt in den Räumen leben können. Nach der Reichsprogromnacht bemühte sich die Familie um die Ausreise in die USA.

Weil sie aber dort nur einen zu alten und einen zu jungen Verwandten hatten, die zu bürgen bereit waren, erhielten sie kein Visum für die USA. Daraufhin ließ sich der Vater folgendes einfallen: Da ihm klar war, dass die Familie kein Geld werde mitnehmen dürfen, kaufte er eine Maschine zur Sodaherstellung und ließ sie nach Hamburg zur Ausschiffung in die USA verbringen. Den Nachweis über die eingelagerte Soda-Maschine legte er der US-Botschaft vor und erklärte, dass er mit dieser Maschine in den USA für 20 Menschen Arbeit schaffen werde. Somit erhielt die Einreisebewilligung. In den USA angekommen stellte er fest, dass ein amerikanischer Hersteller von schwarzer Brause (Coca-Cola) derartig günstig Soda herstellte, dass er die Soda-Maschine überhaupt nicht vom Hafen abholte.

Die Familie Hartoch lebt seitdem in den USA, hat zwei Kinder und ein Enkelkind.

Sein Sohn teilte im Mai mit, dass die Familie samt Enkel von Kurt Hartoch Deutsche und Europäer geworden sind: "71 years (exactly!!!) after my Dad, my Oma and my Opa fled Nazi Germany (on May 12, 1939), Sam and I are granted German citizenship!"

24.09.2010

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Die seit 10 Jahren bestehende Jüdische Bibliothek in der ehemaligen Ahrweiler Synagoge ist wirklich ein historisches und kulturelles Kleinod und verdient eine noch stärkere Beachtung als bisher. Jüdische Kultur, Geschichte und Literatur: das alles wird in Ahrweiler, einem Stadtteil von Bad Neuenahr, seit zehn Jahren besonders gewahrt. Heute, am 24. September 2010, besteht die Möglichkeit, die wohl größte ihrer Art zwischen Köln und Koblenz zu besuchen. Weitere Termine sind: 29. Oktober, 26. November und 17. Dezember 2010.

Die Jüdische Bibliothek ist in gewisser Hinsicht eine Ergänzung zur Kölner Germania Judaica, die 1959 von Heinrich Böll gegründet wurde und mit einem Bestand von ca. 85.000 Bänden die größte wissenschaftliche Spezialbibliothek zur Geschichte und Kultur des deutschsprachigen Judentums in Europa ist. Was die Kölner Bibliothek zur Geschichte des deutschen Judentums grundsätzlich für die Kultur sowie die Domstadt bedeutet, das ist die kleine, aber feine Jüdische Bibliothek von Ahrweiler für die interessierte Bevölkerung des Ahr- und Moselgebietes. Klaus Liewald, der auf dem beigefügten Foto der Journalistin Hildegard Ginzler ein besonders prachtvoll eingebundenes jüdisches Gebetbuch zeigt, und der verstorbene evangelische Pfarrer Hans Warnecke waren die Initiatoren für die wertvolle Sammlung, da sie beweisen wollten, dass die Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 jüdische Literatur nicht auslöschen konnte.

Spezielle Sachgebiete sind: Orte jüdischen Lebens von A bis Z, Jüdische und hebräische Literatur, Judentum allgemein, Religion, Kabbala, Tora, Jüdische Kunst, Film, Klezmermusik, Gebetbücher, koschere Kochkunst, Jüdische Geschichte bis 1945, Deutschland ohne Juden, Entrechtung und Vernichtung sowie die wieder aufblühenden jüdischen Gemeinden.

Der vollständige Artikel ist unter folgendem Link abrufbar:

21.09.2010

Ordensburg Vogelsang 1934-1945 – Erziehung zur politischen Führung im Dritten Reich („Euskirchener Wochenspiegel“ am 1. September 2010 zur 6. Auflage des Standardwerkes)

 

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18.09.2010

Auf dem jüdischen Friedhof von Alfter

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Alfter liegt in der Nähe von Bonn und ist der Name einer Gemeinde im Rhein-Sieg-Kreis im Süden Nordrhein-Westfalens. Die wenigen einst hier beheimateten Juden besuchten früher das Bethaus, dann die Synagoge des größeren Ortes. Der jüdische Friedhof von Alfter am heutigen Hühnerbuschweg, unterhalb des Hauses „Heimatblick“ gelegen (Flur 40, Nr.10), ist seit 1719 nachgewiesen. Als damals drei Nachbarn Hand an den Begräbnisplatz legten, ihn umzugraben und zwecks Erweiterung ihrer Weinberge zu verkleinern begannen, schritt der Alfterer Graf energisch gegen diese Übergriffe ein. Heute sind noch 20 Grabsteine auf dem 684 Quadratmeter großen Begräbnisplatz zu sehen. Die letzte erhaltene Inschrift stammt aus dem Jahre 1852. Die letzte Beerdigung liegt rund 70 Jahre zurück. Von den 18 Juden aus Alfter, die 1938 noch beim Amt Duisdorf erfasst waren, gelang einigen die Flucht ins Ausland. Andere, wie die Familien Sander, Israel und Coßmann, die an der Knipsgasse und Holzgasse wohnten, wurden deportiert und in den Vernichtungslagern ermordet.

Nur noch wenige Besucher, meist Nachkommen jüdischer Familien, besuchen die kleine Begräbnisstätte, die seit 1987 in die Denkmalliste der Gemeinde eingetragen ist. An den Steinen, die nach jüdischer Tradition als Zeichen des Gedenkens und der Verbundenheit oben auf den Grabsteinen abgelegt sind, kommt somit nur noch selten ein neuer hinzu. Der Landesverband, die Nachfolgeorganisation der vernichteten jüdischen Gemeinden, kümmert sich um die verwaisten jüdischen Friedhöfe. In ihrem Auftrag besucht Dieter Peters ehrenamtlich seit fast 20 Jahren die etwa 200 Friedhöfe im Bereich des Landesverbandes Nordrhein, kontrolliert ihren Zustand und berät die Kommunen bei den Instandhaltungs- und Pflegemaßnahmen.

Neulich entdeckte Dieter Peters einen seltenen Schmuck: statt eines obligatorischen Steins zierte ein Gebetsschal (Tallit) den Grabstein. Der Tallit gehört nicht nur zu den jüdischen Kleidungsstücken eines gläubigen Juden, sondern ist auch politisch zu werten: Die Gestaltung der israelischen Flagge geht zurück auf den jüdischen Gebetsschal. Blau und Weiß sind die Farben jüdischer Ritualkleidung.

13.09.2010

PunkrockEs gibt viele Möglichkeiten, sich mit der jüngsten deutschen Vergangenheit auseinanderzusetzen. Wollte man hierfür methodisch und didaktisch ein „Wortfeld“ erarbeiten, so könnten u.a. folgende Verben alternativ zur Aktivität aufrufen: aufmerksam machen, eindringlich erinnern, einschärfen, ermahnen, aufrufen, aufrütteln, ins Gewissen reden, appellieren, auffordern, beschwören, beweisen...

Fassen wir auch nach Jahrzehnten zusammen: Jegliche Form der Auseinandersetzung mit den Verbrechen des Nationalsozialismus ist eine spezielle Form des Mahnens und somit die Realisierung des Imperativs „Mahn mal“!! Auch alltägliche Aktivitäten in unserer Region sollen im Betrachter Betroffenheit erzeugen und das Erinnern über die Generationen hinweg tradieren. In jüngster Zeit gab es hierfür in Euskirchen, Zülpich, Zülpich-Hoven, Mechernich und Bad Münstereifel-Eschweiler unterschiedliche Beispiele:

1. Euskirchen

Zum Jahrestag der Befreiung vom Faschismus hatte der alternative Kunstverein „Art Eifel“ zusammen mit den Linken, den Grünen und der Antifa eine Demonstration gegen Rechts auf die Beine gestellt. In Begleitung von Polizisten von Euskirchen und Aachen zogen die Demonstranten vom Bahnhofsvorplatz durch das Stadtzentrum zum Gardebrunnen...

2. Zülpich

Der Dürener Peter Schumacher, der 76jährige Ewald Lenzen aus der Vulkaneifel und Matthias Kurth (70) aus Inden radelten im Sommer 2010 etwa 1400 Kilometer nach Auschwitz, um sich mit dieser „Tour der Hoffnung“ nicht nur persönlich und sehr bewegt „ein Bild von den dort verübten Gräueltaten zu machen“, sondern um gleichzeitig ein gutes Werk zu tun: eine Summe in Höhe 7.262 Euro kam für diese öffentlichkeitswirksame Radtour zusammen, die für einen guten Zweck gespendet wurde...

3. Zülpich-Hoven

Zur Erinnerung an 368 Patientinnen der heutigen Fachklinik für Psychiatrie Marienborn, die am 18. August 1942 den Transport von Hoven in das Vernichtungslager Hadamar antreten mussten und dort ermordet wurden, wurde im August 2010 ein Mahnmal errichtet. 68 Jahre danach erinnert nun eine Stele auf dem Grundstück des ehemaligen Klosters an dieses Verbrechen...

Mechernich Mahnmal4. Mechernich

Als einzige Stadt der Region hat Mechernich einen Mahnstein, der an ermordete Zwangsarbeiter erinnert. Die Stadt Mechernich gedachte im November 2009 in einer neueren Form ihrer Opfer von Verfolgung und Gewaltherrschaft während der Nazidiktatur. Wie ich bereits in meinem Online-Artikel zum 71. Jahrestag der „Reichskristallnacht“ berichtete, fand am Sonntag, dem 8. November, im Kernort ein GEDENKGANG statt, der an drei „Stationen“ der Mechernicher erinnerte, die durch Verfolgung und Gewalt im Dritten Reich umkamen.

Als erste Station diente der neue Gedenkstein in der Marienau, der an Kriegsgefangene und Zwangsarbei­ter erinnert, die im Zweiten Weltkrieg am Bleiberg ums Leben kamen. Der Stein steht an der Stelle, an der im November 1944 ohne Gerichtsurteil eine junge ukrainische Zwangsarbeiterin wegen angeblichen Plünderns erhängt wurde...

5. Bad Münstereifel-Eschweiler

Um auch exemplarisch auf den Tod der Zwangsarbeiters hinzuweisen, erinnert die Bevölkerung des Dorfes Eschweiler zurzeit mit mehreren Aktivitäten an die Ermordung des Polen Bronislaw Sygula (geb. 1922 in Newa Wics). Durch meine Publikationen und Vorträge konnte ich seit etwa 15 Jahren auch auf diese Thematik aufmerksam machen. Aber es war Laurenz Schäfer (geb.1945) aus Bad Münstereifel-Arloff, der die Initiative ergriff und für die Errichtung eines Gedenkkreuzes in Eschweiler initiierte. Die Verantwortlichen der katholischen Gemeinde St. Margareta Eschweiler laden zudem zu einem Gedenkgottesdienst ein, der am Sonntag (19. 09.2010) um 14 Uhr an Bronislaw Sygula erinnern soll...

Der vollständige Artikel ist unter folgendem Link abrufbar:

09.09.2010

Rosch ha-Schana: Shana Tova to all my Jewish friends the globe over

Den jüdischen Lesern meiner regionalhistorischen Homepage wünsche ich ein „frohes Neues Jahr“. Dear Friends the globe over, I wish you Shana Tova, a very happy, healthy and sweet year 5771.

 

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Für andere Leser sei – mit Bezug auf WIKIPEDIA - auf das jüdische Neujahrsfest hingewiesen:

Rosch ha-Schana (auch Rosch ha-Schanah, in aschkenasischer Aussprache Rausch ha-Schono oder Roisch ha-Schono oder volkstümlich auf Jiddisch auch Roscheschune genannt; Hebräisch ראֹשׁ הַשָּׁנָה Haupt des Jahres, Anfang des Jahres) ist der jüdische Neujahrstag. Die Mischna, die wichtigste Sammlung religiöser Überlieferungen des rabbinischen Judentums, legt dieses Fest als Jahresbeginn und für die Berechnung von Kalenderjahren fest. Der Neujahrsgruß ist שנה טובה schana tova („ein gutes Jahr“) oder auch שנה טובה ומתוקה schana tova u'metuka („ein gutes und süßes Jahr“).

06.09.2010

Verstreut in alle WeltIn einem Zeitungsartikel vom 2./3. Mai 1981 wies ich auf die bestehenden Kontakte zu Euskirchener Juden hin. Hiermit wollte ich vor knapp 30 Jahren auf diejenigen hinweisen, die den Holocaust nicht überlebt hatten oder aber verstreut im Ausland lebten. Am 3. Mai 1981 kam es auch zur Einweihung eines Mahnmals auf der Annaturmstraße.

Ziemlich genau 36 Jahre nach Kriegsende ist man nun in der Kreisstadt soweit, den Opfern der faschistischen Terrorherr­schaft ein Mahnmal zu widmen. Landes­rabbiner Emil Davidovic wird morgen um 11 Uhr den Ge­denkstein auf der kleinen Grün­fläche an der Annaturmstraße, wo einst die Synagoge stand, weihen.
(...) Nach — für viele Bürger un­verständlich — langen Diskus­sionen entschied der Stadtrat im vorigen Jahr, 12.000 DM für das Mahnmal bereitzustellen, das an die jüdischen Mitbürger erin­nern soll, die im Stadtgebiet, in Großbüllesheim, Kuchenheim, Flamersheim, Kirchheim und Schweinheim gelebt haben. Auf dem Stein, den Bürgermeister- Stellvertreter Franz Roggendorf morgen enthüllen wird, steht folgende Inschrift: „Unseren jü­dischen Mitbürgern — den Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft".

Wenn auch das Koblenzer Bundesarchiv eine stattliche De­finitivliste umgekommener Mit­bürger führt, so weisen die Kor­respondenzen mit 60 im Ausland lebenden jüdischen Ex-Euskir­chenern, Flamersheimern und Kuchenheimern nach, daß doch noch viele gerettet wurden.

Wer will es leugnen, daß ihr Verhältnis zu ihrer Geburtsstadt oft noch gespalten ist. Der heute in Miami lebende Moritz Schweizer, einst prominenter Repräsentant der jüdischen Ge­meinde von Euskirchen, formu­lierte 1946 in einer für die dama­lige Zeit unbegreiflichen Tole­ranz: „Träume, nichts als Träu­me! — Aber die Erinnerung bleibt, und die läßt noch ihren Glanz über all dem aus jener Zeit ausgebreitet, so daß man stets nur das Schöne nacher­lebt!"

 
Der vollständige Zeitungsartikel ist unter Abruf des Links lesbar:

01.09.2010

Die NS-Presse der Kreisstadt Euskirchen im September 1939: Vom Krieg ein falsches Bild gezeichnet!

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Kreisparteitag der NSDAP 1939 in der Erftaue der Kreisstadt Euskirchen
(Foto: Hermann Vieth/Archiv: Ruth Vieth)

 

Mit dem Einmarsch deutscher Truppen in Polen am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg. Geschichtswerke und historische Abhandlungen in Millionen-Auflage haben die­se Schreckenszeit inzwischen dargestellt und analysiert und einer - beson­ders zurzeit - interessierten Leserschaft zugänglich gemacht.
Wie reagierte nun 1939 die Euskirchener Lokalpresse? Der „Westdeutsche Beobachter“ hatte die Glorifizierung des National­sozialismus übernommen, und auch der Euskirchener Lokalteil zeigte sich lange Zeit mit sei­nem „Juden-Spiegel" und ag­gressiven Artikeln von einer li­nientreuen Seite. Wirkt es da verwunderlich, dass wichtige Zeitungsbände aus den Archi­ven verschwunden sind?
Anders sah es da mit dem „Euskirchener Volksblatt" aus. Die konservativen, religiösen und „hei­matverbundenen“ Reportagen und Artikel fanden die Anerkennung der meist katholischen Euskirchener. Schon 1935 war man deswegen vom „Westdeut­schen Beobachter“ hart attackiert worden. Dennoch musste man sich den damaligen Ver­ordnungen zum Zeitungswesen anpassen. Das „Euskirchener Volksblatt“ verherrlichte weder die neue Ära des Krieges, noch versetzte es die Leserschaft in Panik. Eigentlich änderte sich wenig im Vergleich zu den Vorkriegsausgaben.

 Am 31. August 1939, also einen Tag vor Kriegsbe­ginn, befasste sich der lokale Leitartikel unter der Überschrift „Gerechtigkeit in der Versor­gung" mit der „Einführung der Bezugsscheine für lebenswichti­ge Verbrauchsgüter". Da heißt es u. a.: „Es gibt in Deutschland keinen Menschen, der nicht den dringenden Wunsch hat, dass wir Frieden behalten, der nicht zum Führer schaut in dem festen Vertrauen, dass er keinen Krieg will (…)." Die Einführung der Bezugsscheinpflicht kann „nur eine Maßnahme der Vorsicht und der gerechten Verteilung" sein.

Im Lokalteil für Freitag, den 1. September 1939, ist nichts Weltgeschichtliches zu finden. Fast spießbürgerlich brav muten die Artikel an. Die Serie „Tiro­ler Land, wie bist du schön" von Willi Theis wird abge­schlossen. Der Landesbauernführer ruft zum Sammeln von Alteisen auf, die Frage nach dem künftigen Septemberwetter wird aufgeworfen. Auch von der Euskirchener Hitlerjugend und dem BDM, die „ins Lagerleben ausgerückt" waren, ist die Rede. Fast paradox - vom heutigen Standpunkt aus gesehen - wirkt der Aufruf „Vorsicht bei geschlossener Ortschaft!" über 40 Stundenkilometer fahrende Kraftfahrer könnten Menschen­leben gefährden! Eine sicher äußerst bedeutsame Warnung an dem Tag, an dem der Zweite Weltkrieg begann!


Mein vollständige Zeitungsartikel zu diesem Thema ist unter Abruf des Links lesbar:

29.08.2010

 

Im Mai 2010 beteiligte ich mich an der Diskussion um den Bestand des Euskirchener Stadtmuseums und gab einen kleinen Rückblick auf die Historie der Euskirchener Institution. Hierbei wies ich weniger auf die vielen Vernissagen, sondern mehr auf den Wert einer stetig zu erweiternden DAUERAUSSTELLUNG zur Euskirchener Stadtgeschichte hin:

Zwar gab mir die Euskirchener Stadtverwaltung am 26. Mai 2010 eine sehr sachliche Antwort - die ich in dem o. a. Online-Artikel vollständig publizierte -, aber inzwischen ist nur noch eine eingeschränkte Benutzung des Museums wegen Brandschutzmängel möglich. So sollte für die künftig aktionslose Zeit weiterhin die Frage nach dem Ausbau einer Dauerausstellung gestellt werden. Welche Sammlungen hat das Euskirchener Stadtmuseum in den letzten Jahren nicht nur einfach übernommen oder kurzfristig präsentiert, sondern selber initiiert, mit Hilfe der Bürger organisiert, wo und wie publiziert und der Bevölkerung dauerhaft zugänglich gemacht? Und was ist – abgesehen von der Neumann-Neander-Ausstellung und der teilweise Jahrhunderte alten Geistlichen Schatzkammer St. Martin - neu vom Euskirchener Stadtarchiv gesammelt, recherchiert und auf Dauer für die Bevölkerung zugänglich gemacht worden?

 

Museum Artikel Ausschnitt

 

Hiermit wiederhole ich die Fragen und Probleme von 1935 und jetzt auch von 1949, die bereits in den „Amtlichen Nachrichten für Euskirchen“ (09. 07.1949) dargestellt wurden. Der vollständige Artikel ist unter Abruf des Links lesbar:

26.08.2010

Goldschmidtspark und Wolfsgasse in Euskirchen

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In unmittelbarer Nähe des Viehplätzchen-Viertels befinden sich die Wolfsgasse und der kleine „Goldschmidtspark“. Es handelt sich hier um eine kleine, fast unbeachtete idyllische Fläche zwischen Kapellenstraße und Disternicher Torwall, auf der sich vor Jahrhunderten der Arenhof – später Wolfshof genannt – befand. Im Jahre 1630 umfasste dieser landesherrliche Gutshof 119 Morgen Land und lag neben dem Pfarrhaus der Rüdesheimer Kirchengemeinde. Die Euskirchener Stadtgeschichte belegt, dass die Wolfshofs-Zehntpächter u. a. auch das ganze Jahr hindurch den Chor der benachbarten Antoniuskapelle zu beleuchten (1680) hatten.

 Auf diesem Gelände liegt heute der sogenannte „Goldschmidtspark“, benannt nach dem ehemalig stadtbekannten Anwohner Jean Goldschmidt, Kapellenstraße 20. Die Zeitung „Westdeutscher Beobachter“ veröffentlichte am 19. Juli 1934 ein Bild des Euskirchener Malers Jean Spessart, das ein „Stück Alt-Euskirchen“ zeigt und stellt den Plan zur neuen Umgestaltung dar:

... Der Hauptweg führt an einer wie gewünscht dastehenden alten Linde vorbei, in deren Schatten eine Rundbank einlädt. Unter einigen Treppenstufen, welche zwei Terrassen mit dem Disternicher Torwall verbinden, gelangt der Fußgänger in ein Stück „Alt-Euskirchen“. Diese Terrassen, welche zur bequemen Überwindung der Steigung dienen, werden mit Bruchsteinen und Rasen gedämmt und mit entsprechender Bepflanzung versehen. Einige farbige Blumen an einzelnen Punkten werden die Grünanlage vorteilhaft beleben.(...) Sie wird sicher ein dankbares Publikum finde, denn das Interesse für dieselbe ist jetzt schon sehr rege. Vorschläge, Debatten und Fingerzeige bezeugen, dass ihnen jetzt schon der Platz ans Herz gewachsen ist....

Am 12. August 1935 wird über die erfolgreiche Umgestaltung der Grünfläche unter einer Überschrift in zeitgemäßer Diktion berichtet:

Ein idyllisches Plätzchen – Die Nachbarschaft als Zelle der Volksgemeinschaft (...) Denn es handelt sich um den vom Volksmunde getauften „Goldschmidtspark“, den wir hier als „Herrgotts-Winkelchen“ innerhalb des ältesten Teiles der Stadt im Bilde vorführen, der zu einem Versammlungsort einer immer größer werdenden Nachbarschaft wurde und abends immer eine besondere Anziehungskraft ausübt auf alle die jungen und alten Volksgenossen, die sich unter der Linde versammeln...

Dann folgt eine kurze Beschreibung der Einweihung des „Goldschmidtsparks“ am 11. August 1935:

„So war`s gestern abend ein improvisiertes Volksfest, wo bei Musik und Lautsprecher, Gesang, Illumination und Feuerwerk eine große Zahl froh gestimmter Menschen zusammenkamen.“

Wenn auch die winzige Parkanlage 1988 geringfügig verändert wurde, so ähnelt sie heute immer noch der vor 75 Jahren.

 

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21.08.2010

Anmerkungen zur „Charta der Heimatvertriebenen“(1950): Sind auch Juden „Heimatvertriebene“?

Am 5. August 2010 würdigte der Bund der Vertriebenen (DdV) die Verkündigung ihrer „Charta der deutschen Heimatvertrieben“ vor 60 Jahren. Dies geschah – ungeachtet der inzwischen geäußerten Kritik am damaligen Text – anlässlich einer Feierstunde in Stuttgart.

Wikipedia erklärt die Charta folgendermaßen:

Die „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ wurde von den Sprechern der Vertriebenenverbände bzw. ostdeutschen Landsmannschaften am 5. August 1950 unterzeichnet und am folgenden Tag in einer Massenkundgebung in Stuttgart-Bad Cannstatt verkündet. Sie nennt „Pflichten und Rechte“ der Flüchtlinge und Vertriebenen, die nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1949 die deutschen Ostgebiete und andere Länder Ost- und Südosteuropas verlassen mussten. Unter diesen Rechten und Pflichten wird vor allem der Verzicht auf Rache und Vergeltung für die Vertreibung verstanden, das Schaffen eines geeinten Europas und die Beteiligung am Wiederaufbau Deutschlands und Europas. Darüber hinaus wird ein „Recht auf Heimat“ postuliert, das ein von „Gott geschenktes Grundrecht der Menschheit“ sei, und seine Verwirklichung gefordert.

In diesem Zusammenhang möchte ich an eine Rede erinnern, die ich am 5. Juni 1985 anlässlich einer Gedenkstunde im Sitzungssaal der Kreisverwaltung Euskirchen hielt. (Vgl. Text). Damals stellte ich die Frage, die auch in Israel starke Beachtung fand, ob auch Juden „Vertriebene und Flüchtlinge“ sind:

 

Heimatvertriebene

16.08.2010

Radfest(...) Laut Euskirchener Zeitung vom 18. Juli 1888 hatte sich drei Tage vorher ein Euskirchener Radfahrerklub konstituiert. Trotz Wahl eines tatkräftigen Vorstandes und zünftiger Wer­bung war die Zahl der Aktiven an einer Hand abzulesen, denn die neueste technische Errun­genschaft des Hoch- und Niederrades schien vielen Eus­kirchenern zu gefährlich.

