Vor 30 Jahren: Pläne für die Gestaltung des historischen Marktplatzes
von Euskirchen (1980)

von Hans-Dieter Arntz
Aus: Kölner Stadtanzeiger, Eifeler Land, vom 9. April 1980
11.08.2010

kapitaler Hirsch

 

Der Alte Markt soll noch im Jahre 1980 ein neues Gesicht bekommen. Nach der Maikirmes wird mit der Plattierung begon­nen. Anschließend gehört der historisch bedeutsame Platz den Fußgängern. Wie in alten Tagen können die Euskirchener hier flanieren, ohne im Slalom um parkende Autos herumlaufen zu müssen. Attraktiver Blickfang wird ein Brunnen sein. Die Stadtväter allerdings sind sich noch nicht einig, wie er ausse­hen soll. Stadtdirektor Dr. Hein­rich Blaß plädiert für einen Pumpenbrunnen in moderner Gestalt. Er ist dagegen, die No­stalgie zu weit zu treiben. Eine Un­terkommission des Planungsausschusses wird über die Gestaltung am morgigen Donnerstag um 17 Uhr eine Vorentscheidung treffen. Die Vor­schläge reichen von einem überdimensionalen Schachbrett, über eine Pumpe bis hin zu den unterschiedlichsten Brunnen­ausführungen.

Solche Überlegungen, das zeigt die Stadtgeschichte, sind nicht neu. So wollte zum Bei­spiel bereits im Jahre 1914 die Stadtverwaltung dem Markt­platz, der stets der Mittelpunkt kreisstädtischen Geschehens war, ein besseres Gesicht geben. Damals wurde eine Anzahl Bäu­me gepflanzt, die jedoch aus irgendeinem Grunde eingingen.

Alte Pumpe

Bekannt ist, dass etwa noch bis 1910 auf dem Marktplatz eine alte Pumpe stand, obwohl es schon seit 1886 eine Wasserlei­tung in Euskirchen gab. Der verstorbene Heimatforscher Hubert Lückerath erzählte ger­ne von dem Schild an der Pum­pensäule: „Verunreinigung ver­boten! Die Polizeiverwaltung", was nicht immer von Nachtschwärmern beachtet wurde.

Wenn auch der Markt sein Gesicht geändert hat oder noch ändern wird, er bleibt Mittelpunkt der Stadt, des geschäftlichen Lebens und der Geschichte. Hier wurde am 8. Oktober 1794 von den einmarschierenden französi­schen Revolutionstruppen der Freiheitsbaum aufgerichtet, hier fluteten im 1. und 2. Weltkrieg siegreiche und geschlagene Truppenverbände vorbei, ja, hier wurde 1859 noch ein kapi­taler Hirsch, der sich verlaufen hatte, erlegt.

Die Nationalsozialisten nutz­ten den geschichtsträchtigen Markt für Massenkundgebun­gen. Die Euskirchener Zeitung vom 22. März 1933 berichtete über den „Tag nationaler Hochstimmung":

„Auf dem Markte for­mierte sich der Zug um einen brennenden Holzstoß, und hier geschah etwas, was als Aus­druck der geeinten Kraft und des geeinten Willens gewertet werden muss: Hier wurden Kommunismus und Marxismus der Vernichtung übergeben. Die Banner mit Hammer und Sichel Moskauer Prägung, der Sozial­demokratie und die Fahnen Schwarz-Rot-Gold wurden hier unter dem Beifall der Tausenden verbrannt . . ."

Zum „Tippen“

Den ältesten Euskirchenern wird noch bekannt sein, dass zur Osterzeit der Marktplatz eine beliebte Stätte sichtbaren Eifeler Brauchtums war. Nach dem Hochamt in der St.-Martins-Kirche traf man sich zum „Tippen" mit gefärbten Eiern auf dem Marktplatz. Alt und jung betei­ligten sich daran, wenn es darum ging, möglichst viele Eier zu „zertippen", um sie dann als „Beute" mit nach Hause zu neh­men.

Dennoch waren nicht politi­sche, sondern städteplanerische Gründe ausschlaggebend dafür, sich ab 1934 Gedanken über die Umgestaltung des Euskirchener Marktplatzes zu machen. Im gleichen Jahr diskutierte die lo­kale Presse dieses alle Bürger interessierende Thema und be­tonte, „dass man dem Markt ein der Neuzeit entsprechendes Bild geben müsse, das auch den heu­tigen Verkehrsverhältnissen Rechnung trage".