Der erfolgreichste Vertreter in unserer Stadt war ein 1870 geborener junger Mechaniker mit Namen Peter Matthias Es­ser, der einer alteingesessenen Bürgerfamilie entstammte. Er hatte bereits im Jahre 1889 bei mehreren Rennen, die damals in großer Zahl von den bestehen­den Radfahrvereinen in ungere­gelter Sportbetätigung veran­staltet wurden, Preise errungen. Das Jahr 1890 sah den zwanzig­jährigen Sportsmann auf der Höhe seiner Erfolge. Im Mai/Juni dieses Jahres konnte er in­nerhalb von vier Wochen sechsmal als Sieger heimkehren.

Inzwischen hatten sich die Vereine im Deutschen Radfah­rer-Bund zusammengeschlossen. Dessen Gau 4 (Rheinland) hatte am 13. Juli 1890 den Kampf um die Rheinische Meisterschaft ausgeschrieben. Der Euskirche­ner Peter Matthias Esser errang in Koblenz vor dem königlichen Schlosse Meisterschaft, Pokal, Medaille und nationalen Ruhm. Euskirchen besaß einen seiner ersten Sportstars!

(...) Die Lokal-Presse von Zülpich wusste im Juni 1890 von einem Menschenauflauf zu berichten:

 „Dichtgedrängt säumte die Menge den Markt, und über den vielen Köpfen gab es einige Menschen zu sehen, die sich in bisher unerhörter Weise auf ho­hen, ganz dünnen Rändern, mit den Beinen strampelnd, fortbe­wegten. Wer vorne stand, konnte hinter diesen `Höheren´ andere auf niedrigen `Sicherheits-Zweirädern´ fahren sehen. Sogar ältere Herren waren da­bei!"

(...) Der Zülpicher Gesellschaft „Erholung", die in jener Zeit ihre gemeinsamen Fahrten und Wanderungen in die benachbar­ten Wälder machte, gebührt das Verdienst, die dem Radsport besonders auf dem Lande entgegenstehenden Vorurteile tatkräftig bekämpft zu haben. Sie ließ den Arzt Dr. Bachem in einem längerem Vortrag als Mediziner zum Radsport Stellung nehme Die damals heikle Frage, ob auch „Damen" diesem Sport huldigen könnten, beantworte der Arzt vorsichtigerweise so, dass auch ihnen, soweit tunlich, das Radfahren nur anzuempfehlen sei.

Der vollständige Zeitungsartikel ist unter Abruf des Links lesbar:

11.08.2010

Hans-Dieter Arntz zum Thema: Gestaltung des Euskirchener Marktplatzes.
In : Kölner Stadtanzeiger, Eifeler Land, vom 9. April 1980

kapitaler Hirsch

 

Der Alte Markt soll noch im Jahre 1980 ein neues Gesicht bekommen. Nach der Maikirmes wird mit der Plattierung begon­nen. Anschließend gehört der historisch bedeutsame Platz den Fußgängern. Wie in alten Tagen können die Euskirchener hier flanieren, ohne im Slalom um parkende Autos herumlaufen zu müssen. Attraktiver Blickfang wird ein Brunnen sein. Die Stadtväter allerdings sind sich noch nicht einig, wie er ausse­hen soll. Stadtdirektor Dr. Hein­rich Blaß plädiert für einen Pumpenbrunnen in moderner Gestalt. Er ist dagegen, die No­stalgie zu weit zu treiben. Eine Un­terkommission des Planungsausschusses wird über die Ge­staltung am morgigen Donnerstag um 17 Uhr eine Vorentscheidung treffen. Die Vor­schläge reichen von einem überdimensionalen Schachbrett, über eine Pumpe bis hin zu den unterschiedlichsten Brunnen­ausführungen.

Solche Überlegungen, das zeigt die Stadtgeschichte, sind nicht neu. So wollte zum Bei­spiel bereits im Jahre 1914 die Stadtverwaltung dem Markt­platz, der stets der Mittelpunkt kreisstädtischen Geschehens war, ein besseres Gesicht geben. Damals wurde eine Anzahl Bäu­me gepflanzt, die jedoch aus irgendeinem Grunde eingingen.

Alte Pumpe

Bekannt ist, dass etwa noch bis 1910 auf dem Marktplatz eine alte Pumpe stand, obwohl es schon seit 1886 eine Wasserlei­tung in Euskirchen gab. Der verstorbene Heimatforscher Hubert Lückerath erzählte ger­ne von dem Schild an der Pum­pensäule: „Verunreinigung ver­boten! Die Polizeiverwaltung", was nicht immer von Nachtschwärmern beachtet wurde.

Wenn auch der Markt sein Gesicht geändert hat oder noch ändern wird, er bleibt Mittelpunkt der Stadt, des geschäftlichen Lebens und der Geschichte. Hier wurde am 8. Oktober 1794 von den einmarschierenden französi­schen Revolutionstruppen der Freiheitsbaum aufgerichtet, hier fluteten im 1. und 2. Weltkrieg siegreiche und geschlagene Truppenverbände vorbei, ja, hier wurde 1859 noch ein kapi­taler Hirsch, der sich verlaufen hatte, erlegt.

Die Nationalsozialisten nutz­ten den geschichtsträchtigen Markt für Massenkundgebun­gen. Die Euskirchener Zeitung vom 22. März 1933 berichtete.

Bei Abrufen des Links ist der vollständige Artikel zu lesen:

02.08.2010

Familie Golding

(English Version)  


Helen Stone, Kol Nefesh Synagogue Magazine, September 2009:

So where is this unusual Community? Tragically, it no longer exists, but flourished eighty odd years ago in the village of Kommern in the Eifel area of Germany, not far from Cologne. This is where my mother, Emmy Golding, then Emmy Kaufmann, grew up.

Jews were scattered throughout the villages of the area and each village boasted its own small synagogue. There had originally been thirty Jewish families in Kommern but, by the 1920s, this had been reduced to just twelve. They were on excellent terms with their German neighbours and mixed freely, attending village dances and other celebrations. The line was drawn, however, at intermarriage, which was almost unheard of.

GoldingMy mother's family had lived in the village for generations and could trace their links back over two hundred years. She was born in the same house that her great-grandfather had owned. Jews made their livings in various ways: one was a watchmaker, a bicycle seller and later a radio retailer; another was a scrap merchant, recycling cloth and metals - you might count him as one of the early "greenies"; yet another had a tanning business, turning rabbit skins into fur collars. My grandfather, like many others, was a cattle dealer and this had been the family business for at least four generations. A highly observant Community, come Shabbat or Yomtov they all hung up their closed signs, apart from one large-scale grain distributor who continued trading. This was very much frowned upon by the rest of the Jewish population.

My mother's earliest memory is of Pesach (Passover). It must have been April 1918 when she was one month short of her fourth birthday.

26.07.2010

Spessart 01

Die jetzige Modernisierung des Euskirchener Stadtbildes und das Interesse vieler Neubürger lässt es für sinnvoll erscheinen, an das alte Euskirchen zu erinnern. Daher publizierte ich vor knapp drei Jahren eine Anzahl farbiger Ansichtskarten, die einen Eindruck der damals etwas 25.000 Einwohner großen Kreisstadt vermitteln. Vgl. Euskirchen: Das Stadtbild in alten Ansichtskarten (1900-1930). Auch der neulich erschienene Online-Beitrag Euskirchener Regionalhistorie: Das „Viehplätzchen-Viertel" sollte diesem Zweck dienen.

Im Heimatkalender des Kreises Euskirchen 1962 erinnerte der ehemalige Standesbeamte und Heimatforscher Hubert Lückerath an den Maler Jean Spessart, der mit seinen Zeichnungen an das frühere Stadtbild von Euskirchen erinnert. Vgl. Im Gedenken an Jean Spessart. Bei Wikipedia wird sein Leben folgendermaßen dargestellt:

Jean Spessart (* 27. März 1886 in Euskirchen; † 14. März 1961 ebenda) war ein deutscher Landschaftsmaler.

Spessart 02 Jean Spessart wurde als Sohn von Anna Gelhausen und Jakob Spessart geboren, der mit seinem Bruder Richard eine Bau- und Möbelschreinerei in Euskirchen betrieb. Sein im Zweiten Weltkrieg zerstörtes Geburtshaus befand sich in der Annaturmstraße, nahe dem Annaturmplatz. Die Familie stammte vermutlich aus dem Dorf Spessart in der Eifel. Schon als Kind zeichnete und malte Jean Spessart und fiel seinen Lehrern aufgrund seines Talentes auf. Er besuchte die Westschule in Euskirchen und bildet sich anschließend auf der Kunstgewerbeschule in Köln weiter. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts erregte er mit seinen Bildern auf der Ausstellung für Handwerk und Gewerbe auf dem früheren Tivoli in Euskirchen Aufmerksamkeit. Später reiste er viel durch fremde Länder um sein Können zu erweitern. Es zog ihn aber immer wieder zurück in seine Heimatstadt, in der er zum anerkannten Heimatmaler avancierte und häufig Motive aus der Weststadt wählte.

Spessart konnte mit seinen Bildern keine finanziellen Erfolge erzielen, wurde aber von dem Euskirchener Tuchfabrikanten Toni Ruhr gefördert, in dessen Auftrag er viele Werke anfertigte. Im Krieg engagierte er sich für Rettung und Erhaltung von Kulturgut. Seine Zeichnungen und Ölgemälde befinden sich heute teilweise im Besitz der Stadt Euskirchen. In seinen letzten Lebensjahren erblindete Spessart und die Stadtverwaltung nahm sich seiner an. In der Euskirchener Innenstadt ist die zwischen Kölner und Emil-Fischer-Straße gelegene Jean Spessart-Straße nach ihm benannt.

Der folgende Link führt zu einigen Fotos meiner Sammlung, die Repros der Original-Zeichnungen von Jean Spessart sind:

20.07.2010

Emmy's StoryEin kleines Buch mit dem Titel „Emmy’s Story“ erinnert an Emmy Kaufmann verh. Golding, die nach dem Novemberpogrom 1938 mit ihrer Familie die Voreifel verlassen musste und in England eine neue Heimat fand. Vor 15 Jahren schrieb sie ihre Lebensgeschichte nieder, die nun von ihrem Sohn, Anthony (Tony) Golding, im Selbstverlag publiziert und der Mutter im Mai zum 96. Geburtstag überreicht wurde. Nur wenige Tage danach verstarb die Autorin. Da die jüdische Dame bis zu ihrem Tode einen guten Kontakt zur Bevölkerung von Kommern hatte, waren viele Dorfbewohner sehr betroffen, als sie von deren Tod am 8. Juli 2010 hörten.

Die Erlebnisse von Emmy Golding, zu der ich seit 1980 in persönlichem Kontakt stand, haben meist sehr persönlichen Charakter. Aber die Aussagen, die ihre frühere Heimat betreffen, sind durchaus von regionalhistorischen Interesse und sollen teilweise – mit Erlaubnis von Anthony Golding – auch den Lesern dieser regionalhistorischen Homepage zugänglich gemacht werden:

(English Version)  

My home

From pages 5/6

Emmy Kaufmann als Schwester in in England (1940)(...) I was born in a small village called Kommern in Germany. It is set in very lovely countryside, south-west of the city of Cologne, at the foot of the Eifel mountains. Kommern is situated in a Valley and surrounded by woodland. The inhabitants lived mostly by farming as at that time there was very little industry, although years before there had been some employment from mines. As a child, I used to climb the hills and go for walks in the woods. Sometimes, I collected fallen cones from the pine trees or we picked berries of various kinds. It was a healthy life. We were a middle-class family involved in business and we had everything we needed. Girls, when they grew up, did not go out to work. They were taught all aspects of good housekeeping and then hoped to find a husband. We did not have holidays as we know them now. Our vacations were spent staying with family. It was a very narrow outlook on life. (...)

School in Euskirchen

From pages 18-20

Lyzeum(....) The school I went to in Euskirchen, the main town of the district we lived in, was a convent school. I still remember a lot of the sisters' names. We had a male teacher for geography and one ordinary teacher for sport, a Miss Schulte. I was never allowed to learn to swim, as the child of friends of my parents had drowned. I regret to this day that I am unable to swim. I made up my mind that if I ever had a family, I would make sure my children learned to swim and I carried out this intention.

In the whole of the Lyzeum (today: Gymnasium Marienschule Euskirchen) there were only five or six Jewish girls. I had two in my class but my best friend was always Gerta Krusing, who I had met at the local school in Kommern. I enjoyed my school years and was very sorry when my parents made me leave when I was nearly sixteen in 1930. They actually wanted me to leave when I was 15 so I could help in the business but I went to a bookshop and bought the books I needed for the next year, which forced them to let me stay on. The little English I learned at the Lyzeum stood me in good stead when I came to England.(...)

Im Jahre 1939 wanderte die Familie Kaufmann nach England aus und entging somit dem Holocaust. Freundschaftliche Kontakte zu nicht vom Nazismus infiszierten Nachbarn in Kommern blieben bestehen. Weitere Auszüge aus „Emmy’s Story“ findet man beim Abruf des folgenden Links:

14.07.2010

Tod von Emmy Golding, der „Jewish Lady from Kommern“

Emmy Golding

Die älteste jüdische Zeitzeugin von Kommern (bei Mechernich), Emmy Golding geb. Kaufmann, verstarb im Alter von 96 Jahren am 8. Juli 2010 friedlich in einem Londoner Krankenhaus. Nicht nur in meinen NEWS vom 5. April 2008 , sondern auch am 10. Mai 2009 stellte ich sie meinen Lesern als jüdische Zeitzeugin vor.

Seit vielen Jahrzehnten wohnte sie in Edgware, einem Vorort von London, in der historischen Grafschaft Middlesex. Emmy (Emmi) Kaufmann verh. Golding wurde am 10. Mai 1914 in Euskirchen geboren. Ihr Vater Sigmund war Metzger und Viehhändler. Das Elternhaus in Kommern (Commern), Hauptstraße 133, ist für viele, die heute das benachbarte Freilichtmuseum und bekannte Wildgehege besuchen, eine Sehenswürdigkeit.

Emmy Golding ElternhausNach der Volksschule besuchte Emmi Kaufmann ab Ostern 1925 das Oberlyzeum der Dominikanerinnen in Euskirchen. Den Novemberpogrom 1938 erlebte sie selber nicht in Kommern, sondern bei ihren Verwandten in Sinzenich. Vgl. hierzu die Ausführungen in dem Dokumentationsband „Reichskristallnacht“. Dasselbe Buch gibt auch das wieder, was ihr Vater Sigmund und die Familie Kaufmann erleben mussten. Das genaue Originalprotokoll befindet sich in der Wiener Library von London.
Emmy Golding wohnte nicht weit entfernt von ihrer Cousine Lilly Clyne geb. Kaufmann, die aus Hostel in der Voreifel stammt und vor wenigen Wochen gesegnete 100 Jahre alt wurde. Sie wohnt noch heute in London-Willesden. Emmys Schwester, Gerda Schwarz, wurde am 9. November 1920 geboren und feierte im Jahre 1938 – wenige Stunden vor der „Reichskristallnacht“ - unbeschwert ihren Geburtstag, ehe sich einige Stunden später der Pogrom ereignete. Sie und ihre Angehörigen fanden in Boston eine neue Heimat.

Der „Jewish Lady from Kommern“, wie Emmy Golding früher in einigen Ansprachen genannt wurde, gilt unser Gedenken.

12.07.2010

„Eisenbahngeschichten“ im Jüdischen Museum Franken in Fürth

Jüdisches Museum Franken in Fürth

In den NEWS vom 11. Juli 2010 ging es um: „Alfred Baumgarten, ein aus Euskirchen stammender Jude, in der Ausstellung `Eisenbahngeschichten´ des Jüdischen Museums Franken“. In diesem Zusammenhang möchte ich ergänzend nicht nur auf das Gesamtprogramm und die Termine zum Fürther Jubiläum „175 Jahre Eisenbahn“ hinweisen, sondern auch speziell auf die o.a. Austellung im Jüdischen Museum Franken in Fürth, Königstraße 89, 90762 Fürth. Die Laufzeit ist von Mittwoch, d. 20. November 2010 bis Sonntag, d. 28. März 2011:

Unter dem Leitthema Industrialisierung, Fortschritt und die Folgen präsentiert das Jüdische Museum Franken zum 175-jährigen Eisenbahnjubiläum in einer Andockung zur Dauerausstellung „Eisenbahngeschichten“, die die unterschiedlichen Aspekte von Bahn und jüdischer Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert beleuchten. Anhand von Objekten, Dokumenten, Fotografien sowie Film- und Hörbeispielen erzählt die Ausstellung von eisenbahnbegeisterten Rabbinern, die zu den ersten Aktienkäufern der Ludwigsbahn gehörten, von Mäzenaten, die mit öffentlichen Kunstwerken die neue Technik feierten, durch finanzielle Unterstützung für die Anbindung ihrer Heimatorte an das Eisenbahnnetz Sorge trugen oder als Bankiers die Finanzierung der umstrittenen neuen Technik übernahmen. Sie berichtet aber auch von der Rettung jüdischer Kinder vor der Vernichtung durch sog. Kindertransporte nach England und Palästina in den 1930er Jahren, den Deportationen der europäischen Juden in die nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslager und den Auswandererzügen der Überlebenden der Shoa.

Ein umfangreiches Begleitprogramm aus Vorträgen, Lesungen und einem museumspädagogischen Schulprojekt mit Filmvorführung ergänzt und vertieft die Ausstellung in vielfältiger Weise.

11.07.2010

Alfred Baumgarten, ein aus Euskirchen stammender Jude, in der Ausstellung „Eisenbahngeschichten“ des Jüdischen Museums Franken

Alfred Baumgarten Die Geschichte der jüdischen Gemeinde Euskirchen und der Voreifel erinnert immer wieder an prominente Mitglieder oder zumindest an jüdische Persönlichkeiten, die hier geboren wurden. Heute möchte ich erneut auf Alfred Baumgarten (1875-1951) hinweisen, den ich bereits auf Seite 126 meines Buches JUDAICA – Juden in der Voreifel und später auf meiner regionalhistorischen Homepage vorstellte.

Nun befasst sich auch das Jüdische Museum Franken in Fürth anlässlich des 175-jährigen Eisenbahnjubiläums mit dem Euskirchener. In der Ausstellung "Eisenbahngeschichten" (20. Oktober 2010 bis 27. März 2011) soll unter anderem die Geschichte des aus Euskirchen stammenden Alfred Baumgarten und des amtlichen Kursbuchs erzählt werden.

Alfred Baumgarten war verheiratet mit Sophie Heidegger, einer Enkelin des ersten reformierten Talmudlehrers der Jüdischen Gemeinde Fürth, Isaias Heidegger (1797-1867). Sein Schwiegervater Theodor Heidegger, der spätere Bürgermeister von Metz, war Bauingenieur, beschäftigt beim Eisenbahnbau in Russland und beim Bau des Suez-Kanals. Auch diese Geschichte ist Teil der Ausstellung.

An genannter Stelle publizierte ich bereits folgenden Nachruf aus dem Fachorgan „Die Deutsche Bundesbahn“, Jg. 1952, Seite 513:

Alfred Baumgarten wurde am 14. Juni 1875 in Euskirchen geboren, studierte das Baufach an der Technischen Hochschule in Aachen, wurde 1902 Regie­rungsbaumeister in Köln und leitete dort von 1911 bis 1816 das Betriebsamt 1. Aus Anlass der großen Stockungen im Osten kam er 1916 als Direktions-Mitglied und Dezernent 33 nach Königsberg. Im Jahre 1919 wurde er in gleicher Eigenschaft nach Frank­furt und im Jahre 1920 als Dezernent 31 und Leiter der Betriebsabteilung nach Elberfeld versetzt. Hier wurde er zum 1. November 1924 zum Direktor bei der Reichsbahn ernannt.

Bald darauf wurde er als Referent für Deutschland für den Personenzugsfahrplan (Referent 20) in die Hauptverwaltung berufen und am 1. Dezember 1925 zum Reichsbahndirektor und Mitglied der Hauptverwaltung befördert. Die politischen Veränderungen des Jahres 1933setzten seinem Wirken in der Hauptverwaltung ein Ende. Nach kurzer Tätigkeit als Leiter des Berliner Verkehrsmuseums siedelte er nach London über. Seine Lebensgefährtin hatte diese Umstellung der Lebensverhältnisse nicht überstanden.

Nachdem er nach dem Zusammenbruch wieder in seine Rechte eingesetzt worden war, konnte er gelegentlich wieder nach Deutschland kommen, wo er Heilung für ein altes Leiden suchte. Hier ist er dann bei seiner Tochter am 30. April 1951 in Hamburg gestorben. Baumgarten hat mit seinen großen Erfahrungen auf dem Gebiet des Fahrplanwesens in vollem Ausmaß den ungewöhnlichen Anforderungen entsprochen, die die ersten Jahre an die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft stellten. Die von ihm veranlasste völlige Umgestaltung der Fahrplanbücher und Aushänge und die Methode ihrer Herstellung wurden vorbildlich für viele andere Bahnverwaltungen.

08.07.2010

Viehplätzchen-Viertel 3Alte Plätze und Straßen haben ihre eigene Geschichte und werden häufig in Dialekt und Mundart beschrieben. Das Euskirchener „Viehplätzchen-Viertel“ soll in den nächsten Jahren neu gestaltet werden. Das als „Bügeleisen“ bekannte, mehrstöckige Haus in der Kommerner Straße Nr. 1 sowie Anbauten des Alten Brauhauses werden demnächst abgebrochen, womit ein historischer Teil des Stadtbildes verschwindet.

Das Gebäude hat eine interessante Historie und wurde von dem Euskirchener Heimatdichter und Chronisten Theodor Nießen (1877-1967) als „Stadtvezällche“ unter der Überschrift „Em Hasebräu“(1931) verewigt.

Viehplätzchen-Viertel 1Theodor Nießen war Schmiedemeister, Dichter und Schriftsteller in Euskirchener Mundart. Besonders in den 1920er und 1930er Jahren publizierte er in der Beilage zum „Euskirchener Volksblatt“. Seine historisch relevanten Darstellungen im typischen Dialekt erschienen unter der Gesamtüberschrift „Unsere Heimat im Wandel der Zeit“ und erinnern an die Zeit vor und nach 1900. Auch heute noch gilt er aus regionalhistorischer Sicht als unerreichter Mundart-Dichter und Publizist, nach dem inzwischen auch eine Straße benannt wurde. Die Stadt Euskirchen veröffentlichte 1967 erstmals eine Sammlung seiner "Gedichte und Öskerche Verzällche". Später gab sie eine überarbeitete Sammlung seines mundartlichen Schaffens heraus. Eine Tageszeitung schrieb über Theodor Nießen im Nachruf: „Ein Mundartdichter, wie ihn Euskirchen in dieser Vollendung und Prägung kein zweites Mal gehabt hat“.

 

Em Hasebräu 1

 

Nießens „Stadtvezällche“ beschreibt das Treiben auf dem „Viehplätzchen“ und das Geschehen „Em Hasebräu“. Zur vollständigen Erzählung in Euskirchener Mundart und Weiterem führt der u.a. Link.

03.07.2010

Aus dem NS-Blatt „Schleidener Beobachter“: Maifeier 1935 und Volksschulwesen 1939 in Mechernich

 

Maifeier in Mechernich

 

Beim Durchblättern der Schleidener Lokalausgabe des „Westdeutschen Beobachters“, der nationalsozialistischen Zeitung im Reichsgau Köln-Aachen, fielen mir einige Fotos auf, die an die Maifeiern in der Region und die Volksschule von Mechernich erinnerten. Die Ausgabe vom 4. Mai 1935 zeigt die neugeschaffenen Veranstaltungen in Mechernich und Schleiden. Eine Erklärung hierzu fand ich in dem Buch „Deutsche Volkskunde auf germanischer Grundlage“ (1936) von Prof. Adam Wrede, der die Maifeier als Volksfeier im Dritten Reich“ hochstilisiert (S.107):

„Heute ist das Maifest zu neuer, hoher Ehre und Geltung gediehen. Denn im Vordergrund der großen öffentlichen Volksfeste im Reich steht seit 1933 die Maifeier des geeinten schaffenden Volkes am 1. Mai als Tag der Nation. (...) Sie ist heute gleichzeitig Ausdruck des neuerweckten und wiedererstandenen Tat- und Gemeinschaftswillens des nationalsozialistisch geeinten deutschen Volkes“.

In diesem Zusammenhang wurden auch sämtliche freiwillige Verbände der Landwirtschaft, mit dem „Reichslandbund“ an der Spitze, und die bisherigen Landwirtschaftskammern zwangsweise zusammengeschlossen. So entstand 1933/34 der „Reichsnährstand“. In meinem Online-Artikel NS-Reichsnährstand beurteilt Juden und „Arier“ im Altkreis Monschau (1935/36) hatte ich bereits einige Fotos von den Mai- und Erntedankfeiern in Euskirchen und Sinzenich publiziert. Die Reproduktion der Fotos vom 4. Mai 1935 im „Schleidener Beobachter“ erinnert somit an diesbezügliche Aktivitäten im bevölkerungsarmen „Grenzkreisgebiet“.

 

Eifelwoche im Bild

 

Die Fotos vom 22.Juli 1939 befassen sich mit dem „Neubau der Deutschen Volksschule in Mechernich und der feierlichen Einweihung“:

 „Das aus dem alten und neuen Schulgebäude harmonisch zusammengefügte Haus war, wie unser oberes Bild zeigt, reich geschmückt, und davor stand auf dem weiten Platz die Jugend angetreten. Auch die Elternschaft war zahlreich zu dem wichtigen Augenblick gekommen. Die Festansprache hielt Kreisschulrat Wimmer, der im Vordergrunde unseres zweiten Bildes vor den Ehrengästen steht, unter denen wir Kreisleiter Frangenberg, Beigeordneten Dr. Kellendonk und Schulleiter Rektor Cremer bemerken“.

Weiterführende Links zur NS-Volkskunde von Amrei Arntz (2009):

30.06.2010

Israel seit Jahrzehnten als „Sündenbock“ am Pranger

Sündenbock Israel

Am 21. Juni fand ich im „Wall Street Journal“ einen interessanten Artikel, der sich unter der Überschrift „Israel and the Surrender of the West“ mit einem seit Jahrzehnten bestehenden Vorwurf befasst: „Jüdische Aggression“. Der Verfasser Shelby Steele ist ein Senior Fellow am Hoover Institut der Stanford University und nimmt die Gaza-Flottille sowie Sachverhalte der jüngsten Vergangenheit zum Anlass, sich zur „Sündenbock-Theorie“ zu äußern. Die zeichnerische Darstellung von Martin Kozlowski unterstreicht diese Auffassung.

Autor und Zeichner vertreten die Ansicht: “One of the world's oldest stories is playing out before our eyes: The Jews are being scapegoated again”. Der amerikanische Artikel nimmt Stellung zu dem, was als “Weltmeinung” deklariert wird:

"World opinion" labors mightily to make Israel look like South Africa looked in its apartheid era—a nation beyond the moral pale. And it projects onto Israel the same sin that made apartheid South Africa so untouchable: white supremacy. Somehow "world opinion" has moved away from the old 20th century view of the Israeli-Palestinian conflict as a complicated territorial dispute between two long-suffering peoples. Today the world puts its thumb on the scale for the Palestinians by demonizing the stronger and whiter Israel as essentially a colonial power committed to the "occupation" of a beleaguered Third World people.

Obwohl sich diese Homepage hauptsächlich mit regionalhistorischen Themen befasst, ergeben sich gelegentlich Fragestellungen, die man nicht ohne Weiteres übersehen sollte.

 

Israels Aggression

 

Zumindest sollte ein historischer Vergleich 1956 – 2010 ermöglicht werden. Zeichnung und Text der einflussreichen und internationalen Zeitung „The Wall Street Journal“ erinnern mich an eine Karikatur, die sich in meinem Archiv befindet. Sie stammt aus der Schweizer Zeitung „Nebelspalter“ und erschien am 28. November 1956 zum selben Thema „Jüdische Aggression“. Laut Lexikon kann eine Karikatur mehr satirisch oder eher humoristisch ausgerichtet sein, je nachdem, ob sie ihr Opfer völlig verurteilt und lächerlich macht oder – als bloße Witzzeichnung – nur einige Mängel mit leiser Ironie kommentieren will. Bei einer Deutung von einer Karikatur geht man in folgenden Schritten vor: 1. sich informieren, 2. beschreiben, 3. erklären und 4. zusammenfassen. Wer die politische Situation seit 1956 kennt, sollte sich dieser Methodik bedienen und sich fragen, ob die aus sechs Szenen bestehende Sichtweise von 1956 eventuell als exemplarischer Transfer auf die Gegenwart übertragen werden kann.

26.06.2010

Jüdischer Volksfreund

Die Tatsache, dass im Jahre 1902 der „Verein für die jüdischen Interessen des Rheinlandes e.V.“ in Euskirchen gegründet wurde, kann vielleicht auch darüber Aufschluss geben, dass die Kreisstadt nicht nur ein jüdisches Zentrum in der Eifel und Voreifel, sondern auch – zumindest im ländlichen Teil – des Rheinlandes war. An entsprechender Stelle wurde dies bereits historisch nachgewiesen. Monatsbeilage zur damals recht bekannten Zeitschrift „Israelit“ war der „Jüdische Volksfreund“, dessen verantwortliche Redaktion der Kölner Dr. Benedict Wolf innehatte.

Unter „Nachrichten und Korrespondenzen“ publizierte der „Jüdische Volksfreund“ in seiner Juni-Ausgabe 1920 Einzelheiten über die erste Bezirksversammlung nach dem 1. Weltkrieg. Am 13. Mai 1920 hatte die Nachkriegstagung, an der 150 Männer und Frauen teilnahmen, stattgefunden. Hauptsächlich handelte es sich um jüdische Repräsentanten des gesamten Voreifel- und Eifelgebietes. Ein kleiner Rückblick erinnert an dieses Ereignis vor 90 Jahren:

Salomon HeilbergHierauf nahm der Lehrer der Synagogengemeinde Euskirchen, Herr Dr. Salomon Heilberg (geb.1871, gest1942 Tilburg/Ar.) , das Wort zu einer formvollendeten Begrüßungsrede, der wir folgende Gedanken entnehmen:

„Es zeugt unleugbar von der Gottesnatur, die im Menschen lebt und wirkt, daß er des Guten, das er geübt, des Edlen, das er vollbracht, sich zu freuen vermag. Diesem edlen Zuge folgend wollen wir den heutigen Tag festlich begehen, an dem wir alle einst von einem Geiste getragen, von einem Gefühle erfüllet, zusammentraten – zum Erreichen großer Ziele. Die Bedeutung des heutigen Tages liegt auch noch auf einer anderen Seite. Es soll nämlich an demselben die hohe Bedeutung unseres Vereins, die Heiligkeit seiner Zwecke uns immer von neuem ins rechte Licht gestellt werden, daß die Begeisterung für die Aufgaben des Vereins in uns eine lebendige wäre, selbst wenn das Leben mit seinem erkaltenden Hauche die Liebe zum Verein zu schwächen oder gar zu ertöten droht.

Denn das materielle Leben mit seinem mannigfachen dringenden Aufgaben zieht den Menschen ach so häufig vom höheren, edlen Streben ab, namentlich in Zeiten, wie die unsere, wo der Kampf um das Leben ein immer schwieriger wird, liegt die Gefahr näher denn je. Darum liegt aber auch gerade in unserer Zeit uns die heilige Verpflichtung mehr denn je ob, mit warmen Worten an die heilige Aufgabe unseres Vereins zu erinnern, zu mahnen, daß der Israelit durch die niederen Forderungen des Lebens, auch wenn sie noch so dringend an uns herantreten, sich nicht von seiner hohen Lebensaufgabe ablenken lassen dürfe. Das Bewußtsein wieder zu wecken, da wo es erloschen, um es wieder zu kräftigen, da wo es geschwächt worden, ist dieses Tages würdige Aufgabe (...).

Der vollständige Artikel im „Jüdischer Volksfreund“ vom Juni 1920 kann bei Berücksichtigung des folgenden Links gelesen werden:

20.06.2010

Glas- und Blechplatten der Fotografie von regionalhistorischem Wert

Glasdias03Neulich wurden mir etwa 200 Glasplatten und Ferrotypien der Melanotypie oder Blechfotografie überlassen. Erst jetzt identifizierte ich diese Fotos als Relikte mit einmaligem Lokalkolorit. Sie wurden offenbar in der Zeit zwischen 1890 bis etwa 1935 gemacht wurden und enthalten viele neue Motive der Stadt Euskirchen bzw. der ehemaligen Gemeinde Kommern bei Mechernich. Die Fotos, deren Negative sich auf unterschiedlich großen Glasplatten befinden, sind noch heute von hervorragender Qualität, machen aber eine zeitlich aufwändige Recherche notwendig, um die vielen Personen, zeitlichen Umstände und Gebäude zu identifizieren.

Für den Fachmann ist wahrscheinlich auch das Zubehör von Interesse, das von dem damaligen Fotografen zur Erstellung seiner Bilder notwendig war. Viele der Platten selber befinden sich in speziellen Kästchen mit der Aufschrift: Agfa-Extrarapid-Platten aus Berlin, Flavin-Platten der chemischern Fabrik J. Hauff, Sigurd-Platten der Trockenplatten-Fabrik Richard Jahr, Gelatine-Trockenplatten Jose´ der Firma Pennarz in Aachen und Mönchen-Gladbach, Hauff-Platten Ultra-Rapid aus Feuerbach sowie Eisenberger Reform, Bromsilber-Gelatine-Platten der Trockenplattenfabrik Otto Kirschten in Eisenberg/Thüringen.

Für die Regionalhistorie ist die Kombination von Archivarbeit und Fotografie sehr wichtig, weil sie eine ernsthaft betriebene Oral History ergänzt. Fotoarchive illustrieren nicht nur historische Fakten, sondern können auch auf weitere Sachverhalte hinweisen und zu persönlichen Kontakten führen. Daher hat der Regionalhistoriker in der Regel viele Kontakte zu Zeitzeugen oder deren Angehörige. Schon die Erklärung der Fotos in meist persönlichen Gesprächen kann Wesentliches zutage bringen und zu Fakten hinführen, die in Archivunterlagen nicht unbedingt zu finden sind.

Die etwa 200 Fotos zeigen Kommunionskinder in schwarzen (!) Kleidern, jüdische Familien, Gebäude, Schulklassen, Familienausflüge, bäuerliche Arbeit etc. Vielleicht ergibt sich später mal die Möglichkeit, die Bilder einem größeren Zuschauerkreis zugänglich zu machen und auf diese Weise um Auskünfte zu bitten.

 

Glasdias01   Glasdias02
15.06.2010

 Obwohl sich diese regionalhistorische Homepage nicht zu sehr auf genealogische Themen beschränken soll, möchte ich heute meinem langjährigen Mitarbeiter Leo Hoenig in New York behilflich sein, dessen Publikationen und Forschungen sich zurzeit auf die Region Friesheim (Erftstadt), Bodendorf, Sinzig, Remagen, Niederzissen, Burgbrohl und auch Bayern konzentrieren. Inzwischen liegt seine gewaltige 1.738seitige Genealogie vor, die sich ursprünglich mit seiner eigenen Familie, inzwischen aber mit westdeutschen Familien befasst, die ihre Vorfahren im heutigen Nordrhein-Westfalen und Rheinland Pfalz haben. Das Werk hat sich inzwischen als wahre Fundquelle für Ahnenforscher etabliert.

 Es handelt sich grundsätzlich um die jüdische Familie FRIESEM (später FRIEDSAM), die aus Friesheim (heute ein Teil von Erftstadt) stammt und dort schon um 1700 ansässig war. Erst ab 1808 und diesbezüglichen Verordnungen gab es endgültige Namen für Juden, so dass daher die Ahnenforschung heute erschwert ist. Etwa zur Zeit der Französischen Revolution zogen der Sohn von Andreas Friesem, nämlich Moses Andreas, und dessen Ehefrau, Clara Grau, mit den drei Kindern Regina, Andreas and Claude von Friesheim in die Nachbarschaften der Ortschaften Niederzissen und Burgbrohl im heutigen Landkreis Ahrweiler in Rheinland-Pfalz.

Folgende englischsprachige Ausführungen führen zu der berühmten Familie FRIEDSAM in New York, deren Familiengeschichte im 19. Jahrhundert mit der amerikanischen Historie zu tun hat. Die Leser meiner Homepage werden gebeten, sich mit Leo Hoenig direkt in Verbindung zu setzen, falls sie bei seiner Recherche weiterhelfen können.

Leo Hoenig stellt nun seine bisherigen Forschungsergebnisse vor, zu denen bereits Archive und Heimatforscher dankenswerterweise beigetragen haben:

An Addition for Information to Ancestors and Descendants by Leopold Hoenig
The Friedsam Family from Friesheim and Bodendorf

10.06.2010

Euskirchen und sein Künstler Konrad Schaefer: Auf den Spuren des Malers und Graphikers

Konrad Schaefer

Die Diskussion um den Bestand des Euskirchener Stadtmuseums und die regionale Kunstszene brachte einen Euskirchener Künstler und Pädagogen in Erinnerung: Konrad Schaefer. Ein Foto des Fotografen Hürten (Bad Münstereifel, Copyright 1986) zeigt den bekannten Euskirchener Künstler in seinem Atelier.

Er wurde in Euskirchen geboren und wuchs auch hier in der Voreifel auf. Sein Studium absolvierte er an den Kölner Werkschulen in den Fächern Gebrauchsgrafik und freie Malerei. Nach Abschluss des Studiums – im Jahre 1937 - drängte es den jungen Künstler zu Anwendung und Umsetzung des Er­lernten, doch er wurde, wie andere auch, durch Militär- und Kriegsdienst daran gehin­dert. Nachdem er im Dezember 1942 schwer verwundet entlassen worden war, bezog er 1943 Wohnung und Atelier in Köln. Ausgebombt kam er 1944 in seine Heimatstadt Euskirchen zurück und richtete sich – nach Heirat mit Kordula Lüssem – 1946 Wohnung und Atelier am Stadtwald ein.

In der Nachkriegszeit nahm er Zeitverträge als Bühnenbildner am Westdeutschen Grenzlandtheater in Aachen und als Grafiker beim Werbeatelier Gröb in Unkel am Rhein an. Über­regionale Anerkennung blieb nicht aus; so gelang es ihm, Preisträger bei He­raldik-Wettbe­werben - des Landes Nordrhein-Westfalen und der Stadt Oberhausen - und bei Industrie-Wettbewerben (für Industriezeichen-Entwürfe) zu werden. Außerdem machten ihn zwi­schen 1946 und 1948 zahlreiche Ausstellungen im Rheinland als Maler und Grafiker bekannt. Besonders seine einfühlsamen Eifel-Bilder fanden großes Interesse. (Vgl. „Euskirchener Panorama“, Copyright: M.Schaefer).

 

Eifelmalerei

 

Mit viel En­gagement brachte er sich bei der Zülpicher Kulturwoche ein. Diese war - in Form von Theater, Konzerten, Vorträgen und Kunstausstellungen - durch Robert Esser, den späteren Begründer des Handweberdorfes Rupperath, 1946 ins Leben gerufen und bis 1949 jährlich organisiert worden.

Draußen vielfach anerkannt, schätzte man Konrad Schaefer damals auch in seiner Heimat­stadt und beauftragte ihn somit 1948 mit dem Entwurf des Wappens des Kreises Euskirchen und 1952 mit dem Entwurf für das Wappen der Stadt Euskirchen. Es folgten Ent­würfe für viele Gemeinden und Städte im Kreis Eus­kirchen und im gesamten Rheinland. Oft gestaltete Schaefer auch gleichzeitig Siegel und Urkunden für öffentli­che Institutionen und vielfach für Kirchen­gemeinden.

Konrad Schaefer erhielt nun von In­dustriebetrieben zahlreiche Aufträge für die Gestaltung von Plaka­ten, Prospekten und Firmenzeichen, z.B. für Raiffeisen Bonn, Si­dolwerk Köln, Concordia Versicherungen Köln, für Godesia Bad Go­desberg. Für die Firma Latz („Latz Hunde­kuchen“) entwarf er Ver­packungen, später auch ein Leporello mit einem spritzig amüsanten Werbe-Co­mic. Mit entsprechender Genehmigung hatte er eine Hundefigur in Anlehnung an Walt Disneys Pluto geschaffen. Auch diese regionalhistorische Homepage fühlt sich Konrad Schäfer verpflichtet, da der Künstler im Auftrage des Euskirchener Kümpel-Verlags den Schutzumschlag für das Buch JUDAICA – Juden in der Voreifel entwarf.

In den 50er Jahren war er für Monumentalarbeiten an öffentlichen Gebäuden gefragt. 1953 gestaltete er die stadtseitige Fensterfront der Emp­fangs-/Wartehalle des wiederhergestellten Bahngebäudes. Nach dem Einbau der Fenster - im Juli 1954 – kamen die Bürger aus dem weiten Um­kreis, um diese Arbeit des Künstlers zu betrachten und zu bewundern. Die äußerst positive Resonanz brachte nun endgültig An­erkennung, aber auch etliche Folgeauf­träge für Sparkassen, Verwaltungen, Schulen u. a. öffentliche Institutionen im ganzen Rheinland.

Seit Ende der 1950er Jahre organisierte Konrad Schaefer, der durch Porträtaufträge von Botschaftern Einladungen zu Malaufenthalten in Schweden, Frankreich und Italien erhalten hatte, Kunstausstellungen, zuerst im Gymnasium Marienschule und ab 1967 auch im Foyer des Emil-Fischer-Gymnasiums in Euskirchen (bis in die 1980er Jahre). Bekanntheit und Anerkennung steigerten sich durch sein Engagement bei der Europäischen Vereinigung Bildender Künstler aus Eifel und Ardennen. Der tabellarische Lebenslauf des Malers und Grafikers Konrad Schaefer informiert zusätzlich über seine pädagogische Arbeit und seine Lehraufträge. Die Stadt Euskirchen täte gut daran, das Gesamtwerk ihres bekannten Mitbürgers bald zu sichern.

07.06.2010

test

Anlässlich meiner Recherchen zum Thema Judentum und NS-Terror war ich in der Region Worms tätig und erhielt eine Einladung zur Besichtigung der Gedenkstätte KZ Osthofen. Hier haben das NS-Dokumentationszentrum Rheinland-Pfalz und der Förderverein Projekt Osthofen e.V. seit 1991 ein Dokumentationszentrum errichtet, das auch für historisch Interessierte unserer Region in NRW wichtig sein sollte. Diese NEWS soll auf einen Online-Artikel hinweisen, in dem ich auch mit einigen Fotos an eines der ersten Konzentrationslager im Deutschen Reich hinweisen möchte. Es ist heute eine rheinland-pfälzische Gedenkstätte. Es handelt sich nicht nur um ein Museum, sondern auch um einen Ort der dauernden Dokumentation und Erforschung der NS-Zeit. Das KZ Osthofen galt für den „Volksstaat Hessen (Rheinhessen, Starkenburg, Oberhessen)“ in der Zeit 1933/34 als Beginn des beginnenden NS-Terrors und war eine vorläufige Haftanstalt der ersten Verhaftungswellen.

Alle aus politischen Gründen in Polizeihaft genommenen Personen, deren Haftzeit vorerst eine Woche oder länger dauern sollte, waren dorthin zu verbringen, ehe sie „weitergeleitet“ wurden. Besonders das bei Trier gelegene SS-Sonderlager und KZ Hinzert galt diesbezüglich als berüchtigtes „Arbeitserziehungslager“.

Ein Raum in der Gedenkstätte KZ Osthofen ist dem Roman „Das siebte Kreuz" von Anna Seghers (1900-1983) und der Biographie der Autorin gewidmet. Besonders auf dieses Buch der Weltliteratur möchte ich besonders hinweisen. Das Foto zeigt den Titelholzschnitt des Mexikaners Mendez für die erste deutschsprachige Ausgabe des Romans „Das siebte Kreuz" von Anna Seghers im Verlag El Libro Libre, Mexiko 1942.

Das 7. KreuzDas bekannteste und erfolgreichste­ Werk der Mainzerin Netty Reiling, die unter dem Pseudonym Anna Seghers zur weltberühmten Schrift­stellerin wurde, war der Roman „Das siebte Kreuz“ (1942), der in der Gedenkstätte KZ Osthofen besonders berücksichtigt wird, weil er mit diesem Lager zu tun hat. Sie schrieb es fern der Heimat im französischen Exil, angewiesen auf die Kraft ihrer Kindheitserinnerungen an die rheinhessi­sche Landschaft, die Menschen, ihre Spra­che und Mentalität und - zunehmend - auf die Berichte in Paris eintreffender deut­scher Exilanten.

Es gibt nicht viele deutsche Konzentrationslager, die in der literarischen Weltliteratur als Roman verewigt wurden. Wie der Inhalt des Buches „Das siebte Kreuz“ beweist, bezieht es sich nicht nur auf die Regionalhistorie, sondern gilt auch als stete Warnung vor jeder Form des Faschismus. Folgender Link führt zu dem vollständigen Artikel. Er ergänzt zudem die News vom 02.06.2010: „World War Museum Mannheim: Auch KZ-Insassen lebten auf dem Fliegerhorst Sandhofen!“

02.06.2010

World War Museum Mannheim: Auch KZ-Insassen lebten auf dem Fliegerhorst Sandhofen!

Fliegerhorst Sandhofen

Nicht nur die Bücher über das Kriegsende 1944/45 in der Eifel und Voreifel, sondern auch diesbezügliche NEWS auf dieser Homepage ergeben häufig ein Feedback und schaffen so neue Kontakte. So war es auch mit der NEWS vom 27. Mai 2010, in der es um den einzigen jüdischen „Riesenflugzeug – Führer“ des 1. Weltkrieges, Walter Fromm aus Düren, ging. In diesem Zusammenhang nahm Dirk Schulz mit mir Kontakt auf, der mit anderen Interessierten den Fliegerhorst Sandhofen dokumentiert und ein Zeitgeschichtliches Museum als „World War Museum Mannheim“ aufbaut. Dass auf dem Fliegerhorst Sandhofen bei Mannheim auch KZ-Insassen des SS-Sonderlagers Hinzert (Hunsrück) inhaftiert waren, war bisher fast unbekannt.

Der Fliegerhorst wurde ca. 1935 vom Reichsministerium für Luftfahrt in Auftrag gegeben und 1938 feierlich in Anwesenheit des späteren Reichsmarschalls Hermann Göring eingeweiht. Am 14. August 1944 erfolgte dann der große Angriff, welcher den Fliegerhorst Sandhofen fast völlig zerstörte. Etwa 72 B-17- Bomber der USAAF kamen gegen 12 mittags und warfen ihre Bombenlast ab. Der Wiederaufbau erfolgte durch Häftlinge des SS-Sonderlagers Hinzert, das sich als Haft-und Konzentrationslager nicht nur in der Nähe von Hinzen-Pölert bei Trier im Hunsrück befand, sondern auch auf dem Fliegerhorst Sandhofen, was bis vor einiger Zeit noch völlig unbekannt war. Dirk Schulz entdeckte diesen Sachverhalt und beschreibt ihn in seinem Buch „Fliegerhorst Sandhofen-Wald – Coleman Barracks and Airfield“. Hier findet man ein eigenes Kapitel mit vielen Berichten ehemaliger KZ-Insassen. Im März 1945 mussten dann diese Häftlinge - mit Blindgängern, die man in ganz Mannheim gesammelt hatte -, das ganze Flugfeld und einige Hallen sprengen, sodass alles für den nahenden Feind unbrauchbar wurde.

BunkerNach jahrelangen Verhandlungen wurde Dirk Schulz und seinen Mitarbeitern ein dreistöckiger Bunker im Ortsteil Sandhofen zur Verfügung gestellt, der zu einem zeitgeschichtlichen Museum Mannheims und der Ortschaften des Landkreises ausgebaut wird. Die Eröffnung soll im Winter 2010 sein. Es konzentriert sich auch auf die Darstellung des NS-Terrorsystems und die Judenverfolgung im Kreis Mannheim. Insofern ergänzt es die Dokumentation des KZ Osthofen und des SS-Sonderlager Hinzert, die in meinen NEWS und einem Artikel am 7. Juni 2010 dargestellt wird.

LINK
30.05.2010

Jüdische Musik in der ehemaligen Synagoge in Ahrweiler

Klezmerstechter

Gerne weist die regionalhistorische Homepage zur Geschichte der Juden in der Eifel und Voreifel auch auf jüdische Musik hin. Ein besonderes Konzert ist am Sonntag, dem 6. Juni 2010, in der ehemaligen Synagoge in Ahrweiler (direkt hinter dem Marktplatz) zu hören. Ab 14 Uhr werden "Klezmers Techter" in meisterlicher Perfektion zu hören sein. „Jüdische Musik“ ist die Musik des jüdischen Volkes und erstreckt sich über einen Zeitraum von rund 3000 Jahren, von der biblischen Periode über die Diaspora und die Gründung des Staates Israel bis in die Gegenwart. Sie umfasst sowohl religiöse als auch weltliche Musik. Angaben zur weltlichen jüdischen Musik finden sich unter Klezmer. Eine Gruppe, die sich als „Klezmers Techter“ auf die Musik der Juden Osteuropas spezialisiert hat, ist nun in Ahrweiler zu Gast: Sabine Döll, Dornholzhausen (Querflöte, Bass), Gabi Kaufmann, Frankfurt (Klarinetten, Saxofon) und Franka Lampe, Berlin (Akkordeon)

„Sabine Döll an unterschiedlichen Querflöten und Kontrabass, Gabriele Kaufmann an Klarinette und Bassklarinette und Franka Lampe am Akkordeon eröffnen wieder die Klangwelt der jüdischen Wandermusikanten, die schon seit Jahrhunderten in den "Shtetln" (jiddischer Begriff für Dorf, kleine Stadt) Osteuropas das Volk vornehmlich auf Festen unterhielten.
Es hieß: "Eine Hochzeit ohne Klezmer ist wie eine Beerdigung ohne Tränen" und war unabdingbar.

Im jüdische Hochzeitsritual war es nicht nur Brauch, jeden der Gäste mit einem eigenen Stück willkommen zu heißen, sondern auch, einmal die Braut zum Weinen zu bringen, um damit zu verdeutlichen, dass Glück und Traurigkeit oft sehr nahe beieinander liegen.

Und so werden neben ausgelassenen Tänzen auch traurige Doinas oder stolze Hymnen zu hören sein. Franka Lampe, Sabine Döll und Gabriele Kaufmann spielen ihre Arrangements äußerst virtuos und mit starkem expressivem Gehalt. Es ist, als ob die Instrumente lebten - sie scheinen zu flüstern, zu schreien, sich zu empören oder zu necken.