So schlug der „Westdeutsche Beobachter" am 29. August 1934 an Hand einer detaillierten Skizze vor, den mittleren Teil des Marktplatzes in eine großzügig ausgebaute Grünanlage umzubauen. Ein großer Springbrunnen in der Mitte sollte im Sommer Kühlung spenden. Rasenflächen und Blumenbeete soll­ten das Auge des Bürgers er­freuen, der - laut Zeitungsarti­kel - „sich auf den aufgestell­ten Bänken abseits von dem Verkehr und trotzdem mitten in Getriebe unserer Stadtmitte einige Minuten der Erholung gönnt". Zu einer unterirdischer Toilettenanlage sollte oberir­disch ein Verkaufskiosk und eine öffentliche Fernsprechzelle kommen. Die Anlagen sollten etwas erhöht angelegt werden und nach vornezu durch eine Bruchsteinmauer eingefasst wer­den.

„Parkbetrieb ohne Störung“

Zwanzig Parkplätze waren dort vorgesehen, wo die Rat­hausgasse einmündet. „Da die Rathausgasse für jeden Durch­gangsverkehr gesperrt ist, dürf­te sich der Parkbetrieb hier ein­wandfrei und ohne Störung ent­wickeln." Heute dagegen ist man sich einig, dass es besser ist, die Autos wieder vom Markt zu verbannen.

Ein weiterer Diskussions­punkt war die Aufstellung der Schaubuden während der Kir­mes. Hierzu war ein „Platz hin­ter der Carmannstraße" einge­plant, „der als Viehmarkt vor­gesehen war". Heute wissen wir, dass der Charleviller Platz längst in das Kirmesgeschehen integriert ist.

 

Spessart Euskirchen

 

Eine vielen Euskirchenern be­kannte Zeichnung von Jean Spessart wurde am 21. 9. 1934 vom „Westdeutschen Beobach­ter" als Diskussionsgrundlage vorgestellt.

„Sie ist eine Ver­mittlung zwischen den verschie­denen Ansichten über die Umgestaltung des Alten Marktes. Alle Einwendungen, die be­haupten, dass der Charakter des Alten Marktes als Marktplatz durch eine Umgestaltung verlo­rengehen würde, sind durch die anschauliche Darstellung von vornherein, widerlegt, denn ge­rade durch die Anbringung eines Marktbrunnens wird, wie bereits erwähnt, der Charakter eines Marktes besonders unter­strichen".

Nur angedeutet

„Die ziemlich weit auseinander stehenden Bäume lassen den Durchblick auf alle Geschäfts­häuser offen und geben trotz­dem mit ihren grünen Baumkro­nen einen Ruhepunkt im städti­schen Straßengetriebe. Die Fi­gur des Brunnens ist im Bild nur angedeutet und könnte aus der Geschichte der Stadt Euskir­chen entnommen werden, oder sich auf die Industrie unserer Vaterstadt beziehen. Der Eingang einer unterirdischen Toilettenanlage wird sich hinter dem Brunnen befinden und kaum sichtbar werden. Der gan­ze Markt würde als Autoparkplatz frei bleiben, und mancher Marktbeschicker wäre froh, wenn er sich im Sommer einmal unter dem Schatten eines Bau­mes für einen Augenblick aus­ruhen kann."

Soweit die Lokalredaktion des „Westdeutschen Beobachters" vom 21.September 1934.

 Im Jahre 1980 ist man sich einig, dass der Alte Markt nicht durch etwas „Supermodernes" verschandelt werden soll. Da die Verwaltung bei der Gestal­tung des Brunnens mit Kosten zwischen 50 000 und 150 000 Mark rechnet - wovon wahr­scheinlich 75 Prozent durch Zu­schüsse getragen werden -, sollte sich die neu gegründete „Brun­nenkommission", der je zwei Vertreter der Ratsfraktion an­gehören, auf die Stadtge­schichte besinnen. Denkbar bei­spielsweise wäre es, die einst blühende Tuchindustrie Euskir­chens bei der Gestaltung des Brunnens zu berücksichtigen. Sicher findet außerdem der be­reits 1934 geäußerte Wunsch nach Bäumen, die die geplanten Kunststein- und Natursteinflä­chen unterbrechen, auch heute noch Freunde.

 

Euskirchener Martplatz 1   Euskirchener Martplatz 2
     
Euskirchener Martplatz 3   Euskirchener Martplatz 4

 

Das heutige Aussehen des Euskirchener Marktplatzes: 30 Jahre nach dem Zeitungsartikel vom 9. April 1980

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