Was Sie hören werden, sucht seinesgleichen. Von traurigen Doinas über stolze Hymnen bis zu ausgelassenen Tänzen präsentiert das Programm Blue Nigun die ganze Welt der jiddischen Instrumentalmusik. Klezmers Techter sind drei Frauen und mehr als drei Instrumente. Erst hochkonzentriert, dann zu atemberaubend schnellen Passagen wechselnd, demonstrieren die drei Musikerinnen eine abwechslungsreiche Klangvielfalt, die niemanden unberührt lässt“.

27.05.2010

Jüdischer Pilot des 1. Weltkriegs und „Riesenflugzeug-Führer“ Walter Fromm aus Düren

Der RJF – Reichsbund jüdischer Frontsoldaten – publizierte 1932 in einer 2. Auflage ein Gedenkbuch, in dem er die jüdischen Gefallenen des deutsches Heeres, der deutschen Marine und der deutschen Schutztruppen (1914 -1918) auflistet. Damit konstatierte er den patriotischen Einsatz deutscher Juden im 1. Weltkrieg.

Über das Engagement jüdischer Frontsoldaten aus der Eifel und Voreifel berichtete ich selber unter der Überschrift „Dulce est pro patria mori“ im 14. Kapitel meines Buches JUDAICA – Juden in der Voreifel, Euskirchen 1983, S. 118 – 126.

FlugzeugIch wusste bisher nicht, dass aus unserer Region ein „Riesenflugzeug-Führer“ zu der speziellen Einheit gehörte, die im 1. Weltkrieg an der Entwicklung und dem Einsatz spezieller Riesenflugzeuge aktiv beteiligt war. Das Foto zeigt eine Staaken R.VI der RFA 500.

Die stets mehrmotorigen, mit einer relativ großen Besatzung operierenden Flugzeuge hatten bereits 1918 Spannweiten bis zu 50 m. Die RFA 500 und 501 hatten einen einzigen jüdischen Piloten – Karl Fromm († 1939) aus Düren. Ergänzend zu dieser Thematik konstatiert der Internet-Blog „Flieger im 1. Weltkrieg“:

Karl FrommKarl Fromm stammt aus einem jüdischen Elternhaus in Düren. Nach seiner Schulausbildung und bestandenem Abitur studierte er an einer Technischen Hochschule Ingenieurswissenschaften mit dem Abschluss der Promotion. Der Ingenieur Dr. Karl Fromm war ab dem 31. Januar 1916 bei der Riesenflugzeug-Abteilung 500 (RFA 500) und ab 3. August 1916 bei der RFA 501 ein bekannter Riesenflugzeugführer. Sein Bruder Walter war ebenfalls in den verschiedensten Fliegersparten ausgebildet, wurde aber nicht mehr an der Front eingesetzt.

Die Preußische Verlustliste Nr. 648 vom 2. Oktober 1916 erwähnt den Unfall des damaligen Flugschülers und Gefreiten Fromm. Hierauf wies mich Marton Szigeti, Leiter der Abteilung Dokumentation aerokurier, FLUG REVUE, Klassiker der Luftfahrt, hin. Aufgrund eines Artikels auf meiner Homepage, in dem ich mich mit seinem Neffen, Egon Fromm aus Euskirchen, befasst hatte – er spielt übrigens eine besondere Rolle in meinem letzten Buch ISIDORS BRIEFE - , kontaktierte mich der Journalist und bat um einen Kontakt zur Familie Fromm, die heute in den USA lebt. Felix A. Teilhaber publizierte bereits im Jahre 1924 in seinem Buch Jüdische Flieger im Weltkrieg ein Foto, das heute auch im Album der amerikanischen Familie Egon Fromm zu finden ist.

Egon Fromm erklärte auf meine Anfrage hin die Familienverhältnisse:

(English Version)

“Karl Fromm from Dueren was, indeed, my uncle, and, of course, Walter Fromm was my father. Karl was a flyer (pilot) in WW I, and my father was also in the Luftwaffe for a time, though I don't think he was a pilot. He ended his military career on the Russian front in 1918.

Karl was an engineer, and emigrated to USA in 1927, where he worked for Worthington Pump Co. in Harrison, NJ. He continued his interest in aviation, and belonged to a flying club which flew single-engine planes. The club leased landing rights from a farmer outside of Allentown, PA, from which they took off and landed. That field is today the site of the Allentown-Bethlehem-Easton International Airport.

Karl was instrumental in helping our family emigrate from Germany. He arranged for our Visa, and we lived in his apartment for the first months of our arrival in the USA in November 1938. Unfortunately, he underwent an major operation, in early 1939, and passed away, so that I personally never had a chance to know him. Incidentally, after his death, he was cremated and his ashes were strewn over the field in Allentown”.

Da zurzeit ein Buch über die Riesenflugzeuge des 1. Weltkrieges verfasst wird, sind Ergänzungen und Hinweise erwünscht z.Hd.: Marton Szigeti, FLUG REVUE, Motor Presse Stuttgart GmbH & Co. KG, Ubierstraße 83, 53173 Bonn / Germany, Tel.: +49 228 9565-123, Fax: +49 228 9565-247

26.05.2010

Aktuelle Auskunft zur Situation des Euskirchener Stadtmuseums

Euskirchen

Unter der Überschrift „Euskirchener Stadtmuseum vor dem Aus?“ thematisierte ich in meiner NEWS vom 18. Mai 2010 eine aktuelle Frage, die in einem Rundschreiben von Dr. Reinhold Weitz in die Öffentlichkeit gebracht worden war. Hier vertrat er die Interessen des Geschichtsvereins des Kreises Euskirchen e.V., dessen verdienstvoller Vorsitzender er viele Jahre lang war. Wird die Kreisstadt künftig wirklich ohne ein Stadtmuseum sein? Der Stadtanzeiger, Lokalteil Euskirchen, interpretierte am 20.05. die Darstellung folgendermaßen:

„Für das Gründerzeithaus, in dem zurzeit die Wechselausstellungen veranstaltet werden, wird dann eine andere Verwendung gesucht. So die Beschlussvorlage, über die der Rat am 27. Mai zu entscheiden hat. (...) Für Weitz kommt dieser Plan einem Todesurteil für das Museum auf der Kirchstraße gleich“.

Meine o.a. NEWS hatte ich bereits am 17. Mai in das Gästebuch der Stadt Euskirchen gesetzt. Der Erste Beigeordnete der Stadt Euskirchen, Thomas Huyeng, antwortete inzwischen in einer sehr sachlichen Form. Seine detaillierte Information – in dem Gästebuch nachzulesen -, soll hiermit auch den Lesern meiner inzwischen sehr stark frequentierten Website zugänglich gemacht werden, da die Darstellung der Stadt Euskirchen sich von gewissen Befürchtungen deutlich distanziert:

Kommentar der Verwaltung:
Sehr geehrter Herr Arntz,

„Ist Euskirchen arm an Kunst?“. Mit Sicherheit nicht und wird es auch in Zukunft nicht werden. Euskirchen hat gerade in den letzten Jahren trotz erheblicher finanzieller Probleme nicht nur die Kunst im engeren Sinne, sondern die Kultur allgemein in den Mittelpunkt der städtischen Entwicklung gestellt. Insoweit darf ich nur einige Stichworte nennen: regelmäßige und zahlreiche Kunstausstellungen und historische Ausstellungen in verschiedenen städtischen Einrichtungen, drei Museen, davon ein städtisches Museum, Kunstmeile, zahlreiche Kunstobjekte in der ganzen Stadt und in den Erftauen, Casino, Casinale, Kleinkunstpreis, Kurzfilmfestival, Schulkulturtage, Kulturnacht, Rocktage in den Erftauen usw.. Die Stadt mit ihrer Kulturpolitik, getragen von einem breiten ehernamtlichen Engagement, hat wesentlich zu dieser Entwicklung beigetragen. Eine Entwicklung, von der man noch vor mehr als zehn Jahren nicht einmal geträumt hat. Eine Entwicklung, die über die Stadtgrenzen hinaus anerkannt und beachtet wird. Nicht alles bleibt immer bestehen, vieles ist im Fluss und neues wird gewagt.

Die derzeitige Diskussion um das Stadtmuseum und auch Ihr Beitrag geben Anlass, auch vor den noch zu treffenden politischen Entscheidungen, Sachverhalte klar zu stellen, die in bekannter Weise, aus welchen Gründen auch immer, falsch oder verzerrt dargestellt werden.

Ein derzeitiges jährliches Defizit von über 18 Millionen Euro (18.000.000,00 €) zwingt die Stadt dazu, wie derzeit alle Städte in der Bundesrepublik, in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens Einsparungen, auch schmerzhafte Einsparungen, vorzunehmen. In NRW, wie in anderen Bundesländern, werden zur Zeit Bibliotheken, Theater, Museen und andere kulturelle Einrichtungen stark eingeschränkt oder geschlossen, nicht weil man der Kultur nicht mehr den Stellenwert beimisst; nein, weil eine Finanzierung auch in der Verantwortung der nachfolgenden Generationen nicht mehr möglich ist. Anders noch in Euskirchen. Wir haben das große Glück in diesen schwierigen Zeiten unsere Stadtbibliothek zu entwickeln und sogar auf deren entstehenden Architektur einzuwirken. So einzuwirken, dass in dieser neuen Stadtbibliothek nicht nur unterschiedliche Medien angeboten werden können, sondern in deren Räumlichkeiten Kultur in seinen unterschiedlichen Facetten durch Lesungen, Kleinkonzerte oder auch unterschiedliche Ausstellungen stattfinden kann. Andere Städte haben dies bereits erfolgreich vorgemacht. Warum soll dies nicht auch in Euskirchen möglich sein, es denn man will dies von Anfang an nicht! Das Stadtmuseum in seiner historischen Dimension wird überhaupt nicht in Frage gestellt. Es wird nur in der jetzigen öffentlichen Diskussion in Frage gestellt.

Die historischen Gebäude werden im Eigentum der Stadt verbleiben und auch weiterhin der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Die bestehenden historischen Ausstellungen im Dicken Turm bleiben weiter für die Öffentlichkeit bestehen. Die historisch museumspädagogischen Führungen werden weiter angeboten. Der Kirchenschatz von Sankt Martin wird weiterhin im Dicken Turm präsentiert werden, auch wenn die Gerüchteküche etwas anderes behauptet. Auch die Kulturveranstaltungen können und sollen wie in der Vergangenheit weiter im Dicken Turm stattfinden. Wenn derzeit in der öffentlichen Diskussion etwas anderes behauptet wird, geschieht dies in Unkenntnis der tatsächlichen Sachlage.

Lediglich die Ausstellungsräume der regelmäßig stattfindenden Wechselausstellungen sollen anderen städtischen Nutzungen zugeführt werden. Erhebliche Kosten können eingespart werden. Aber selbst diese Wechselausstellungen fallen für die Öffentlichkeit nicht weg. Diese Wechselausstellungen sollen zukünftig in dem neu zu erstellendem Gebäude der Stadtbibliothek stattfinden. Die Vermieterin der zukünftigen Räumlichkeiten der Stadtbibliothek räumt der Stadt sogar die Möglichkeit ein, auf die Architektur Einfluss zu nehmen, um die Wechselausstellungen besser als heute präsentieren zu können, in einem Gebäude, dass aufgrund seiner vielfältigen Funktionen von mehr Menschen besucht werden wird, als die heutigen Räumlichkeiten und auch das heutige Stadtmuseum . Ein Glücksfall für die Stadt!! So kommt die Kunst zu dem Bürger und nicht der Bürger zu der Kunst. Ein durchgängiges Prinzip wie an unserer Kunstmeile.

Das Stadtmuseum wird nicht geschlossen! Aber die Kunst, die Kultur wird ein weiteres ZuHausE erhalten! Die Stadt wird und muss sparen! Euskirchen ist nicht arm an Kunst! Euskirchen wird reicher an Kultur!

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Huyeng
Erster Beigeordneter

24.05.2010

Eifeler Juden im holländischen Lager Westerbork

Westerbork 01Wenn man das Gedenkbuches des Bundesarchivs und die Karteikarten des Lagers Westerbork durcharbeitet, ist man überrascht, wie viele jüdische Bewohner der Altkreise Schleiden und Euskirchen in der NS-Zeit nach Holland flüchteten, um dort eine vorläufig neue Heimat zu suchen. Viele Eifeler nutzten spätestens nach der sogenannten „Reichskristallnacht“ die Chance, um über die „Grüne Grenze“ nach Belgien oder in die Niederlande zu gelangen. Die Karteikarten weisen ehemalige Wohnorte wie Euskirchen, Kuchenheim, Zülpich, Flamersheim, Mechernich, Kall, Gemünd, Münstereifel oder Hellenthal auf.

Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg wurde das „Zentrale Flüchtlingslager Westerbork“ von der niederländischen Verwaltung in der Provinz Drenthe gegründet, um die große Zahl der Flüchtlinge - insbesondere von Juden aus Deutschland und Österreich - außerhalb der niederländischen Städte und Dörfer aufzufangen. Ich wies bereits in meinen NEWS vom 31. März 2010 darauf hin.

Westerbork 02Die damalige niederländische Regierung hatte, angeblich um die Freundschaft zu Deutschland zu wahren, kurz nach der „Reichskristallnacht“ am 15. Dezember 1938 die Grenzen für Flüchtlinge geschlossen und stempelte sie so zu unerwünschten Ausländern, die keinesfalls integriert werden sollten.

Die Flüchtlinge sollten in diesem Lager, dessen Errichtung bereits im Februar 1939 beschlossen wurde, zentral aufgefangen werden. Das Grundstück war ungefähr 500 Meter lang und 500 Meter breit und sollte anfangs ca. 3000 jüdische Flüchtlinge aus Deutschland, die illegal nach Holland gekommen waren, aufnehmen. Die ersten Bewohner kamen in den Herbstmonaten 1939, als sich das Lager noch im Aufbaustadium befand. Zur Zeit des deutschen Überfalls auf Holland im Mai 1940 hielten sich im Lager ungefähr 750 Flüchtlinge auf.

Dies änderte sich schlagartig mit dem Angriff der Deutschen auf die Niederlande. Soweit sie sich meldeten oder festgenommen wurden, kamen alle in die Niederlande geflohenen jüdischen Deutschen und Österreicher hierher in Haft. Insgesamt waren es im Laufe der Jahre mehr als 100.000.

Westerbork 03Erst am 1. Juli 1942 wurde aus dem Zentralen Flüchtlingslager Westerbork offiziell das „polizeiliche Judendurchgangslager Kamp Westerbork“ unter direkter deutscher Verwaltung. Josef Daniel aus Flamersheim (1894-1943) und Paula Daniel (1876-1944) aus Kuchenheim gehörten zum Beispiel zu den Insassen von Westerbork wie auch Salomon Heumann (1858-1943) aus Hellenthal. Am 15. Juni begannen die Deportationen in die Vernichtungslager. Das Durchgangslager Westerbork war der Ort, an dem von der SS fast alle Transporte zusammengestellt wurden.

Heute ist den meisten Bewohnern der Eifel und Voreifel das Lager Westerbork kein Begriff mehr. Daher möchte ich hiermit auf das Herinneringscentrum Kamp Westerbork hinweisen, das auch die Karteikarten der Inhaftierung von Anne Frank dokumentiert.

Eine besondere Gedenkstätte in Form von unzähligen kleinen Stelen erinnert an die vielen Juden im Lager von Westerbork. Am historischen Ende des Schienenstranges zum Lager enthüllte Königin Juliana 1970 das Nationale Monument Westerbork. Das Museum sowie das sich daran anschließende, etwa 3 km lange Gelände wird von Holländern – leider weniger von Deutschen – stark besucht. (Fotos: Hans-Dieter Arntz)

18.05.2010

Euskirchener Stadtmuseum vor dem Aus?

test

„Euskirchen ist arm an Kunst!“ Dies betonte am 2. November 1935 die Euskirchener Lokalausgabe einer weit verbreiteten Zeitung. 75 Jahre nach dieser Feststellung wird dieselbe Klage erneut geäußert, denn die beabsichtigte „Schließung des Stadtmuseums in seiner jetzigen Form“ wird durch die Beschlussvorlage der nächsten Ratssitzung am 27. Mai 2010 offenkundig. Die Schließung des Euskirchener Stadtmuseums wäre zu bedauern, wenn auch der Begriff „Museum“ in letzter Konsequenz nicht immer treffend ist.

Der Geschichtsvereins des Kreises Euskirchen e.V. informierte seine Mitglieder über die Absicht des Stadtrats, denn immerhin gehörte er zu den Mitinitiatoren bei der Gründung dieser kulturellen Einrichtung. Ob nun finanzielle oder didaktische Gründe für das avisierte Ende der erfolgreichen Kultureinrichtung zugrunde liegen, ist zurzeit noch nicht ganz deutlich und soll in einer Protestversammlung am 19. Mai geklärt werden. Es kann sich sicher nicht um ein definitives Desinteresse an der konkreten Regionalhistorie handeln, denn das beliebte Heimatmuseum von Groß-Vernich oder die Gründung des Dürener Stadtmuseums (2009) beweisen das Gegenteil. Das Konzept des Dürener Stadtmuseums konzentriert sich im Vergleich zu Euskirchen weniger auf Vernissagen, sondern auf „eine historische Dauerausstellung zur Dürener Stadtgeschichte und ständig wechselnde Ausstellungen zu verschiedenen Themen aus Vergangenheit und Gegenwart der Stadt Düren und des Umlandes“.

Diesbezüglich ist ein Rückblick auf das Euskirchener Stadtmuseum angebracht:

Bereits in den 1920er Jahren beabsichtigte die Stadt Euskirchen, ein „Heimatmuseum“ im historischen „Dicken Turm“ an der Kirchstraße zu institutionalisieren. Erst 1935 jedoch wurde das Projekt in Angriff genommen, dann aber bald realisiert. Es ging konkret um den Nachweis städtischer Sammlungen und Forschungen, für die der Direktor der Jungen-Oberschule (heute: Emil-Fischer-Gymnasium), Dr. Josef Franke, die organisatorische Verantwortung übernahm. Das kleine Heimatmuseum mit seinen auf die Stadt Euskirchen konzentrierten Ausstellungsstücken war besonders bei Schülern und Geschichtsfreunden sehr beliebt. Die Lokalpresse fasste die Planung und seine künftige Struktur am 2. November 1935 folgendermaßen zusammen:

„Euskirchen ist arm an Kunst. Was bisher gesammelt wurde, davon sind nur noch Reste, die im Rathaus aufbewahrt werden, viele Leihgaben, die gelegentlich der Ausstellung der Jahrtausendfeier im Jahre 1925 zusammen kamen und gute Stücke aufwiesen, zurückgefordert. Jetzt wird nach mühsamer Erstellung eines Raumes und der ungepflegten Stücke ein Dauer-Museum eingerichtet.“

(...) Prähistorische und römische Erinnerungen; die fränkische Zeit (Gefäße, Brandgräber etc.), Denkmäler christlicher Kunst (Vesperbild, Barockkreuz, Wetterhähne, Grabsteine etc.), Entwicklung und Werden des Euskirchener Stadt- und Straßenbildes, alte Stadtwinkel und alte Häuserfronten. Ebenso alte Wälle, Mauern, Türen, Türme, das Rathaus. Wir erinnern hier an die schönen Federzeichnungen und Aquarelle, in denen Kunstmaler Spessart die vielen idyllischen Winkel unserer Stadt vor dem Vergessenwerden bewahrt hat. Ferner kommen in Betracht alte Urkunden der Stadtgeschichte, aus Zünften und Familien, Sebastianusfahnen, Siegel, Münzen, etc., altes Gebrauchsgerät (Kupfer- und Messingmörser), alte Waffen. Und dann vor allem aus der neuen Zeit, die wir erlebten: Euskirchen als Garnisonstadt, im Kriege, garnisonierende Truppen und unsere Stadt in der Besatzung, die Vertreibung und Ausweisung vieler Familien, Inflation und Notgeld (...). Die Neuschöpfungen der Stadt Euskirchen: Schillerpark, Erftbrücke, den Rathaus Neu- und Erweiterungsbau etc. etc.

Die einstige Strukturierung des „Euskirchener Heimatmuseums“ (1935) war sicher nicht typisch für die nationalsozialistische Ausrichtung, sondern tatsächlich als regionalhistorische „Dauer-Ausstellung“ konzipiert.

Nach dem Kriege gab es Anregungen und Versuche zur Neubelebung. Erst in den 1990er Jahren wurde an gleicher Stelle ein didaktisch neu konzipiertes „Stadtmuseum“ für „viele Geschichts- und Kulturinteressierte zu einem Ort der Begegnung für thematisch breit gestreute Wechselausstellungen mit ihrem regionalen Bezug.“ Seit 1992 eröffneten die Verantwortlichen im Stadtmuseum 86 Ausstellungen, davon 41 Kunstausstellungen. Die Lokalausgabe der Kölnischen Rundschau vom 17. Mai 2010 gibt nun die jetzige Einstellung einheimischer Künstler zur avisierten Schließung des Euskirchener Stadtmuseums wieder. Die Euskirchener Bürger „informieren, argumentieren und protestieren“ am Mittwoch, dem 19. Mai 2010, um 19.30 im Alten Kasino (Ecke Veybach-/ Kpl.-Kellermann-Straße).

Da die Stadt Euskirchen heutzutage kulturell wirklich einer Förderung jeglicher Art bedarf –zumal sie auch nicht mehr über ein Stadttheater verfügt - , müsste nach der Schließung des Stadtmuseums die Bemerkung von 1935 wiederholt werden: „Euskirchen ist arm an Kunst!“

LINK
17.05.2010

65 Jahre nach dem Holocaust: Polnische Namenspatronin für eine Euskirchener Schule
(„LVR-Irena-Sendler-Schule“)

Sendlerowa

Wie der Pressedienst des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) am 4. Mai mitteilte, wird ab sofort die LVR-Förderschule in Euskirchen-Euenheim in „LVR-Irena-Sendler-Schule“ umbenannt. Hiermit folgte der LVR-Schulausschuss der Landschaftsversammlung Rheinland einem Antrag der Schulkonferenz.

Irena Sendler (1910-2008) half während der deutschen Besetzung Polens im Zweiten Weltkrieg, rund 2500 jüdische Kinder und Jugendliche aus dem Warschauer Ghetto zu retten. Diese brachte sie unter neuer Identität in polnischen Familien, Klöstern und Waisenhäusern unter.

„Der Name Irena Sendler steht für Zivilcourage und Humanität, beides unersetzliche Grundlagen unserer Gesellschaft im Allgemeinen und des Schullebens im Besonderen. So verstehen wir die Namensgebung einerseits als Würdigung ihrer Lebensleistung und andererseits als Ansporn nach innen und außen, ihrem Beispiel zu folgen," erläuterten die Vorsitzende des LVR-Schulausschusses, Anne Peters, und LVR-Schuldezernent Michael Mertens die Gründe für die Namensgebung.

Als Krankenschwester für Epidemienkontrolle verschaffte Sendler sich Zugang zum Warschauer Ghetto und schmuggelte zusammen mit Helfern 2500 jüdische Kinder aus dem Ghetto, um sie in polnischen Familien, Klöstern und Waisenhäusern unterzubringen. Über Kontakte innerhalb des Wohlfahrtsministeriums erhielten die Kinder falsche Papiere.

Das Bild des polnischen Fotografen Mariusz Kubik zeigt Irena Sendler (Irena Sendlerowa) am 15. Februar 2005, die als „Gerechte unter den Völkern” 1965 von Yad Vashem geehrt wurde.

WIKIPEDIA beschreibt ihre Lebensleistung und spätere Würdigung ihrer Lebensleistung:

1943 wurde Irena Sendler von der Gestapo verhaftet und zum Tode verurteilt. Unter Folter – man brach ihr beide Beine und Füße – sollte sie die Namen der geretteten Kinder preisgeben, doch sie verriet nichts. Um eine spätere Zusammenführung der Kinder mit ihren Eltern zu ermöglichen, hatte Irena Sendler verschlüsselte Namenslisten geführt und in Einmachgläsern unter einem Apfelbaum in einem Garten versteckt. Żegota konnte Irena Sendler durch Zahlung von Bestechungsgeldern freibekommen. Ein SS-Mann schlug sie auf dem Weg zu ihrer Hinrichtung nieder und ließ sie am Straßenrand liegen. Von der offiziell vollzogenen Hinrichtung erfuhr sie später über Anzeigetafeln der Besatzer. Irena Sendler änderte daraufhin ihre Identität und lebte unter falschem Namen bis zum Ende des Krieges im Untergrund.

Im Jahr 1965 wurde Irena Sendler von Yad Vashem mit dem Titel Gerechte unter den Völkern geehrt. Am 10. November 2003 erhielt sie mit dem Weißen Adler für Tapferkeit und großen Mut die höchste Auszeichnung Polens. 2007 wurde sie vom Warschauer Senat geehrt und war eine von 181 Nominierten für den Friedensnobelpreis 2007. 2009 entstand der US-amerikanische Fernsehfilm The Courageous Heart of Irena Sendler, in dem die Schauspielerin Anna Paquin die Titelrolle übernahm.

Neben dem Dr.Hugo-Oster-Platz im Stadtzentrum und der seit Jahresbeginn existierenden „Jupp-Weiss-Straße“ in Euskirchen-Flamersheim (Vgl. meine NEWS vom 05.01.2010) - zur Erinnerung an den von hier stammenden letzten Judenältesten von Bergen-Belsen - weist jetzt die neue Benennung „LVR-Irena-Sendler-Schule“ darauf hin, dass die Shoah nicht vergessen ist.

Auch in Hohenroth (Bayern) gibt es seit 2005 eine „Irena-Sendler-Schule“, die laut Aussage der Vizepräsidentin des bayerischen Landtags die „schönste Förderschule in Bayern“ ist. Auch deren Schulgemeinde fühlt sich – wie jetzt die Euskirchener LVR-Förderschule“ - ihrer Namenspatronin verbunden. Die Ideale von Irena Sendlerowa sind heute das Hohenrother Leitbild.

Die LVR-Förderschule in Euskirchen – ab jetzt „LVR-Irena-Sendler-Schule“ - unterrichtet 169 Schüler mit dem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung. Die Schule verfolgt einen ganzheitlichen Förderansatz: Pädagogen, Therapeuten und Pflegepersonal arbeiten eng zusammen und ermöglichen den Schülerinnen und Schülern eine umfassende und individuelle Förderung. Seit dem Jahr 2007 gibt es zudem eine Kooperation mit dem Berufsbildungszentrum Euskirchen, um den Absolventinnen und Absolventen den Einstieg in das Berufsleben zu erleichtern.

Die Euskirchener Förderschule wird am 20. November 2010 ein großes Namengebungsfest feiern und dieses mit einer zeitlich vorgeschalteten Projektwoche vorbereiten. Im Rahmen dieser Veranstaltungen geht die „LVR-Irena-Sendler-Schule“ mit ihrem neuen Namen in die Öffentlichkeit.

13.05.2010

Jüdischer Friedhof von Gangelt geschändet

Schändung des jüd. Friedhofs 01

Immer mehr werden neuerdings jüdische Friedhöfe geschändet. Das gilt nicht nur für Euskirchen oder andere Regionen der Voreifel, sondern auch für dörfliche Gemeinden im Eifeler Grenzgebiet. Ein diesbezügliches Beispiel ist Gangelt, eine sehr kleine Gemeinde im Kreis Heinsberg, die gerade noch zum Regierungsbezirk Köln gehört. Der Ort mit mittelalterlichem Charakter liegt somit im äußersten Westen der Bundesrepublik.

Der jüdische Friedhof liegt weit außerhalb des Ortes in einem Wäldchen am Wirtsberg in der Nähe der B 56. Der 1320 Quadratmeter große Begräbnisplatz wurde 1877 angelegt. 1971 wurden die Grabsteine von Unbekannten umgeworfen. Heute existieren noch etwa 35 zum Teil beschädigte Grabdenkmäler, die jetzt aber erneut zum Teil geschändet wurden. Mein Kollege Dieter Peters, Friedhofsbeauftragter vom Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Nordrhein, stellte mir dankenswerterweise zwei Fotos zu. Weiterhin berichtete die Aachener Zeitung am 2. Mai 2010:

Jo Gielen war es, der im Ort zufällig einen Nachfahren der ehemals in Gangelt ansässigen jüdischen Familie Leopold traf und ihn mit seinen Begleitern zum Friedhof an der Bundesstraße brachte, wo ein Teil der Leopoldschen Familie die letzte Ruhestätte hat. «Ich war erschrocken und beschämt zugleich, als ich die Verwüstung sah», so Gielen, der wohl als erster den Vandalismus entdeckte. Zwar hat Walter Leopold, Jahrgang 1943, sich an dem Anblick scheinbar nicht gestört, denn der habe, so Jo Gielen, emotional ziemlich aufgewühlt nur Augen für den Grabstein seiner Familie gehabt, der als größtes Monument der Zerstörung entgangen war.

Schändung des jüd. Friedhofs 02Zusammen mit Ortsvorsteher Gerd Schütz besichtigte Jo Gielen später den Schaden noch einmal ohne die Gäste, die zu dieser Zeit schon wieder auf dem Heimweg nach Amerika waren. «Das kann erst ein paar Tage her sein», so Gerd Schütz, als er die Bruchstellen der Grabsteine inspizierte. Schütz war es auch, der Bürgermeister Bernhard Tholen informierte und mit ihm vereinbarte, dass Mitarbeiter des Bauhofes so schnell wie möglich an die Beseitigung der Schäden gehen sollen.

11.05.2010

Todesfallanzeige

Die bekannte Bemerkung Hitlers, dass bereits in den 1930er Jahren „kein Mensch mehr über die Verfolgung und Vernichtung der Armenier während des 1. Weltkrieges“ nachdenke, ließ Befürchtungen aufkommen. So ist es nicht verwunderlich, dass ein derartiges Gedankengut in der damaligen Zeit auch in Polen offen geäußert wurde. Hier hatten viele ein ähnliches, nämlich jüdisches Feindbild.

Nach dem Tod von Pilsudki (1867-1935) glaubten die Polen, in Hitler einen Verbündeten gefunden zu haben und begannen eigenmächtig mit der Diskriminierung und Verfolgung ihrer jüdischen Mitbürger. Dass man aus der Historie offenbar nichts gelernt hat, konstatiert Dr. Wolf Murmelstein (geb. 10.05.1937) in einem Telefonat mit mir. Wörtlich resümierte der Sohn des bekannten letzten Judenältesten von Theresienstadt, Dr. Benjamin Murmelstein: „Wenn man bedenkt, dass in Osteuropa - Ungarn, Slowakei, Tschechien - heute wieder nazi-ähnliche Parteien und Gruppen ihr Unwesen treiben, könnte man verzweifeln!“ Erinnerungen an die schlimmste Zeit deutscher Geschichte werden wach!

Der in Europa allmählich wieder erwachende Faschismus hat nun Dr. Wolf Murmelstein dazu bewegt, in gut lesbarer Form die allmähliche Entwicklung des Holocaust darzustellen. Dies könnte als Erinnerung und Mahnung dienen. Er fasst seine persönliche Sichtweise des Holocaust (Shoah), mit dem er täglich – direkt oder indirekt – konfrontiert wurde, zusammen. Als Kind überlebte er den Holocaust– an der Seite seines prominenten Vaters, des letzten Judenältesten von Theresienstadt.

Aufgrund meiner kollegialen und freundschaftlichen Kontakte zu Dr. Wolf Murmelstein konnte ich es erreichen, dass dieser vor zwei Jahren einige wichtige Passagen meiner Publikationen ins Italienische übersetzte. Wesentliches habe ich auch auf meine Website gesetzt, zum Beispiel: Vita Religiosa Ebraica Nel Ghetto Di Riga. Hier geht es um das jüdisch-religiöse Leben der Kölner Juden im Ghetto von Riga.

Unter der Überschrift „Die Shoah – Wo, Wieso, Wie, Wann, Wer?“ fasst er nun in Kurzform seine diesbezüglichen Gedanken zusammen. Gerne stelle ich sie meinen Lesern mit folgendem Link zur Verfügung:

06.05.2010

Drei Auschwitz-Überlebende warnen in unserer Region vor dem Faschismus

Bewundernswert ist die Kraft derjenigen, die den Terror und den Holocaust überlebt haben und noch heute - meist hoch betagt - über ihren Daseinskampf berichten. Eindringlich warnen sie vor der Gefahr des Faschismus. Wirklich, jeder von ihnen – egal, wo er in der Zeit von 1933 bis 1945 um sein Leben bangen musste –, leistet Übermenschliches, wenn er auch jetzt noch als Zeitzeuge unermüdlich an diese Zeit erinnert und besonders die Jugend zur Vorsicht mahnt.

Zu den jüdischen Augenzeugen, die das Vernichtungslager Auschwitz überlebt haben, gehört zum Beispiel Ruth Siegler geb. Scheuer, die 1927 in Sinzenich (bei Zülpich) geboren wurde und zurzeit – in Begleitung des „Birmingham Holocaust Education Committee“ (USA) – ein Buch verfasst. Über ihre Rettung hatte ich bereits einen Beitrag auf meiner Homepage publiziert. Wie sie mir am Telefon mitteilte, spielt in der Einleitung ihre Heimat im Kreis Euskirchen eine nicht unwesentliche Rolle. Erst jetzt, mit 83 Jahren, ist sie in der Lage, über den Holocaust selber schriftlich Zeugnis abzulegen.

In meinen NEWS vom 16. September 2009 berichtete ich über einen anderen Auschwitz-Überlebenden: Pavel Stránsky, der als 88jähriger Redner Gast des Emil-Fischer-Gymnasiums in Euskirchen war und den Schülern auch für eine Diskussion zur Verfügung stand. Seit 1997 hält er Vorträge, die schwerpunktmäßig in Prag beginnen und bis zum Todesmarsch und der ersehnten Befreiung reichen. 1943 wurde in Auschwitz ein Kinderblock eröffnet, in dem Pavel Stránsky Betreuer wurde:

„Dies ist wohl einer der Hauptgründe meines Überlebens - mit meinen 22 Jahren hatte ich mich 100 Prozent einer Mission hingege­ben: diesen Kindern ihre letzten Lebenstage so schön wie möglich zu machen."

Auschwitz-Überlebende

 

Der dritte Auschwitz-Zeuge, der in der Region über seine Erlebnisse sprach und nicht müde würde, vor dem Faschismus zu warnen, war der heute 90jährige Max Kaufmann. Der jüdische Arzt gehörte zu denjenigen – meist auf die Knochen abgemagerten Männer –, die der amerikanische GI H. Miller am 16. April 1945 in der Baracke Nr. 56 des sogenannten Kleinen Lagers von Buchenwald fotografierte. Nach grauenhafter Odyssee über Westerbork und Auschwitz war er hierhin gelangt. Auf dem weltbekannten Foto ist Max Hamburger (Vierter von links auf der untersten Pritsche) nicht mehr in der Lage, sich aufzurichten – schwer lungenkrank und dem Tode näher als dem Leben.

Der KZ-Überlebender Max Hamburger berichtete eindringlich über seine Erlebnisse im Rahmen der Holocaust-Ausstellung in Stolberg.

Die drei von mir auf dieser Website vorgestellten Auschwitz-Zeugen vertreten immer wieder die Ansicht, die auch vor wenigen Tagen von Max Hamburger noch einmal eindringlich während einer Podiumsdiskussion in der Galerie der Stolberger Burg vorgetragen wurde:

„Das Leben lebenswert machen ... und das Unfassbare in Worte fassen – das ist die Pflicht der Überlebenden all denen gegenüber, die das menschenverachtende Regime der Nazis mit ihrem Leben bezahlen mussten!“

03.05.2010

Firmlinge arbeiteten auf dem jüdischen Friedhof von Nideggen-Emken

Firmlinge auf dem jüdischen Friedhof von Nideggen-Emken

Der jüdische Friedhof von Embken wurde wohl in den 1880er Jahren angelegt und auch von den in Wollersheim und Berg lebenden Juden benutzt. Er liegt oberhalb des Neffelbaches und ist von einer Hecke umgeben. 26 Grabsteine sind noch erkennbar. Von einigen Grabsteinen sind nur die Reste bzw. Sockel vorhanden. „Dies sind traurige Überreste der zahlreichen Friedhofsschändungen“, meint Elfi Pracht in ihrem Buch „Jüdisches Kulturerbe in NRW“.

Die „Mitteilungen der Pfarreiengemeinschaften Zülpich“ teilten nun am 1. Mai mit, wie interessiert die Firmlinge von Wollersheim und Embken an der jüdischen Geschichte ihrer Region interessiert sind. Ein Foto (HI) zeigt sie vor einem Epitaph, das ihnen von Dieter Peters (rechts) erklärt wird. „Tod und Auferstehung“ war eines der vielen Themen im Firmkurs, das nun unter neuen Aspekten erklärt werden sollte:

Das, was wir gerade an Ostern gefeiert haben und Mitte unseres christlichen Glaubens ist, sollte mit den Jugendlichen thematisiert werden. Die Gruppe der Firmlinge aus Wollersheim und Embken ist dieses Thema sehr praktisch angegangen.

Zusammen mit Gemeindereferentin Birgitta Beusch trafen sie sich auf dem Judenfriedhof in Embken. Gemeinsam wollten sie die Grabstätte, die sich abgelegen zwischen Embken und Wollersheim befindet, in Ordnung bringen. Herr Heinz Esser, Ortsvorsteher aus Embken, hatte das notwendige Material besorgt. Er war es auch, der mit einigen Mitarbeitern vor einiger Zeit den bis dahin verwilderten und zum Teil mutwillig zerstörten Friedhof wieder zu einer würdigen Gedenkstätte machte. Außerdem war Herr Dieter Peters extra aus Aachen angereist, um diese Aktion zu begleiten. Herr Peters ist Friedhofsbeauftragter vom Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Nordrhein. Von ihm erfuhren die Jugendlichen Interessantes über die Geschichte des Friedhofes und jüdische Bestattungsriten. Mit Wurzelbürste und Wasser wurden die Grabsteine geschrubbt. Dadurch wurden Namen, Jahresdaten, Symbole und Inschriften wieder sichtbar. Herr Peters konnte das meiste erklären und Verbindungen zum Leben der Verstorbenen herstellen. Es war mehr als nur die Grabsteine von Dreck, Moos und Flechten zu befreien. Es war eine Auseinandersetzung mit der jüdischen Vergangenheit vor Ort und Konfrontation mit dem Tod und dem Leben danach.

27.04.2010

Zum Judentum in der Stadt Frechen

Boykotttag

Seit 1988 erinnert in Frechen eine unscheinbare Gedenktafel auf einem Bachsteinsockel in der Fußgängerzone an die Kehilla und deren Synagoge in der Hauptstraße 84. In der Napoleonischen Zeit zählte sie zu den größten jüdischen Gemeinden im Raume Köln – Aachen. Ansonsten weist nur noch die hebräische Inschrift über der einstigen Eingangstür des Gebäudes auf das Jahr 1803 hin. Balken und Tür befinden sich heute im Frechener Keramik-Museum.

Umso beachtenswerter ist es, dass der Dürener Verlag Hahne & Schloemer den dritten Band der Dokumentation „Die Levys oder Die Vernichtung des Alt-Frechener Judentums“ (ISBN 978-3-927312-97-5) vorlegt. Es geht also um das einstige Frechen – das sogenannte Alt-Frechen – und weniger um die inzwischen eingemeindeten Ortschaften.

Der 1942 geborene Autor Egon Heeg erforscht seit 1967 lokale und regionale Quellen zur Geschichte des Dritten Reiches. Er bekam sogar noch Einblick in ein brisantes Material, das heute teilweise verschollen (!) ist. Ab 1989 knüpfte er zusätzlich intensive Kontakte zu einigen Überlebenden und Nachkommen der einstigen jüdischen Frechener. Ein seltenes Foto vom Boykottag (1. April 1933) in Frechen beweist, wie konkret der Autor seine 230 Seiten starke und gut bebilderte Dokumentation konzipiert hat.

Die LevysEgon Heeg belegt in diesem Buch eindringlich die aktive Rolle der örtlichen Naziführer und ihres Umfeldes hinsichtlich der Verfolgung der Frechener Juden. Er zeigt, wie sie unter polizeistaatlichem Schutz mit Gewalt die Macht in der Gemeinde an sich rissen. Hatten sie schon vor dem 3. Reich einen exzessiven Judenhass gepredigt, so verfolgten sie 1933 sofort, d.h. vorauseilend, die hiesigen Juden und waren danach immer wieder bemüht, diese Minderheit zu bedrängen. Das ist eigentlich nichts Neues, wird aber nun auch exemplarisch am Verhalten mehrerer Frechener Bürger konstatiert. Da geht es um bekannte Mitläufer der Nazis und Denunzianten sowie andererseits auch um charakterfeste Nazigegner und mutige Freunde und Helfer der Juden in Alt-Frechen.

Dem Autor des Buches „Die Levys oder Die Vernichtung des Alt-Frechener Judentums“ gelingt es, die damaligen Ereignisse lebensnah und fesselnd zu schildern - besonders durch die geschickte Verknüpfung mit der Lebensschilderung des Josef Levy, eines jüdischen Frecheners, der die Schrecken des Holocaust überlebte.

20.04.2010

Kriegsende 1945: 7teilige Serie des „Euskirchener Wochenspiegels“ von Hans-Dieter Arntz (24.02.–14.04.2010)

testFür die regionalhistorische Arbeit in der Nordeifel und im Kreis Euskirchen war die 7teilige Serie des „Euskirchener Wochenspiegels“ recht sinnvoll. Bereits in meinen NEWS vom 17.03.2010 wies ich auf die ersten Reaktionen der Leser hin, die sich auch 65 Jahre nach Kriegsende gewisser Erlebnisse erinnerten und neue Beiträge beisteuerten. Selbst Tagebücher, Fotos und sogar ein Eisernes Kreuz wurden mir dankenswerterweise zugestellt. Insofern kann konstatiert werden, dass die Dokumentationssammlung wohl weiterhin meine Bücher ergänzt:

KRIEGSENDE – Durch die Voreifel zum Rhein (2007)

Kriegsende 1944/1945 im Altkreis Schleiden (1995)

Kriegsende 1944/1945 im Altkreis Euskirchen (1994)

Kriegsende 1944/45 zwischen Ardennen und Rhein (1984)

Der Reaktion der Leser ist weiterhin zu entnehmen, dass man an militärstrategischen Darstellungen keineswegs mehr interessiert ist, sondern besonders die persönlichen Schicksale nachempfinden konnte. Dies war auch der Sinn der vielgelesenen Serie, zu der der Redakteur Wolfgang Andres am 24. Februar die Einleitung geschrieben hatte.

Im regionalhistorischen Interesse teile ich mit, dass ich gesuchte Kontakte wahrnehmen werde und weiterhin für zur Verfügung gestelltes Archivmaterial sehr dankbar bin. Folgende Artikel wurden in der Zeit vom 24. Februar bis zum 14. April 2010 publiziert. Sie sind teilweise Auszüge aus meinem Dokumentationsband KRIEGSENDE – Durch die Voreifel zum Rhein:

13.04.2010

ViehmarktZur Aufarbeitung der Vergangenheit gehört auch die Erinnerung an sprachliche Relikte, die das regionale Judentum beinhalten. Sie erinnern an das einstige Miteinander von Juden und Christen und sind von regionalhistorischem Wert. Um es kurz zu machen: Weil es in der Eifel keine Juden mehr gibt, verschwinden immer mehr die letzten sprachlichen Relikte des Judentums, und es gibt auch keine neuen Idioms mehr. Hinzu kommt die Angst, nach dem Holocaust missverstanden zu werden und versehentlich den „Wortschatz des Unmenschen“ zu benutzen.

Seit dem Ende des 2. Weltkrieges erfolgte daher keine Erweiterung einer diesbezüglichen Idiomatik. Viele Begriffe wurden verdrängt, so dass sie sogar heute oft vergessen sind. Die meisten Redewendungen im Dialekt und Platt der Eifel, die sich auf das Jüdische bezogen, können oft nur noch im Rheinischen Wörterbuch gefunden werden. Somit ist zu konstatieren: Je größer der zeitliche Abstand zum Zweiten Weltkrieg und Holocaust, desto geringer das Dialekt-Vokabular in der Eifel und Voreifel, das das regionale Judentum einbezieht! Überregional ist dasselbe festzustellen.

Das Jüdische in der Mundart retardiert und wird im Freudschen Sinne verneint. Es gibt keine sprachlichen Neuschöpfungen mehr, die Bezug auf einen jüdischen Mitbürger nehmen, da es denjenigen kaum noch gibt. Außerdem will man unter keinen Umständen missverstanden oder in die „rechte Ecke“ gestellt werden.

Dialekt und Platt der Eifel wurden jedoch im Dritten Reich um die bekannte rassistische und antisemitische Variante erweitert. Allerdings sollte man heute berücksichtigen, dass die nationalsozialistische Presse bewusst provokant war und die Mundart hierfür manipulierte und missbrauchte. Nicht jeder Eifelbauer schöpfte aus dem sprachlichen Repertoire des „Westdeutschen Beobachters“.

EifelbauerAm 7. Mai 1935 hieß es da im Lokalteil Schleiden: „ Ne Stohl, wo ne Jödd drob jeseyße hät, stenkt noch vierzehn Daag, wenn du e net met schwazzer Seyf avschrubbs“ (Ein Stuhl, auf dem ein Jude gesessen hat, stinkt noch nach vierzehn Tagen, wenn du ihn nicht mit schwarzer Seife reinigst). Ein weiteres Beispiel : „Wenn ne Jödd dir de Hangk jett, beß de ald betrouge.“ (Wenn ein Jude dir die Hand gibt, bist du schon betrogen). Dieselbe Thematik gab es auch in Reimform: „Kött ne Jödd en deng Huus,dann flügh dr Fredde met dem Jeld erus“ (Kommt ein Jude in dein Haus, fliegt der Friede mit dem Geld heraus).

Folgender Link führt zu einem sehr detaillierten Artikel mit vielen sprachlichen Beispielen. Diese erinnern an die einstige Existenz des Judentums im Raum Bonn – Köln – Aachen – Trier. Mein Beitrag soll soziolinguistisch die „jüngste Vergangenheit“ aufarbeiten - durch die Erinnerung an sprachliche Relikte.

06.04.2010

Shmuel Sam Emanuel

Das jüdisch-religiöse Magazin HaMaayan (Israel) publizierte in der April-Ausgabe 2010, S. 73-75, die verdienstvolle Hebrew-Übersetzung des inzwischen bekannt gewordenen Textes von Josef Weiss, dem letzten Judenältesten von Bergen-Belsen: „Seder 1945“. Der deutsche Text wurde erstmals 1983 in meinem Buch JUDAICA und nun noch einmal in meinen NEWS vom 30. März 2010 online publiziert.

Der in Israel lebende Schriftsteller Shmuel Emanuel hatte sich der Mühe unterzogen, den Text in Hebrew zu übersetzen. Gleichzeitig ergänzte er seine Einleitung mit der Erinnerung an seinen Bruder Jona Emanuel, der dasselbe Seder-Fest im dantesken Bergen-Belsen 1945 erlebte. Shmuel Emanuel war ebenfalls mit „Jupp“ Weiss in diesem Hungerlager und lobt in dem folgenden Beitrag die philanthropische Handlung des letzten Judenältesten im Star Camp.


 

Israel flag (Hebrew Version)

Hebrew

 

Der folgende Link führt zu der vollständigen Hebrew-Übersetzung des Artikels von Josef Weiss: „Seder 1945“. Shmuel Emanuel publizierte ihn rechtzeitig zum Seder-und Pessachfest.

03.04.2010

Shalom (Wolfgang) Weiss, der Sohn von Josef Weiss, verstorben

test

Mit Erschütterung erfuhren die Freunde der jüdischen Familie Weiss, dass am Samstag, dem 27. März 2010, Wolfgang (Shalom) Weiss, der älteste Sohn des letzten Judenältesten von Bergen-Belsen, nach langer Krankheit in Jerusalem verstorben ist. Die Beerdigung fand am Tage darauf im Kibbutz "Ma'ale Hachamisha" (auf dem Weg nach Jerusalem) statt. Shalom, der mir intensiv bei der Erstellung eines Buches über seinen Vater „Jupp“ Weiss behilflich war, schlief friedlich zwei Tage vor seinem 86. Geburtstag im Kreise seiner Angehörigen ein. Er hinterlässt seine Frau Joke und die beiden Töchter Orna und Tally, denen unser Beileid gilt.

Shalom hatte seinen jüdischen Vornamen nach dem Holocaust in Palästina angenommen. Während seine Eltern, Erna und Josef Weiss sowie sein bereits vor 22 Jahren verstorbener jüngerer Bruder Klaus-Albert (Aharon) Bergen-Belsen und die Shoa überleben konnten, wurde er während dieser Zeit von hilfsbereiten Holländern versteckt. In einem meiner Online-Artikel auf dieser regionalhistorischen Homepage berichtete ich kurz von unserer Begegnung in Jerusalem. Shalom war ein Mensch, den ich nie vergessen werde.

31.03.2010

Gedenkfeier in Westerbork (einst Lager auch für Eifler Juden)

Westerbork Uitnodiging

Am 12. April 1945 wurde das niederländische „Durchgangslager“ Westerbork von kanadischen Soldaten befreit. Zur Erinnerung an dieses Ereignis gestaltet das „Herinnerungscentrum Kamp Westerbork“ am 12.04.2010 eine Gedenkfeier, an der nicht nur viele jüdische Gäste erwartet werden. Auch für die einst in den Altkreisen Euskirchen und Schleiden beheimateten Juden war Westerbork der erste Meilenstein zum Holocaust. Nicht wenige von ihnen waren in das benachbarte Holland geflüchtet und wurden später hier zuerst interniert und dann meist nach Auschwitz und ab 1944 nach Bergen-Belsen deportiert. Zu ihnen gehörte auch Anne Frank. Bei der Befreiung waren noch zirka 900 jüdische Häftlinge im Lager.

Kamp WesterborkKurz vor dem Zweiten Weltkrieg wurde das „Zentrale Flüchtlingslager Westerbork“ von der niederländischen Verwaltung in der Provinz Drenthe gegründet, um die große Zahl der Flüchtlinge - insbesondere von Juden aus Deutschland und Österreich - außerhalb der niederländischen Städte und Dörfer aufzufangen. Die damalige niederländische Regierung hatte, angeblich um die Freundschaft zu Deutschland zu bewahren, kurz nach der „Reichskristallnacht“ am 15. Dezember 1938 die Grenzen für Flüchtlinge geschlossen und stempelte sie so zu unerwünschten Ausländern, die keinesfalls integriert werden sollten. Die Flüchtlinge sollten in einem Lager, dessen Errichtung im Februar 1939 beschlossen wurde, zentral aufgefangen werden.

Plakat Autorenlesung ISIDORS BRIEFESchlomo Samson, ein guter Bekannter des aus Flamersheim stammenden Jupp Weiss, erinnert sich an das Lager Westerbork und schrieb:

Am 15. Juli 1942 in den frühen Morgenstunden kam in Hooghalen ein Zug aus Amsterdam mit 800 Personen an. Diese Leute befolgten den Aufruf der "Zen­tralstelle" und kamen "freiwillig", um sich am Arbeitseinsatz in Deutschland zu beteiligen, 800 Männer, Frauen und Kinder. Der Aufruf war in der holländischen Sprache verfasst. Von Hooghalen wurden die Leute nach Westerbork gebracht. Fast alle mussten zu Fuß gehen, nur die Behinderten wurden mit Lastautos transportiert. Es war jedoch nur das einzige Ziel dieses sehr kurzen Aufenthaltes in Westerbork, die Juden in den großen Saal zur Registrierung zu bringen, in deren Rahmen die Leute jeglichen Besitz - Wohnungsschlüssel, Bankkonten, Wertpapiere us.w. - abliefern mussten. Sie waren die Ersten, deren Namen in der Zentralkartothek als "abgereist" verzeichnet wurden. Diese Kartothek wurde über zwei Jahre, bis zum 3.September 1944, als der letzte Zug nach Auschwitz fuhr, benutzt. Über 100.000 Personen, die in 90 Zügen nach dem "Osten" deportiert wurden, waren diesem S.S.-Ritual unterworfen.

Sofort nach dem Verlassen des Registratursaales wurden alle wieder nach Hooghalen gebracht und in einem Güterzug mit geschlossenen Viehwaggons nach dem "Osten"deportiert.

Wir wissen nicht wie viele "Freiwillige" die S.S. in der Nacht zwischen dem 14. und 15. Juli erwartete, aber sie waren darauf vorbereitet, dass die gewünschte Zahl nicht erreicht würde. Es war klar: im Zug von Amsterdam nach Westerbork fehlten viele Leute, aber der Zug nach dem Osten wird planmäßig besetzt sein. Den 800 aus Amsterdam gekommenen Leuten wur­den 350 Personen, die am Vortage in Westerbork registriert wurden, hin­zugefügt. Ein verhängnisvoller Tag für die jüdische Gemeinde in Westerbork, - nicht der einzige! (...)

30.03.2010

Seder 1945: Erinnerung an ein Ereignis in Bergen-Belsen

Massengrab

Bergen-Belsen nach der
Einnahme durch die
Engländer (Foto: Imperial
War Museum, London) 

Das Pessach-Fest ist eines der höchsten Gedenkfeste Israels und fällt häufig auf den gleichen Termin wie das christliche Osterfest. Das siebentägige Fest erinnert jährlich an die Geschichte der Juden und deren Auszug aus Ägypten. Es beginnt mit der häuslichen Feier des Sederabends des 14. Nisan nach einem bestimmten Ritual und dauert bis zum 22. Nisan. Im Jahre 2010 wird Pessach vom 30. März bis 6. April gefeiert.

Der aus Flamersheim - heute ein Stadtteil von Euskirchen - stammende Joseph („Jupp“) Weiss (16.5.1893-12.9.1976) verfasste den Artikel „Seder 1945 im Kinderhaus von Bergen-Belsen“ wenige Monate nach der Befreiung. Als Judenältester von Bergen-Belsen hatte er das danteske Purgatorium miterleben müssen. Umso größer ist der Kontrast zu dieser Sederfeier im Kinderhaus, die ich erstmals 1983 in meinem Buch „JUDAICA – Juden in der Voreifel“ (S. 441/442) in deutscher Sprache veröffentlichen konnte. Übersetzungen liegen seitdem bereits in mehreren Sprachen vor. Eine neue Hebrew-Übersetzung von Shmuel Emanuel wird in einigen Tagen auf meiner Homepage erscheinen.

Es ist eigentlich gar nicht vorstellbar, dass eine jüdische Sederfeier inmitten des Infernos von Bergen-Belsen abgehalten werden konnte. Während Tausende von Toten unbeerdigt in diesem Konzentrationslager lagen und die Überlebenden jederzeit den Tod vor Augen haben mussten, saßen etwa 30 meist elternlose Kinder mit einem Flamersheimer Juden zusammen und richteten sich trotz der großen Not nach den vorgeschriebenen Regeln ihrer Religion.

 

„SEDERABEND 1945 IM KZ BERGEN-BELSEN"

von Joseph Weiss

„Du mußt heute abend in allen Baracken sprechen", sagte meine Frau bei der Morgenbegrüßung in ihrer Baracke zu mir. -„Was soll ich aber sagen?" antwortete ich. „80 % aller Personen sind krank - Fleckfieber, Erschöpfung! Wir haben Quarantäne, kaum Brot - seit 10 Tagen wird höchstens ein Fünftel unserer uns zustehenden Ration geliefert. Butter und Brotaufstrich kennen wir nicht mehr. Du weißt, ich habe jeden Jomtov gesprochen. Wir haben in den Baracken kleine Zusammenkünfte veranstaltet. Denke an unsere Kinderfeiern von Chanukka und Purim, die für jung und alt erhebend waren. Oder erinnere Dich daran, daß am ersten Chanukka-Abend in allen Baracken, im Krankenhaus in allen Sälen, im Alters- wie im Kinderheim um dieselbe Zeit Lichter angesteckt wurden. Diese Handlung war keine Domäne der Orthodoxie. Juden aller Richtungen beteiligten sich hier - eine nicht zu unterschätzende Leistung in einem der berüchtigsten KZs Deutschlands. Ein Zeichen von Kraft und Lebenswillen von Juden, die 45 Nationen angehören, in menschenunwürdiger Weise in Baracken zusammengepreßt sind!

Aber heute sprechen, wo man sagen müßte: ,Jeder, der komme, der esse mit mir!'- Nein, Mami, das ist zu schwer für mich Ich bin auch nur ein Mensch, und wir haben keine Vorräte mehr, um selbst den Kranken und Erschöpften etwas extra geben zu können. Und neue Zufuhr kommt nicht mehr, und wenn ich rede, muß ich das alles sagen."

„Gerade darum mußt Du reden; der von Dir selbst zitierte Satz aus der Haggada muß der Leitfaden Deiner Ansprache sein." So antwortete meine Frau in ihrer wie immer ruhigen und überzeugenden Art.

Wir hatten selbst eine Einladung, den Seder im Kinderheim mitzufeiern. Ich besuchte abends alle Baracken unserer Gruppe (das KZ Bergen-Belsen bestand aus neun verschiedenen Gruppen, die durch Stacheldraht voneinander getrennt waren) und sagte - kurz geschildert - etwa folgendes:

„Es ist zwar paradox, den Satz aus der Haggada zu zitieren: Jeder, der komme, der esse mit uns!', denn hier ist das Gegenteil der Fall. Alle haben wir Hunger. Wir von der Leitung können Euch nichts mehr besorgen. Es sieht mit unserer Ernährung trostlos aus. Ich kann Euch kein Brot geben, nur mit Worten kann ich Euch Mut zusprechen. Haltet die letzten fünf Minuten aus, es sind die letzten. Wenn wir auch keine Zeitung lesen und kein Radio hören, wir fühlen es!! Wir gehören zu den wenigen europäischen Juden, die dieses Völkermorden vielleicht überdauern werden. Wir müssen durchhalten, weil wir an der Renaissance unseres jüdischen Volkes mitbauen müssen. Wir haben viele Völker untergehen sehen. Selbst nach diesem Kriege wird für uns, die wir persönlich so viele Opfer gegeben haben, auch die Sonne wieder scheinen." Ich hatte etwas Angst, ihnen dieses heute abend zu sagen, aber als ich beim Betreten dieser Baracke sowie aller anderen Baracken sah, daß auf den wenigen zur Verfügung stehenden Tischen, auf den Betten, in den Gängen, Kerzen brannten und überall in kleinen Gruppen Seder gegeben wurde, da fiel mir das Reden leicht, denn hieraus konnte ich entnehmen, daß sie innerlich so dachten wie ich. Ein kräftiges „Omein" bei den Aschkenasim und „Amen" bei den Sephardim war stets die Antwort der Zuhörer am Schluß meiner Ansprache.

Nachdem ich zehnmal gesprochen hatte, kam ich ins Kinderheim, wo man mit dem Beginn des Seder auf mich gewartet hatte. Hier war ich über alles überrascht, und es erfüllt mich heute beim Niederschreiben dieser Zeilen noch mit Stolz, was hier jüdische Menschen trotz aller Erniedrigungen und Leiden jüdischen Kindern boten:

Ein herrlich gedeckter Tisch, Sitzplätze, nach zwei Seiten Bänke, nach zwei Seiten die unteren der dreistöckigen Betten. Einige Familien waren zu Gast, u. a. die Witwe eines vor wenigen Tagen verstorbenen holländischen Oberrabbiners und die Kinder des anderen holländischen Oberrabbiner-Ehepaares, die um dieselbe Zeit an Hungerödemen gestorben waren. Diese so 30 Kinder saßen in den „besten" Lagerkleidern strahlend um den Tisch. Vater Birnbaum gab den Seder in traditioneller Weise mit allen Erklärungen und Beantwortungen aller Fragen der Kinder. Die Sederschüssel war vorschriftsmäßig, wenn auch Ersatz.

Nach dem ersten Teil gab es Essen, einfach herrlich, verschiedene Gerichte. Die Kinder und die Erwachsenen strahlten. Es waren Kunstwerke von Mutter Birnbaum, die mit ihren Töchtern für das leibliche Wohl der Gäste sorgte. Der Wein war ebenfalls prima, wenn auch Ersatz.

Wir haben 15 Monate als Hauptnahrung in Bergen-Belsen Kohl und andere Rüben gegessen; aber nur einmal habe ich den Wert der Rüben anerkannt, das war an diesem Abend. Denn der Inhalt der Sederschüssel, das Essen und der Wein (sprich: Saft) waren zu 90 % Produkte von Rüben, durch die Künstlerhände von Mutter Birnbaum für obige Zwecke geformt.

Der zweite Teil des Seder war ebenso feierlich wie der erste. Die Gesänge wurden von den Kindern bestritten. Ich habe sie nie schöner gehört als von diesen Kinderstimmen. Zum Schluß sangen wir gemeinsam: „Leschana Haba'ah Biruschalaim".

Ergriffen verließen wir das Kinderheim, um in die 'Wirklichkeit' zurückzukehren. Ich begleitete meine Frau und unseren Sohn in ihre Baracken. Dann begab ich mich ins Büro, um mit meinen Mitarbeitern die gewohnte tägliche Namensliste der Verstorbenen im gesamten KZ zu machen. Es waren heute 596, davon etwa 500 Juden."

28.03.2010

Viele Vokabeln in Israel haben deutschsprachige Wurzeln. Wer weiß schon, dass zum Beispiel das „at“-Zeichen (@) im modernen Hebrew „Strudel“ heißt?

Haaretz.comUnter der Überschrift How German built the Hebrew language publizierte die israelische Zeitung HAARETZ einen interessanten Artikel in englischer Sprache, der sich mit der Umgangsidiomatik der Hebrew-Sprache befasst. Ergo: Viele israelische Redewendungen basieren nicht nur auf dem jahrhundertealten Jiddisch, sondern auch auf der deutschen Sprache des ehemaligen Heimatlandes. Der Artikel „Words migrated from German into Modern Hebrew” könnte bereits einigen Genealogen inzwischen bekannt sein, da er auch am 18. Februar 2010 im bekannten GERSIG the Jewishgen Bulletin publiziert wurde.

(English Version)

(...)When an Israeli gets out of bed on a dark morning, she will flick on a light Schalter (switch in English) and wash down a Biss (bite) of toast with a Schluck (sip) of coffee - all Hebrew words that stem from the German language.

An Israeli who works on a building site may use a Spachtel (German for trowel) or will cover an exterior with Spritz (plaster, literal meaning spray). An Israeli construction worker will use German words such as Isolierband (duct tape), Beton (concrete), Gummi (rubber), Dibel (from the German word Dübel for dowel), Leiste (ledge) and Schieber (slide). Many technical terms in Hebrew such as Schnurgerist and Stichmass, however, are not familiar to the majority of native German speakers.(...)

Folgender Link führt zu dem vollständigen Artikel „How German built the Hebrew language“, den die israelische Zeitung HAARETZ im Februar 2010 publizierte. Weiterhin erfährt man weitere Details über die deutschen Wurzeln der modernen Hebrew-Sprache, über Jiddisch und über die manchmal belächelten „Jeckes“.

25.03.2010

Geschichtsverein Erftstadt: Kriegsende 1945

Geschichtsverein Erftstadt 01Der Geschichtsverein Erftstadt e.V. besteht seit Herbst 2002. Seine Veranstaltungen stehen jedes Jahr unter einem besonderen Rahmenthema. Der Veranstaltungskalender begründet das diesjährige Schwerpunktthema: „Der Zweite Weltkrieg im Gebiet der Stadt Erftstadt":

Im Gegensatz zu der benachbarten Großstadt Köln war das Gebiet der Erftstadt nicht unmittelbares Ziel der großen Bombenangriffe, wenngleich es durch die dauernden Alarme, durch die Angriffe auf Köln und auf die Braunkohlenindustrie sowie durch Flugzeugabstürze mit betroffen war. Eine wichtige Rolle spielte es indessen in der Schlussphase des Krieges, als es im Rahmen des Vormarsches auf den Rhein und der Eroberung Kölns Aufmarschgebiet für die alliierten Truppen wurde und die deutsche Wehrmacht sich in letzten Anstrengungen dem Vormarsch entgegen stellte.

Geschichtsverein Erftstadt 02Der Geschichtsverein Erftstadt, unter Leitung von Prof. Dr. Horst Matzerath – einst Leiter des NS-Dokumentationszentrums in Köln – hat sich auch für dieses Jahr ein interessantes Programm erstellt. Die Themen konzentrieren sich u.a. auf die Schlacht am Hürtgenwald und Westwall sowie auf die nähere Heimat. Auch ein Besuch des Rheinischen Bildarchivs ist vorgesehen, da es sich mit dem Gedenken an die NS-Zeit im Rheinland befasst und fotografisch die NS-Zeit, insbesondere auch die Kriegsopfer, für den Rhein-Erft-Kreis dokumentiert.

Mein Vortrag am 11. März, der in das Gesamtthema einleiten sollte, stand unter dem Motto „KRIEGSENDE – Durch die Voreifel zum Rhein“ und stellte den amerikanischen Vormarsch bis zur Brücke von Remagen dar. Am 8. Juli wird Albert Esser exemplarisch auf das Ende des Zweiten Weltkrieges in Blessem eingehen. Er ist ist Verfasser zahlreicher Veröffentlichungen zur Geschichte Erftstadts und speziell Blessems.

,22.03.2010

Weilerswister Gesamtschüler lesen Holocaust-Briefe

Plakat Autorenlesung ISIDORS BRIEFEErneut bewiesen die Schüler der Gesamtschule Weilerswist, dass sie sich mit der Aufarbeitung der „jüngsten Vergangenheit“ befassen. Aktiv nahmen sie an der Autorenlesung ISIDORS BRIEFE teil und lasen aus den Briefen eines Euskirchener Juden.

Schon in den letzten Jahren bewiesen die Weilerswister Gesamtschüler ihr diesbezügliches Engagement. Nachdem die Schule die pädagogisch wertvollen Leitgedanken der sogenannten Agenda 21 als Entwicklungsvorhaben in das Schulprogramm aufgenommen hatte, arbeiteten seit Ende 2005 das Lehrerkollegium und die Schülerschaft in vielen Unterrichtsreihen zielgerichtet – und schließlich erfolgreich (März 2008) - auf die Erlangung des Zertifikats „Agenda-Schule 21“ hin. Da gab es u.a. eine „AG Spurensuche“, sie sich mit der nationalsozialistischen Vergangenheit in Weilerswist auseinandersetzte. Es folgten: intensive Zeugenbefragung im Rahmen der „Aktionswoche gegen Rassismus“, Arbeitskreis Stolpersteine, Ausstellung zum Thema „Reichskristallnacht“, Mitarbeit am Buch „Vergangenheit unvergessen“.

Einen Höhepunkt der Arbeit zum Thema „Erziehung nach Auschwitz" stellt die 2008 im Beisein von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und Schulministerin Barbara Sommer in Israel übergebene Urkunde der deutsch-israelischen Schulpartnerschaft mit der Max-Rayne-Hand-in-Hand-School in Jerusalem dar. Deutsch-israelische Besuche folgten. Insgesamt dürfte die Gesamtschule Weilerswist bisher die erfolgreichste Schule im Kreises Euskirchen sein, die sich mit der Geschichte unserer ehemaligen jüdischen Mitbürger befasst hat.Autorenlesung ISIDORS BRIEFE

Die Autorenlesung von Hans-Dieter Arntz gemeinsam mit den Schülern wurde von der Volkshochschule des Kreises Euskirchen, dem Heimat- und Geschichtsverein der Gemeinde Weilerswist und von der Gesamtschule veranstaltet.

Passagen aus den bewegenden Briefen des jüdischen Isidor Mayer (1877-1943) wurden von Schülern der Klassen 10 und 11, die von ihrem Geschichtslehrer Stefan Strack auf den Inhalt vorbereitet worden waren, vorgelesen. Schulleiterin Susanne Daams-Steinert konnte auch Joachim Donsbach (Vorstandsmitglied des Geschichtsvereins) und Gertrud Saedler (Kreis-VHS) begrüßen.

19.03.2010

Autorenlesung – ISIDORS BRIEFE:
Gemeinschaftsveranstaltung der VHS Kreis Euskirchen, des Heimat- und Geschichtsvereins der Gemeinde Weilerswist e.V. und der Gesamtschule Weilerswist


Autorenlesung – ISIDORS BRIEFE

17.03.2010

Kriegsende 1945 im Altkreis Euskirchen (Hinweis auf eine 6-teilige Serie im Euskirchener Wochenspiegel)

6-teilige Serie im Euskirchener Wochenspiegel

Wenn die vielen Telefonate und E-mails als Maßstab dienen würden, dann scheint meine Zeitungsserie „Kriegsende 1945“ im Euskirchener Wochenspiegel eine gute Resonanz zu haben. Seit dem 24. Februar werden hier meist persönliche Erlebnisse publiziert, die sich mit dem Geschehen im März 1945 befassen. Bis Mitte April stehen diesbezüglich jeden Mittwoch folgende Regionen im Vordergrund: die Kreisstadt Euskirchen, Niederelvenich (Zülpich), Kommern (Mechernich), Iversheim (Bad Münstereifel) und Lommersum sowie Weilerswist. Zum Gesamtthema Kriegsende 1944/45 sind folgende Dokumentationsbände aus meiner Feder erschienen:

 

KRIEGSENDE – Durch die Voreifel zum Rhein (2007)

Kriegsende 1944/1945 im Altkreis Schleiden (1995)

Kriegsende 1944/1945 im Altkreis Euskirchen (1994)

Kriegsende 1944/45 zwischen Ardennen und Rhein (1984)

 

Interessant sind die neuen Fotos sowie die vielen Ergänzungen, die mir durch zahlreiche WOCHENSPIEGEL-Leser zugestellt werden. In diesem Zusammenhang gibt es zum Beispiel - aus unterschiedlicher Sicht - zwei neue Berichte über die letzten Kriegshandlungen in Roitzheim. Auf der einen Seite erinnert sich eine damals 14jährige Schülerin Ria Schm. geb. K., die an der Kirche gewohnt und die dort verschanzten Amerikaner beobachtet hatte. Auf der anderen Seite meldete sich Dr. Holger E. aus Kaufungen in Nordhessen, dessen Vater zu der Gruppe des deutschen Fallschirmjägerregiments 5 gehörte, das sich an der kleinen Brücke von Roitzheim festgesetzt hatte und den Vormarsch der Panzer für einen halben Tag aufhielt. Dr. Holger E. teilte mir u.a. mit:

Bei der bei Roitzheim liegenden Einheit dürfte es sich um die 14. Kompanie (Panzerjäger) unter Hauptmann (...), der seinen Soldaten Eiserne Kreuze versprach, gehandelt haben. Zu dieser Einheit gehörte mein Vater. Eine besonders einprägsame Episode war das Durchwaten der winterlichen Erft und die Drohung durch den Kommandeur (...), meinen Vater und seine Kameraden zu erschießen, wenn sie den Fluss nicht erneut durchqueren würden, um Verwundete zu bergen. Die Gefangennahme am 5. März 1945 dürfte durch die I-Kompanie des 3. Bataillons/310th Infantry Regiment der 78. Infantry Division der US-Army erfolgt sein.

15.03.2010

Lyrik als Möglichkeit, das Vergessen des unsäglich Geschehenen zu verhindern! (Rezitation beim Stolberger Holocaust-Zyklus)

Gemälde von Rafael Ramírez MároMit einer feierlichen Finissage wurde die beeindruckende Gemäldeausstellung des deutsch-peruanischen Künstlers Rafael Ramírez Máro auf der Stolberger Burg beendet. Als Beitrag zum „Holocaust-Gedenktag“ stellte ich bereits am 27. Januar 2010 seinen Holocaust-Zyklus „Bilder gegen das Vergessen!“ auf meiner Homepage vor.

Vier Wochen lang – vom 7. Februar bis zum 7. März - waren in der Burg-Galerie im Rahmen der ARTIBUS-Kunstausstellungs-Reihe seine großformatigen Ölgemälde des noch nicht abgeschlossenen Holocaust-Zyklus zu sehen. Veranstalter waren das Kulturamt der Stadt Stolberg, das Kulturmanagement Max Krieger und Christa Oedekoven (Steinweg-Galerie Stolberg), die Organisatorin der Ausstellung.

Manfred BohnIm Zentrum der Abschlussveranstaltung stand die Lesung von Manfred Bohn, der in Bergheim seit längerer Zeit als Lyrikrezitator den Menschen relevante gesellschaftliche Themen - wie zum Beispiel die Judenvernichtung - mahnend vor Augen hält. In der Stollberger Finissage rezitierte er aus den verschiedenen Werken von Schriftstellern, die allesamt unter der Hitlerdiktatur geächtet und verfolgt wurden. So trug Manfred Bohn kurze Gedichte von Else Lasker-Schüler vor: Liebesflug – Von weit – Ich liebe Dich –Abschied. Auch die Gedichte von Rosa Ausländer „Neue Ewigkeit“, „Liebe II“ und „Phasen“ passten gut zu den „Bildern gegen das Vergessen“.

Als Höhepunkt könnten die beiden eigenen Gedichte, „Der Tod in der Kammer“ und „Einsamkeit Baracke 8“ bezeichnet werden, die Bohn erst wenige Tage zuvor unter dem Eindruck des Besuchs der Ausstellungsvernissage „Bilder gegen das Vergessen“ zu Papier gebracht hatte (Foto: Peter Rotheudt/Aachen).

 

Einsamkeit Baracke 8

Nebelwolken ziehen in Moll,
Kälte drückt auf deine Schultern.
Novembertraurigkeit begleitet ganzjährig
die koronaren Extrasystolen.
Aufraffen, aufstehen, weitermachen – wozu?
Belzebub und Artgenossen umzingeln dich dicht
und fordern den finalen Kampf heraus.
Selbst die Allernächsten leben nur in ihren eigenen Alltag und endlich merkst du, du bist nicht allein.
Die Einsamkeit inmitten deiner Lieben,
scheint die virulenteste Seuche deiner Zeit zu sein.
Schärfste Schwerter rasen auf dich zu.
Die Illusion der nächsten Sekunde
empfindest du entsetzt gelähmt.
Der letzte Atemzug lohnt sich nicht mehr!

 

Die Stolberger Finissage vermittelte insgesamt den Eindruck, dass die Gemälde von Rafael Ramírez Máro das vom Künstler verfolgte Ziel voll getroffen haben: den Opfern ein Stück Würde zurückgeben; Mitgefühl, Empathie bei den Betrachtern erzeugen; das Vergessen des unsäglich Geschehenen verhindern!

13.03.2010

Inge Rothschild – ein jüdisches Mädchen aus der Voreifel überlebt den Holocaust (Ein Euskirchener Schicksal als Beispiel für „didaktische und pädagogische Materialien“)

Kinder über den Holocaust in Polen

Eigentlich wollte Mrs. Inge Liban (USA) nie mehr an ihre Kindheit im Dritten Reich erinnert werden und an den Holocaust zurückdenken. Daher war sie sehr bewegt, als ich sie darüber informierte, dass ein wichtiger Teil ihres Lebens zur Didaktik der Zeitgeschichte und zum potenziellen Unterrichtsstoff gehören wird. Als sie aber hörte, dass ihr erschütternder Bericht über ihre Rettung (25. Januar 1946) künftig viele Schüler im Geschichtsunterricht darüber informieren soll, wie jüdische Kinder den Holocaust überlebten, legte sich ihre Aufregung.

Ihre damalige Aussage vor dem russischen Militär - jetzt ergänzt durch ausgezeichnete methodisch-didaktische Handreichungen - findet man in der lesenswerten Dokumentation „Vor Tieren hatten wir keine Angst, nur vor Menschen“ – Kinder über den Holocaust in Polen. Prof. Alfons Kenkmann/ Elisabeth Kohlhaas/Astrid Wolters publizierten auf den Seiten76 – 90 alles in der Nr.7 der pädagogischen Reihe Didaktische Bausteine. (Villa ten Hompel, Münster 2009, ISBN: 978-3-935811-02-6).Kinder über den Holocaust in Polen (Innenseite)

In meinen NEWS vom 7. November 2008 stellte ich bereits das Schicksal von Inge Rothschild verh. Liban dar. Sie wurde in der Kreisstadt Euskirchen am 18. Februar 1932 geboren und wohnte damals mit ihrer Familie in der Hochstraße 18. Noch ehe diese Adresse in „Adolf-Hitler-Straße 18“ (1933) umbenannt wurde, verzog der Metzgermeister Max Rothschild mit seiner Familie schon am 25. August 1932 nach Kirschseiffen, einen kleinen Ort bei Hellenthal. Dennoch stand man mit den nächsten Verwandten - Jacob sowie Sara, Arthur und Kurt Horn in Euskirchen – weiterhin in naher Verbindung. Angehörige leben heute noch und stehen mit mir in Kontakt.

Über das bewegendes Protokoll, das Inge Rothschild als 14jähriges Mädchen in Thorn am 25. Januar 1946 mit ihrer Kinderschrift unterschrieb, berichteten bereits Annette Ramelsberger und Marc Widmann in der Augustausgabe 2008 der Information „Gegen Vergessen – FÜR DEMOKRATIE“. Dieses Dokument aus der Nachkriegszeit konstatiert die Holocaust-Erlebnisse des jüdischen Mädchens aus Euskirchen. Die Publikation der insgesamt 112 Seiten starken „Didaktischen Bausteine Nr.7“ wurde von der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ – Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.“ gefördert.

 

Kinder über den Holocaust in Polen

11.03.2010

Seit Erscheinen des Buches „Ordensburg Vogelsang 1934-1945 – Erziehung zur politischen Führung im Dritten Reich“ im Jahre 1986 gab es 5 große Auflagen. Nun legt der Aachener Helios-Verlag die 6. Auflage vor und kommt somit der weiterhin bestehenden Nachfrage nach. Neben weiteren Beiträgen – auch auf dieser Website – publizierte der Autor Hans-Dieter Arntz auch im Jahre 2008 die Dokumentation Vogelsang – Geschichte der ehemaligen NS-Ordensburg und im Jahre 2009 den lexikalischen Beitrag Ordensburg Vogelsang 1934 – 1945, als Beitrag zum DEUTSCHLAND ARCHIV – DRITTES REICH (Dokumente). Dieser erschien im Archiv Verlag Braunschweig, Verlags-Art.-Nr.1202900.

Leseproben aus der 6. Auflage des o.a. Standardwerks „Ordensburg Vogelsang 1934-1945. – Erziehung zur politische Führung im Dritten Reich“ sind beim Helios-Verlag Aachen online abrufbar.

 

OPrdensburg Vogelsang (6. Auflage)

Arntz, Hans-Dieter:
Ordensburg Vogelsang 1934 – 1945 – Erziehung zur politischen Führung im Dritten Reich

6. Auflage, 254 Seiten, Paperback, 15,5 x 22 cm,

230 Fotos und Dokumente
23 x 28 cm; ISBN 978-3-86933-018-1; 18,90 €

Helios-Verlag, Karl-Heinz Pröhuber
Brückstr. 48, 52080 Aachen, Tel.: 0241-555426
E-Mail: helios-verlag@t-online
Helios Verlag

Vorwort zur 6. Auflage

Aufgrund der weiterhin gro ßen Nachfrage aus dem In- und Ausland fühlt sich der Helios-Verlag Aachen veranlasst, das Standardwerk „Ordensburg Vogelsang 1934 – 1945“ in der 6. Auflage zu publizieren. Es entspricht inhaltlich eigentlich den früheren Ausgaben, da im Jahre 2006 das Institut für Zeitgeschichte in München – aufgrund einer gewünschten Durchsicht – keine fachlichen und wissenschaftlichen Fehler kritisierte. Seitdem hat sich am historischen Erkenntnisstand kaum etwas geändert.

Hans-Dieter Arntz war 1986 der erste Autor, der mit seiner Dokumentation und seinen zahlreichen Vorträgen auf die NS-Ordensburgen aufmerksam machte. Sein Buch konzentriert sich in diesem Zusammenhang auf die Ausrichtung der künftigen „Führeranwärter“ bzw. „Junker“ und deren Erziehung zur politischen Führung im Dritten Reich. Weiterhin ist wohl die vorliegende Dokumentation „Ordensburg Vogelsang 1934 – 1945“ immer noch das einzige Werk, das die Historie sowie auch die Methodik und Didaktik der NS-Ordensburgen im Dritten Reich in einer Gesamtdarstellung aufzeigt.

Als neue Anerkennung ist sicher auch die Entscheidung des NRW-Ministeriums für Generationen, Familie, Frauen und Integration in Düsseldorf zu werten. Im Jahre 2007 überprüfte die Landeszentrale für Politische Bildung NRW das vorliegende Standardwerk und erwarb einen Teil der 5. Auflage. Das Buch „Ordensburg Vogelsang 1934-1945 – Erziehung zur politischen Führung im Dritten Reich“ soll künftig „in fachspezifischen Kontexten der Gedenkstättenarbeit in der Landzentrale für politische Bildung NRW“ eingesetzt werden. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass im Jahre 2008 ein weiteres Buch desselben Autors - „Vogelsang – Geschichte der ehemaligen NS-Ordensburg“ - ebenfalls in unserem Hause erschien. Es wurde bewusst als Kurzfassung der bisherigen Forschung konzipiert.

Die vorliegende Arbeit des Regionalhistorikers Hans-Dieter Arntz bildet inzwischen die wissenschaftliche Grundlage für mehrere Dokumentationen und Fernsehfilme. Der Helios-Verlag Aachen ist gerne an der weiteren Verbreitung dieses Standardwerkes beteiligt.

Karl-Heinz Pröhuber

Weitere Informationen zur 6. Auflage: Detailliertes Inhaltsverzeichnis, Englische Vorstellung der Dokumentation, Deutsche Vorstellung der Dokumentation. Sie sind unter folgendem Link abzurufen:

08.03.2010

Der Zweite Weltkrieg in der Voreifel (Vortragsreihe des Geschichtsvereins Erftstadt e.V.)

US-Soldaten in Bliesheim am 3. Mai 1945Das Schwerpunktthema im diesjährigen Jahresprogramm des Geschichtsvereins Erftstadt e.V. lautet: „Der 2. Weltkrieg im Gebiet der Stadt Erftstadt“. Unter Leitung von Prof. Dr. Horst Matzerath wurde eine interessante Vortragsreihe erstellt, die am Donnerstag, dem 11. März 2010, in Kierdorf beginnt und das Kriegsende 1945 in der Voreifel beinhaltet. Historische Fotos und viele Augenzeugen-Berichte vermitteln einen Überblick über die letzten Monate des 2. Weltkrieges in unserer Region. Im Laufe der nächsten Monate folgen u.a. Vorträge und Veranstaltungen über Blessem oder die Kämpfe im Hürtgenwald und am Westwall.

 

 

Vortrag Erftstadt

04.03.2010

Weiterhin Sorge wegen Rechtsextremismus und neonazistischer Aktionen auch in der Eifel und Voreifel

Ist der Neonazismus in der Eifel und Voreifel wirklich so unbedeutsam, wie es manche Verwaltungen immer noch meinen? Soll man tatsächlich einigen Kommunalpolitikern und Mitarbeitern des Staatsschutzes zustimmen, antisemitische Aktionen zu verheimlichen, um neofaschistischen Tätern keine publikumswirksame Plattform zu geben?

Aber es gibt immer häufiger undemokratische und rassistische Aktionen! Klarmanns Welt und der Blick in die regionale Online-Selbstdarstellung diesbezüglicher Gruppierungen beweisen dies.

 „Hass, gezielte Gewalt und eine erschreckende Bilanz: 2009 gab es weltweit die meisten antisemitischen Vorfälle seit dem Zweiten Weltkrieg.“

Dies konstatiert Peter Münch (Tel Aviv) am 26. Januar in der Süddeutschen Zeitung. Diese überregionale Tageszeitung ist laut der Allensbacher Marktanalyse 2008 die „Nr. 1 unter den überregionalen Qualitäts-Tageszeitungen Deutschlands“ und beobachtet den wachsenden Rechtsradikalismus in Deutschland, der seit dem Gazakrieg auch in unserer Region seine Auswirkungen hat:

Im Gefolge des Kriegsprotestes schwappte eine schmutzige Welle von Antisemitismus durch die westliche Welt. Abzulesen ist das auch am Jahresbericht, den nun die Jewish Agency in Jerusalem vorlegt hat. Es geht um Schmierereien, verbale Beleidigungen und tätliche Angriffe, die in dem Bericht ebenso wie in einer Statistik des Antisemitismus-Forschungszentrums an der Universität Tel Aviv aufgelistet werden.

beschmierter SteinRassistische Schmierereien im Kreise Euskirchen, die erneute Zerstörung des Blumenthaler Mahnmals zur Erinnerung an die Hellenthaler Juden, Naziaufmärsche im Raum Aachen oder die provokative Website der Freien Nationalisten Euskirchen verunsichern unser Demokratieverständnis. Die Journalistin Gudrun Klinkhammer berichtete am 17. Februar 2010 aus Hellenthal/Blumenthal: Mahnmal erneut zerstört.

Noch nicht mal anderthalb Jahre steht das jüdische Denkmal am Platz der Synagoge in Blumenthal. Nun wurde es bereits zum zweiten Mal zerstört. Die Anwohner des Ortes sind fassungslos über die Taten...

Reaktionen sind auch in der Lokalpresse oder im Internet zu lesen. In meinem Online-Artikel vom 29. Januar 2010 zum Thema „Unterstützung der Voreifeler Kommunen im Kampf gegen rassistische und politische Graffitis: Lobenswertes Angebot zur kostenlosen Entfernung derartiger Schmierereien“ erwähnte ich die gegenwärtige Situation und die ehrenamtliche Tätigkeit des Bad Münstereifeler Fachbetriebs Novalis DSE KG, rechtsradikale Parolen kostenlos zu entfernen. Hier war auch die Rede von neofaschistischen Schmierereien in Froitzheim (Gemeinde Vettweiß, Kreis Düren). Diesbezüglich ist ein Erfolgsergebnis zu vermelden, aber auch eine eventuell bedeutsame Entdeckung. Der Geschäftsführer Sascha Kirfel teilte mir am 25. Februar mit:

...wir haben das milde Wetter genutzt und sind in Froitzheim tätig geworden. (...) Etwas nachdenklich stimmt mich, dass ein Schild auf diesem Parkplatz mehrere Einschusslöcher hatte. Ich hoffe, dass dies nicht in direktem Zusammenhang mit den Parolen steht.

01.03.2010

Kriegsende 1945 im Altkreis Euskirchen – Eine Serie im Euskirchener Wochenspiegel

In der Zeit von 1984 bis 2007 konnte ich 4 umfangreiche Bücher über das Kriegsende in der Voreifel und Eifel publizieren. Die Ausgabe des EUSKIRCHENER WOCHENSPIEGELs kündigte am 24. Februar meine Serie zu diesem wichtigen Thema an:

Ein kleines Mädchen als Lichtblick

LINKS
26.02.2010

Jüdische Zeitzeugin Lilly Clyne aus Hostel/bei Kommern wird 100 Jahre alt

Lilly Kaufmann

Als ich im letzten Jahr Lilly Clyne geb. Kaufmann zum 99. Geburtstag gratulierte, erhielt ich ein Dankschreiben in bewundernswerter Schönschrift. Lilly hatte dies in der Grundschule von Kommern gelernt und bis heute offenbar nicht verlernt. Am 1. März wird nun die rüstige Jubilarin 100 Jahre „jung“ und ihren Geburtstag in bewundernswerter Frische in Willesden-Green (London) feiern. Sie ist die älteste jüdische Zeitzeugin unserer Region und seit 1979 engagierte Mitarbeiterin bei meinen regionalhistorischen Forschungen.

Leider wird die Zahl der jüdischen Zeitzeugen auch in der Region der Eifel und Voreifel immer kleiner. Umso dankbarer ist man, wenn man sich an die jüdische Zeitzeugin, die mit ihren Angehörigen 1939 von Hostel nach England emigrieren konnte, wenden kann.

Unter der Überschrift „Jüdische Zeitzeugen sind lebende Archive der Zeitgeschichte“ nannte ich bereits am 5. April 2008 in meinen NEWS drei jüdische Damen aus der Voreifel, deren hohes Alter und geistige Frische auch damals bewundernswert war. Die jetzige Altersangabe der Cousinen: Frau Emmy Golding, geb. Kaufmann (im Mai: 96), ihre Schwester Gerda verh. Schwarz (im November: 90) und das jetzige Geburtstagskind, Lilly Clyne geb. Kaufmann (am 1. März: 100). Noch heute können ihre Erinnerungen detailliert zur Chronik der Synagogengemeinde von Mechernich-Kommern beitragen. Ihr Schicksal und das ihrer Familien wird in den Büchern JUDAICA – Juden in der Voreifel sowie in dem Jüdische JugendDokumentationsband Judenverfolgung und Fluchthilfe dargestellt.

Lilly Clyne lebt seit Jahrzehnten in London – nur wenige Minuten von ihrer Cousine Emmy Golding geb. Kaufmann entfernt. Emmy steuert heute noch selber ihr Auto und zeigt Lilly Clyne die Umgebung (!!!). Im letzten Jahr gratulierten auch Kinder der Hauptschule Mechernich mit persönlichen Briefen und bewiesen dadurch, dass man nicht nur an die jüdische Gemeinde Kommern, sondern auch an sie persönlich denkt. Das beigefügte Foto stammt aus dem Jahre 1934.

22.02.2010

Autorenlesung in Aachen: „Isidors Briefe – Über die Korrespondenz eines Juden aus Euskirchen“

Die Struktur der jüdischen Gemeinden in Deutschland hat sich stark verändert. Das gilt im Rheinland im besonderen Fall für Köln, aber auch für die jüdische Gemeinde Aachen. Seit Beginn der 90-er Jahre kamen offiziell 167.000 Juden aus der ehemaligen UdSSR nach Deutschland. 100.000 davon schlossen sich den deutschen Gemeinden an. Dadurch konnte das deutsche Judentum nach dem Holocaust zur weltweit am schnellsten wachsenden Gemeinschaft werden, die heute die drittgrößte Europas ist. Unter der Überschrift Russische Juden: Zurück nach Deutschland bietet haGalil, das größte jüdische Online-Magazin in deutscher Sprache, qualifiziertes Hintergrundsmaterial.

Dementsprechend hat sich das Gemeindeleben auffallend geändert. Kulturelle und besonders sprachliche Aspekte sollten in diesem Zusammenhang angedeutet werden. Dass die Info-Blätter und Mitteilungshefte inzwischen zweisprachig sind, ist vielen Nicht-Juden unbekannt. Als Beispiel dient ein deutscher/russischer Bericht über meine „Privatissime Autorenlesung“ in der Synagoge von Aachen, die mein Buch Isidors Briefe zum Inhalt hatte. Für die musikalische Darbietung sorgte der aus Euskirchen stammende Yuval Dvoran. Hierüber berichtete das „Info-Blatt der jüdischen Gemeinde Aachen“ in seiner Januar-Ausgabe:

 

test

17.02.2010

„Gedenk-Räume“ – Die NS-Zeit in der Gedenkkunst in Köln

Gedenkkunst

Es gibt viele Möglichkeiten, die „jüngste Vergangenheit“ aufzuarbeiten. Mit Denkmälern und ähnlichen Erinnerungszeichen kann man zum Beispiel der Geschichte im öffentlichen Raum einen besonderen Ort zuweisen. Zugleich wird dieser Form von Gedenken an das vergangene Geschehen ein Platz eingeräumt. Künftig besetzt dieses Erinnerungszeichen diesen Raum mit der ihr zugewiesenen Funktion. Die Gedenkobjekte werden in diesem Raum in Szene gesetzt. Der das Denkmal umgebende Gedenk-Raum dient als Kulisse dieser Inszenierungen.

Dies ist der Ansatz des Kölner Dokumentationszentrums, das in mehreren Veranstaltungen ab dem 6. März 2010 eine neue Form des Gedenkens vorstellt. Gedenken und Geschichte erhalten auf diese Art im öffentlichen Raum einen Platz. Die Kölner Ausstellung zeigt Beispiele dieser inszenierten Gedenk-Räume. Etwa den Gedenk-Raum „Kirchenruine St. Alban. Der Besucher dieses Ortes schaut auf einen gestalteten und durchstrukturierten Platz. Als Kulisse des Skulpturenpaares „Trauernde Eltern“ von Käthe Kollwitz dient die Kirchenruine, in der die Skulpturen platziert wurden. Besonders nachts wird durch die Beleuchtung des Ortes eine stimmungsvolle Atmosphäre geschaffen. Der Besucher ist nur Gast. Seine Blickperspektive wird gesteuert. Er blickt – wie in einem Schaukasten – in diesen Gedenkraum.

Ein weiteres Beispiel stellen die „Stolpersteine“ des Kölner Künstlers Gunter Demnig dar, der in einer besonderen Form Holocaust-Opfer verewigt. Auf zusätzliche Veranstaltungen wird hingewiesen. Anhand mehrerer Denkmälerbeispiele wird die Entwicklung, die das Gedenken an die Opfer der nationalsozialistischen Verbrechen inzwischen genommen hat, erläutert. Der Ausstellungsort ist das NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln, EL-DE-Haus, Appellhofplatz 23-25.

14.02.2010

Karneval 04

Karneval und Weiberfastnacht sind auch in der Voreifel seit Jahrhunderten ein Bestandteil des rheinischen Brauchtums. Somit ist auch für die hiesige Region ein historischer Überblick stets interessant und belustigend. Unter der Überschrift Karneval, Anno Tobak „Die Thorheit muß einmal im Jahr ausgähren, damit sie das Faß nicht sprenge“ stellte ich am 8. Februar 1985 im Euskirchener Lokalteil der „Kölnischen Rundschau“ die Geschichte des Euskirchener Karnevals dar.

Ein historischer Überblick ist nicht nur in der benachbarten Domstadt Köln, sondern sicher auch für die hiesige Region interessant und belustigend. Immerhin galt in der Umgebung der Kreisstadt eine karnevalistische Verkleidung im Jahre 1651 als Gotteslästerung. Zu den ersten Quellen über den Karneval in hiesigen Breiten gehört die Verordnung der Stadt Münstereifel: „Einstellung der vorhandenen Mommereyen" (1651).

Seit Jahrhunderten feiert man Karneval in der Euskirchener Region; früher allerdings anders als heute. Seit mindestens dem Jahre 1840 gehört er in der Voreifel zum organisierten Brauchtum und wird – sicher aus gutem Grund - durch eine Reihe von Vorschriften reglementiert. Im 19. Jahrhundert gab zwar der „Held Karneval“ oder der „Hanswurst“ beim närrischen Treiben den Ton an –; was erlaubt war, bestimmte jedoch die Polizei.

 

Karneval 02

 

Die Druckerei der Euskirchener Volkszeitung in der Hochstraße 11 druckte im Jahre 1908 ein kleines Programmheft, das die „Lieder zur 1. Glanzsitzung mit Damen“ auswies. Für die in unmittelbarer Nachbarschaft residierende „Carnevals-Actien-Gesellschaft § 11.“ wurde somit ein Nachweis erstellt, dass schon vor 100 Jahren „Lob jederzeit den Frauen und Mägdelein“ galt. Zu „Weiberfastnacht“ am 23. Februar 1908 feierten Männer und Frauen zum ersten Male gemeinsam. Dies bezeichneten die Euskirchener Karnevalisten als „1. Glanzsitzung mit Damen“. Ob das Lied „Jett vom Bütze“ damals nicht als sehr frivol galt? Dieses Liedchen und andere sind unter folgendem Link abrufbar:

09.02.2010

Arno Sommer

Intensive Kontakte zu den heute in Israel lebenden Nachkommen aus Euskirchen-Kuchenheim machten es letzte Woche möglich, genealogische Unterlagen und ausgiebiges Fotomaterial zu sichern. Sie erinnern an das einst harmonische Zusammenleben mit den Dorfbewohnern, personifizieren aber auch die akribisch geführten Listen der Nationalsozialisten. Bilder aus dem dörflichen Alltagsleben und aus dem persönlichen Bereich, die sich jedoch im Prinzip kaum von anderen Nachlässen unterscheiden, sind die letzten Spuren der Kuchenheimer Juden und daher historisch wichtig. In diesem Zusammenhang möchte ich exemplarisch an das älteste und das jüngste Mitglied der Kuchenheimer Kehilla hinweisen: Jakob (1836 -1929 - ?-) und Arno Sommer (1930 -1942).

Die Geschichte der jüdischen Gemeinde von Kuchenheim wurde 1984 in der dreibändigen Jubiläumsausgabe „Cuchenheim 1084 – 1984“ publiziert und befasst sich besonders mit den Familien Sommer. Vgl. Bd.2, S. 415 - 432. Auch der Besuch des jüdischen Friedhofs, der wie das Dorf inzwischen zur Kreisstadt Euskirchen gehört, weist auf die Familiengeschichte hin.

Jakob SommerDer Senior der jüdischen Gemeinde war in religiösen Angelegenheit sehr engagiert und
gehörte im Jahre 1888 zum Vorstand der Kreis-Synagogengemeinde. Seine Angehörigen schickten damals sein Foto an Verwandte in den Niederlanden, was auch der Text auf der Rückseite des vergilbten Fotos beweist: „Onkel Jakob Sommer, Cuchenheim 5. August 1926, bedankje na zijn 90e verjaardag“. Von dort gelangte es über Palästina und Israel letzte Woche wieder nach Euskirchen. Der Grabstein des ältesten jüdischen Gemeindemitglieds von Kuchenheim ist seit der „Reichskristallnacht“ nicht mehr aufzufinden.

Arno Sommer (geb. 13.10.1930) war das letzte jüdische Kind, das in Kuchenheim lebte und im Juli 1942 mit seinen Eltern in Minsk umkam. Er wohnte mit Vater Wilhelm (1895 –1942) und Mutter Rosa geb. Kompert (1896-1942) auf der Hauptstraße 196, dann Hochstraße 18.

Arno besuchte die Volksschule in Kuchenheim, ehe ihm der weitere Unterricht nach dem Novemberpogrom 1938 verboten wurde. Mit seinen Eltern gehörte er zum 6. Transport nach Minsk/Trostenez am 20. Juli 1942.

Zu weiteren Details über die jüdische Familie Sommer aus Euskirchen-Kuchenheim führt folgender Link:

06.02.2010

Kreis Euskirchen: Buchspende für die Historische Kreisbibliothek

 

Arntz & RosenkeHans-Dieter Arntz mit Landrat Günter Rosenke
(Foto: Walter Thomassen, Kreispressestelle Euskirchen)

 

Am 16. Januar berichtete die Kreisverwaltung Euskirchen in ihren Pressemitteilungen über regionalhistorische Autoren, die ihre Publikationen der Historischen Kreisbibliothek überlassen. Hier sollen diesbezügliche Bücher und Dokumentationen fachgerecht archiviert und ständig der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Kreis EuskirchenHans-Dieter Arntz übergibt Buchspende an Landrat Günter Rosenke

Samstag, 16. Januar 2010

Der bekannte Autor aus Euskirchen schenkt der Historischen Kreisbibliothek seine beiden letzten Bücher "REICHSKRISTALLNACHT - Der Novemberpogrom 1938 auf dem Lande" und den neuesten Titel "Isidors Briefe - über die Korrespondenz eines Juden aus Euskirchen".

Hans-Dieter Arntz, ehemaliger Lehrer an der Euskirchener Marienschule, behandelt in seinen Werken überwiegend die Zeit des Nationalsozialismus von 1933 - 1945, die in dieser Zeit stattgefundene Judenverfolgung, auch das Judentum allgemein.

Durch die Schenkung reiht sich Arntz in die Reihe der Autoren ein, die in den letzten Jahren der Bitte der Kreisarchivarin Heike Pütz nachgekommen sind und die Arbeit der Bibliothek durch umfangreiche Buchspenden gefördert haben. Bei der Vielzahl an Neuerscheinungen aus und über den Kreis Euskirchen ist die Historische Kreisbibliothek auf diese Art der Unterstützung durch die Autoren angewiesen.

Landrat Rosenke dankte Hans-Dieter Arntz herzlich für die Überlassung seiner beiden letzten Veröffentlichungen an die Historische Kreisbibliothek. Arntz nahm diesen Dank auch stellvertretend für alle anderen Autoren an, die bisher ihre Werke gespendet haben.

Die beiden Arntz-Bücher werden, wie im übrigen alle Buchspenden, in den Bestand der Bibliothek aufgenommen und den Lesern zur Entleihe bereitgestellt. Die Kreisbibliothek erfüllt damit ihre Aufgabe als öffentliche Bibliothek, Medien verschiedenster Art (u.a. Bücher, Zeitschriften, audiovisuelle Werke) aus dem und über das Kreisgebiet zu sammeln, fachgerecht zu archivieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Da es sich um eine Historische Bibliothek handelt, werden die einmal eingestellten Titel auch nicht wieder aussortiert, sondern dauerhaft aufbewahrt und zur Verfügung gestellt.

LINKS

...zur Historischen Kreisbibliothek
Herausgeber / Ansprechpartner: Kreis Euskirchen, Kreispressestelle (Walter Thomassen),
Jülicher Ring 32, 53879 Euskirchen
Tel.: 02251/15-303
Fax.: 02251/15-392
walter.thomassen@kreis-euskirchen.de
http://www.kreis-euskirchen.de

02.02.2010

Würdigung des letzten „Judenältesten von Bergen-Belsen“ in einem renommierten Dokumentationsband: Josef Weiss aus Flamersheim

Vor wenigen Tagen erschien der eindrucksvolle Katalog und Dokumentationsband zur neuen Dauerausstellung der Gedenkstätte Bergen-Belsen. Das berühmte Dokumentationszentrum, das am 11. Januar 2010 mit dem wichtigen Niedersächsischen Museumspreis ausgezeichnet worden ist, legte hiermit in deutscher, demnächst auch in englischer Sprache die wahrscheinlich anschaulichste Darstellung des berüchtigten NS-Lagers vor. Auf etwa 400 Seiten mit Hunderten – oft farbigen – Fotos und vielen Dokumenten wird die Geschichte des einstigen Kriegsgefangenlagers (1940 – 1945), Konzentrationslagers (1943 – 1945) und Displaced Persons Camps (1945 – 1950) dargestellt. Auch der aus Euskirchen-Flamersheim stammende Josef Weiss, der letzte „Judenälteste des Sternlagers von Bergen-Belsen“, wird hier auf einer ganzen Seite (S.165) gewürdigt.

Das eigentliche Projektziel bestand darin, das Dokumentationszentrum und das historische Gelände in einem integrierten Konzept gemäß internationalen Standards und zugleich aus der historischen Spezifik heraus lückenlos zu dokumentieren. Wer diesen repräsentativen Dokumentationsband, der bescheiden als „Katalog zur Dauerausstellung“ firmiert, in den Händen gehabt hat, wird verstehen, warum „Bergen-Belsen“ zum Synonym für die deutschen Verbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus geworden ist.

 

Bergen Belsen Katalog

zum Vergrößern klicken Sie bitte HIER!

31.01.2010

Buch Judenverfolgung und FluchthilfeDie 810 Seiten starke Dokumentation Judenverfolgung und Fluchthilfe im deutsch-belgischen Grenzgebiet konzentriert sich auf das gesamte Eifel-Ardennen-Gebiet im Bereich der einstigen Kreise Schleiden und Aachen, aber auch Monschau, Euskirchen und das belgische Eupen/Malmedy. Etwa 30 unmittelbar danach erschienene Rezensionen wiesen es bald als einen wichtigen Beitrag zur westdeutschen Erforschung des Judentums aus. Grundsätzlich geht es um folgendes:

Die deutsch-belgische Grenze zwischen Losheim und Aachen spielte ab 1933 eine besondere Rolle: Sie diente Juden, Kommunisten, Sozialdemokraten oder Pazifisten zum illegalen Verlassen des „Dritten Reiches“. Die Flucht über die „grüne Grenze“ erfolgte in vielen Varianten und wurde im Jahre 1990 erstmals dargestellt. Mehr als 100 „Judenfänger“, „Judenschlepper“ oder jüdische Flüchtlinge konnten ausfindig gemacht werden.
Die vielf ältigen Forschungsergebnisse werden durch eidesstattliche Erklärungen und Gerichtsunterlagen ergänzt, so dass - besonders am Beispiel der Grenzkreise Schleiden und Aachen - eine lückenlose Darstellung der Judenverfolgung und der „Kristallnacht“ möglich wird. Dabei stellt sich heraus, dass sie wie auch schon vorher der Novemberpogrom auf dem Lande nach „Eifel“-spezifischen Mechanismen ablief.

Als Eupen/Malmedy nach dem Einmarsch der deutschen Truppen am 10. mai 1940 wieder „heim ins Reich“ kehrte und sich somit die deutsche Reichsgrenze nach Westen verschob, verlagerte sich zwar der „Menschenschmuggel“, war aber keineswegs beendet. Detailliert weist der Autor nach, wie noch im Jahre 1942 die Unternehmen „Hella“ oder „Hedwig“ Berliner Juden über Aachen, Eupen, Herbesthal, Heinrichskapelle, Thimester, Verviers nach Brüssel und Antwerpen schleusten.

Siegfried Line

Der folgende Link führt zu dem 810 Seiten starken Dokumentationsband und einer detaillierten Auflistung des gesamten Inhaltsverzeichnisses:

29.01.2010

testMein Online-Artikel über die Schändung des jüdischen Friedhofs in Flamersheim hatte zwei wichtige Auswirkungen: Die Schäden wurden unverzüglich behoben, und zusätzlich bot sogar ein aufmerksamer Leser dieser Homepage seine Unterstützung an.
Seine Firma möchte sich unentgeldlich am Kampf gegen rassistische und politische Graffitis beteiligen. Er bietet den  Voreifeler Kommunen seine  kostenlose Hilfe für die Beseitigung rechtsradikaler Schmierereien an. Die neonazistischen Graffitis sollen somit - im wahren Sinne des Wortes - künftig keine Plattform mehr haben.

Da rechtsextreme und neonazistische Aktivitäten in der Eifel und Voreifel inzwischen häufiger vorkommen und zuletzt noch in meinen NEWS vom 14. Januar erwähnt wurden, möchte ich die Voreifeler Kommunen auf ein lobenswertes Angebot aufmerksam machen: die kostenlose Entfernung rassistischer und politisch diskriminierender Graffitis durch den Fachbetrieb Novalis DSE KG (Euskirchen-Düren), Holzemer Straße 50, 53902 Bad Münstereifel.

Manch ein Unternehmen sponsert Fußballtrikots oder stellt dem Karnevalsprinzen ein Fahrzeug zur Verfügung. Wir machen das, was wir am besten können. Ich möchte halt, dass es etwas sauberer und schöner in unserer schönen Eifel aussieht. Außerdem sollte man den rechten Parolen nicht gleichgültig gegenüber stehen und ihnen zeitnah die „Werbefläche“ entziehen.

Die vollständige Auskunft ist unter dem u.a. Link abrufbar:

27.01.2010

Dignity to Survive

Wer mit beinahe 83 Lebensjahren so ruhig über sein jüdisches Schicksal sprechen und schreiben kann und dem Holocaust entkommen konnte, der muss eine besondere Persönlichkeit sein. Shmuel („Sam“) Emanuel war im holländischen Lager Westerbork und in Bergen-Belsen, fand aber gerade hier vollends zum Glauben. Ob das der Grund ist, weshalb er überleben konnte, bleibt sein Geheimnis.

Im Verlauf meiner Recherchen in Israel nahm Sam den Kontakt mit mir auf. Wie Hetty Verolme (geb. Werkendam), Shlomo Samson und einige andere wichtige Zeitzeugen hatte er das danteske Inferno des Heidelagers bei Celle überlebt und war bereit, mir über Josef Weiss, den letzten Judenältesten von Bergen-Belsen (Dezember 1944 bis April 1945), Auskunft zu geben. Mit folgenden Worten wandte er sich im Sommer 2009 an mich:

„Ich kann mich gut an Josef Weiss, den Judenältesten von Bergen-Belsen erinnern. Ich bin einer der wenigen Menschen des Sternlagers, die noch bei der Befreiung im April 1945 in Bergen-Belsen waren. Darum kann ich mich auch besonders gut daran erinnern, wie zum Beispiel der SS-Bandit, der „Rote Müller", gezwungen wurde, sich am Begraben der vielen tausend Leichen zu beteiligen (...).

Jeder, der die schrecklichen Appelle in Bergen-Belsen mitgemacht hat, erinnert sich aber auch an Jupp Weiss, der dabei den SS-Feldwebel begleiten musste. Stundenlang mussten wir bei jedem Wetter ausharren, wenn die Zahlen der Lagerinsassen nicht stimmten. Jupp hat auch hier für uns alles getan, um dieses Problem zu lösen(...).“

Shmuel (Sam) Emanuel in Israel mit seinen TöchternShmuel Emanuel hat seine Einstellung zum Leben und zum Glauben mit dem Buchtitel KAMNU WANITODAD („Wir haben uns immer erhoben und erhalten", Psalm 20, 9) beschrieben. Der Untertitel seines Buches „Dignity to Survive“ lautet bescheiden „One Family's Story of Faith in the Holocaust“, der im Grunde genommen die Auskunft darüber verspricht, wie seine gesamte Familie durch den Holocaust im jüdischen Glauben gewachsen ist. Die vielen Beispiele bezüglich Westerbork und Bergen-Belsen sind somit nicht nur eine historische, sondern auch religiöse Aussage. Zu weitere Einzelheiten führt folgender Link:

23.01.2010

Jete

Immer wieder erhalte ich Hinweise darauf, dass diese stark frequentierte Homepage und meine eigentlich nur regionalhistorischen Forschungen auch im Ausland auf Interesse stoßen. Das Feedback äußert sich gelegentlich in israelischen, aber auch holländischen, französischen und amerikanischen Zeitungen. In E-mails werde ich dankenswerterweise darauf hingewiesen. Einige exemplarische Beispiele sollen auf italienische und holländische Übersetzungen hinweisen. (Vgl. den u.a. Link). Mein Beitrag Religiöses Leben der Kölner Juden im Ghetto von Riga fand neulich auch eine französische Erwähnung:

Société Civile Auvillaraise de Contacts Franco-Allemands (SFA)

Gerhard Schneider, SFA Auvillar

«Et quand le rabbi danse… : Un as der Rebbe tanzt… » Réflexions à propos des traditions d’éducation et de culture juives, entre folklore des Juifs de l’Est et le choc vécu dans l’ancien ghetto Litzmannstadt

Si on met à part les performances du camp de Theresiensstadt, à cause de son caractère de camp-modèle pour l’etranger, le rapport de la communauté juive de Cologne à propos du ghetto de Riga semble étayer ce qui eut lieu à Łódź. Ici également, le premier souci fut de créer jardin d’enfants et école:

«On avait un grand besoin d’école et de jardin d’enfants. Presque tous les hommes et les femmes du ghetto devaient aller travailler toute la journée, de sorte qu’il importait de s’occuper des enfants…

Max Leiser, le plus ancien de notre groupe, avait été élu président du conseil des Anciens. Monsieur Leiser était à Cologne membre, en tant que directeur, du service de bienfaisance, dans la Rubenstrasse. Déjà à cause de cette position, il portait beaucoup d’intérêt aux choses de la vie juive, et il réussit à obtenir auprès du commandant l’autorisation de créer des jardins d’enfants et des écoles pour tout le ghetto. Bien qu’au commencement on doive noter une certaine confusion, qui était provoquée par la grande pénurie de logements. Tout est peu à peu rentré dans l’ordre. Ainsi on trouva également des locaux pour les écoles et les jardins d’enfants.

La direction du jardin d’enfants de notre groupe revint à Madame Alfred Levi. C’était la femme de l’ancien employé de la synagogue de Cologne-Deutz, Levi. Les mots ne peuvent décrire la manière excellente dont cette dame s’acquitait de sa tâche. Il faut vraiment la considérer comme l’ange du groupe. Elle s’est acquis un grand mérite non seulement en tant que directrice du jardin d’enfants, mais aussi, plus tard, par le soin qu’elle a pris du groupe. Au jardin d’enfants, comme à l’école on avait, plus tard, une assiette de soupe, pour laquelle les parents devaient donner aux cuisines une partie de leur ration. Quelques jeunes filles secondaient Madame Lévi.

L’école avait deux professeurs, qui étaient venus avec nous, le Docteur Oppenheim et le maître Hirschfeld. Tous deux étaient de l’école de Cologne, de la Lützowstraße. Sans doute le Docteur Oppenheim était-il un pédagogue zélé. Mais ce que fut Monsieur Hirschfeld pour ses élèves surpasse toute louange. Dès avant que l’école ne soit fondée, il alla dans les familles qui avaient des enfants à scolariser et il leur donnait à domicile des cours particulier. Il était entièrement animé par la pensée d’accomplir son devoir de pédagogue et d’enseigner les enfants.

Dans les autres groupes de notre ghetto allemand il y avait également des écoles et des jardins d’enfants. Ici aussi on avait des professeurs et du personnel, de sorte que tous les enfants pouvaient avoir, dans la mesure où c’était possible, un enseignement solide. On disposait de peu de matériel scolaire, il fallait se contenter de ce que l’on avait sous la main, ou bien, à la longue, de ce que l’on trouvait aussi dans les maison lettonniennes juives abandonnées.

Dans: Hans-Dieter Arntz: Religiöses Leben der Kölner Juden im Ghetto von Riga. Dans: Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins e.V., Nr. 53 (1982).

Quelle: http://zukunft-braucht-erinnerung.de/holocaust/ghettos/606-religioeses-leben-der-koelner-juden-im-ghetto-von-riga.html (12.12.2007)

18.01.2010

Autorenlesung „ISIDORS BRIEFE“ am 19. März in Weilerswist: Gemeinsame Veranstaltung des Geschichtsvereins, der Gesamtschule, der Kreisvolkshochschule Euskirchen und des Buchautors

VHS

Neue Wege geht die Gemeinde Weilerswist, wenn es um die Aufarbeitung der jüngsten deutschen Geschichte geht. Die Gesamtschule Weilerswist befasst sich schon seit Jahren engagiert mit der Geschichte des regionalen Judentums, und daher ging man gerne auf den Vorschlag der Volkshochschule des Kreises Euskirchen ein, eine besondere Form des Gedenkens (und Nachdenkens) zu organisieren. Initiator einer besonderen Form von Autorenlesung ist Joachim Donsbach, engagiertes Vorstandsamitglied des Geschichts- und Heimatvereinsvereins Weilerswist, der gleichzeitig die Funktion des örtlichen VHS-Leiters innehat. In dieser Funktion griff er den Hinweis des Aachener Helios-Verlags auf, der neulich das Buch von Hans-Dieter Arntz ISIDORS BRIEFE – Über die Korrespondenz eines Juden aus Euskirchen publizierte:

Anders als in seinen bisherigen Dokumentationen zum Thema Nationalsozialismus und Judentum leitet der Euskirchener Autor Hans-Dieter Arntz bewusst mit seiner „dokumentarischen Erzählung“ ISIDORS BRIEFE in die eigentliche Problematik ein und verfolgt damit einen besonderen Weg, seine Leser anzusprechen. Isidor Mayer, einst wohnhaft in der Kreisstadt Euskirchen, stellt sein jüdisches Schicksal – unauffällig, bescheiden und indirekt – in Form von Briefen dar. Wegen der Kürze ist dieser Text besonders für eine Autorenlesung geeignet, macht betroffen und ruft zur Aussprache auf. Das ist wichtig!

Am 19. März 2010 kommt es nun in diesem Sinne zu einer gemeinsamen Veranstaltung des Geschichtsvereins, der Gesamtschule, der Kreisvolkshochschule Euskirchen und des Buchautors:

VHS

14.01.2010

Bestrafung durch Euskirchener Gericht wegen Rassismus und nationalsozialistischen Gedankenguts

Der Mediziner

Seit der Schändung des jüdischen Friedhofs von Euskirchen-Flamersheim und meinem diesbezüglichen Online-Artikel beobachte ich etwas mehr als sonst die rechte Szene in unserer Region. Bewusst setze ich keinen Link zu der Gruppierung „Freie Nationalisten Euskirchen“, überlasse es aber dem kritischen Leser, sich auch zusätzlich mit den Aktivitäten sogenannter „nationaler Kreise“ zu befassen. Wer meint, dass der Kreis Euskirchen in dieser Hinsicht zur „heilen Welt“ zählt, irrt, denn seit einigen Jahren wachsen m.E. demonstrierter Rassismus und die Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts.

Als ich am 12. Januar den Online-Artikel der Kölnischen Rundschau, Lokalteil Euskirchen, „Ausländischer Arzt beleidigt“ las, erinnerte ich mich an das Pamphlet „Juden stellen sich vor“. Hier wurde 1934 in der Schrift 1 des Stürmer-Verlags Juden und deren bevorzugte Berufe in gemeiner Art diskriminiert. Der Stürmer-Zeichner „Fips“ hatte Zeichnungen fabriziert „mit gottgesegneter Hand, da es keiner erläuternden Worte mehr bedarf.“

Offenbar schwebt aber auch heute noch (oder wieder) antisemitisches und rassistisches Gedankengut sowie ein nicht auszumerzendes NS-Vokabular in den Köpfen Euskirchener „Nationalisten“. Das Euskirchener Amtsgericht hatte sich hiermit zu befassen. Der Journalist Peter Jakob Klein fasste den Sachverhalt folgendermaßen zusammen:

EUSKIRCHEN. „Ich verlange sofort einen arischen Arzt. Ein dreckiger Ausländer wird meinen Freund nicht behandeln!" Dieser rassistische Spruch eines 28-jährigen Mannes aus Euskirchen rief im April vergangenen Jahres zuerst die Polizei auf den Plan. Dann wurde der Mann wegen Beleidigung angeklagt. Jetzt verurteilte ihn Richter Dr. Michael Nehring vor dem Euskirchener Amtsgericht zu einer saftigen Geldstrafe.

Laut Anklageschrift war der Angeklagte in den frühen Morgenstunden des 9. April 2009 in der Ambulanz des Euskirchener Marien-Hospitals vorstellig geworden. Im Schlepptau hatte er einen Betrunkenen und in Folge einer Schlägerei übel zugerichteten Bekannten. Der Mann blutete aus einer Kopfwunde und benötigte dringend einen Arzt. Als der Unfall- Chirurg dann erschien, kam es zum Eklat. Offensichtlich passte dem 28-Jährigen das Aussehen und die türkische Herkunft des Arztes nicht. Es kam zu übelsten Beleidigungen. Zudem versuchte der Angeklagte den Mediziner an der Behandlung seines verletzten Bekannten zu hindern(...).

11.01.2010

Rafael Ramírez Máro

Der sogenannte „Holocausttag“ erinnert an den 27. Januar 1945, an dem die Rote Armee Auschwitz, das größte deutsche Vernichtungslager, befreite. Hier wurden mehr als eine Million Menschen vom rassistischen Nationalsozialismus unter unvorstellbar grausamen Bedingungen gefangen gehalten und gefoltert bzw. durch Zwangsarbeit, Erfrieren, Verhungernlassen, Erschöpfung, medizinische Experimente, unbehandelte Krankheiten, Exekutionen und schließlich durch Vergasen getötet. Meistens jedoch wurden sie sofort nach ihrer Ankunft getötet. Der Name „Auschwitz“ wurde zum Symbol für den Holocaust!

Auch die Literatur, Musik und besonders die Kunst haben sich mit dem Phänomen des Terrors, der Aggression und Vernichtung befasst. In diesem Zusammenhang stellte ich auf dieser Homepage bereits den Expressionisten Otto Pankok dar, der wegen seiner diesbezüglich künstlerischen Aussage von den Nationalsozialisten verfolgt wurde. Die Burg-Galerie Stolberg widmet sich nun auch diesem moralisch und gesellschaftlich relevanten Thema mit „Holocaust-Bildern gegen das Vergessen“. Sie lädt ein zu einer Vernissage in der Zeit vom 7. Februar bis 7. März 2010.

Der Maler und Deutsch-Peruaner Rafael Ramírez Máro hat das wohl schwierigste deutsche Kapitel aufgegriffen und „Bilder gegen das Vergessen“ der vor rund 70 Jahren geschehenen Verbrechen gegen das Jüdische Volk und andere Menschen gemalt. Einige dieser Werke wurden schon in einer Gedächtnisveranstaltung auf bewusst unwürdigem geschichtsträchtigen Boden gezeigt, nämlich auf der ehemaligen Ordensburg Vogelsang.

Die vorliegende Darstellung, die mir von Karl-Heinz Oedekoven, dem Beauftragten der Ramírez Máro Academy, zur Verfügung gestellt wurde, ist unter Benutzung des folgenden Links abrufbar:

07.01.2010

Erfolgreiche Suche: Kein jüdischer Eifelbewohner, sondern ein Mönch der Abtei „Mariawald“

Unter der Überschrift „Suche nach einem jüdischen Eifel-Bewohner“ berichtete ich am 24. September 2009 über die Auswertung eines Fotoalbums, das in der Zeit 1937/38 von einem „Junker“ (Führeranwärter) der NS-Ordensburg Vogelsang geführt wurde und viele bisher unbekannte Fotos beinhaltet. Da die Beschriftung nicht vollständig ist, sind diesbezügliche Recherchen recht zeitaufwändig, denn die Bilder sind für eine neue Publikation vorgesehen. Hierbei sollen sie besondere Aspekte illustrieren und das Standardwerk Ordensburg Vogelsang 1934-1945 sowie Vogelsang – Geschichte der ehemaligen Ordensburg ergänzen. Die Online-Suchaktion war erfolgreich!

Suchanfrage

Alben oder Fotoarchive können recht wichtig sein, denn sie ermöglichen auch manchen Rückschluss auf Familienstrukturen, Vermögensverhältnisse, Aktivitäten oder die jeweilige Berufstätigkeit des Abgebildeten. Ich fragte in meiner NEWS: „Wer kennt den bärtigen Mann mit der Milchkanne?“ und suchte einen jüdischen Eifelbewohner, den m.E. das Foto auswies. Es wurde 1937 von einem „Junker“ anlässlich einer Busfahrt durch die Eifel gemacht und sollte wohl ganz bewusst einen „typischen Juden“ zeigen. Da es kaum derartige Bilder aus den „hinterwäldlerischen Eifelgebieten“ der Zeit 1937/38 gibt, hätte es dem Nachweis eines regionalhistorischen Sachverhaltes dienen können. Jüdische Leser meiner Homepage korrigierten jedoch bald meine Erwartung. Die endgültige Auskunft erhielt ich dankenswerterweise von Herrn Kurt K. aus Düren, einem engagierten Mitarbeiter des neuen Stadtmuseums: „Es handelt sich um einen Mönch an der Tankstelle der bekannten Abtei Mariawald bei Heimbach. Die Tankstelle stand am Tor zum Wirtschaftshof des Klosters und wurde bereits vor sehr langer Zeit entfernt.“ Herr Kurt K. hatte sich zusätzlich mit der Abtei in Verbindung gesetzt und weitere Details erfahren.

Die „Junker“ der ehemaligen Ordensburg Vogelsang waren meist aus der Kirche ausgetreten, aber in der irritierenden NS-Diktion „gottgläubig“. Insofern kommt dem besagten Foto des „Junkers“ eine neue Bedeutung zu.

05.01.2010

Zeitungsartikel über neue Jupp-Weiss-StraßeDas neue Kalenderjahr beginnt mit einer guten Nachricht: Der Euskirchener Stadtrat entschied, in Euskirchen-Flamersheim eine Straße nach dem hier geborenen Josef Weiss zu benennen. Damit kam er einem Wunsch nach, der nicht nur weltweit in jüdischen Kreisen seit Jahren geäußert wurde. Künftig wird im Neubaugebiet des Vorortes an „Jupp“ erinnert, den letzten Judenältesten von Bergen-Belsen.

Diese Funktion wurde ihm von der SS aufgezwungen (Dezember 1944 bis April 1945) und war mit unvorstellbaren Anforderungen   verbunden. Bei Kriegsende herrschten in den Konzentrationslagern unmenschliche Zustände, und dies galt ganz besonders für Bergen-Belsen.

Dieses Konzentrationslager wurde zu einem Symbol für die Gräuel und Verbrechen des nationalsozialistischen Konzentrationslagersystems, für den Terror und die deutschen Verbrechen der NS-Zeit. Dass in einem solchen Inferno ein Voreifeler Jude zum Vorbild und zur Hoffnung vieler Menschen werden konnte, wird wahrscheinlich im­mer bewundernswert bleiben! In der Funktion als „Judenältester" war Josef Weiss (1893-1976) „Held in der Brandung des Holocaust". Eine Straße in Flamersheim wird künftig an ihn erinnern.

Bagger vor der neuen Jupp-Weiss-StrasseDie künftige Jupp-Weiss-Straße wird sich im Flamersheimer Neubaugebiet „Im Mühlacker“ befinden, wo die Parzellierung und ersten Arbeiten bereits begonnen haben. Jedoch wird es noch eine gewisse Zeit dauern, bis es zur offiziellen Enthüllung des Straßenschildes kommt, da erst demnächst die Neubauten erstellt werden. Dennoch haben schon jetzt Angehörige von Josef Weiss in Israel und England, aber auch Vertreter jüdischer Organisationen ihre Anwesenheit angekündigt. Folgender Link führt zu einem ausführlichen Beitrag und einem Artikel des EUSKIRCHENER WOCHENSPIEGELs vom 30. Dezember 2009:

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