Rechtsextremismus und Neonazismus in der Eifel und Voreifel

von Hans-Dieter Arntz
07.06.2009

Etwa zur gleichen Zeit, in der die Wahlen zum Europaparlament anstehen, wurde in Euskirchen-Flamersheim indirekt die Familie Robert Schumann - mit Konrad Adenauer einer der Mitbegründer der Europäischen Union – beleidigt. Die Schändung des jüdischen Friedhofs von Flamersheim ist insofern besonders skandalös, weil das Grabmahl der jüdischen Familie Cleffmann besprayt wurde. Wie bereits in meinem Online-Artikel und an anderer Stelle dargestellt, ist sie verwandt mit dem französischen Außenminister Robert Schumann. Aber es ist davon auszugehen, dass die Täter aus der potenziellen Szene der Neonazis zu dumm waren, diesen historischen Zusammenhang – und dann noch im Vorfeld der Europawahlen – zu kennen.

 

Imag5

Epitaph der jüdischen Familie Cleffmann (Flamersheim)


Antisemitische Schmierereien gab es schon mal in den letzten Jahren in der Eifel und Voreifel. Aber der kritische Beobachter der Szene stellt in letzter Zeit verstärkte Tendenzen fest, neonazistische Ansichten zu propagieren. Die Formen sind unterschiedlich, aber deutlicher denn je.

Zusammengefasst glaube ich festgestellt zu haben, dass sich eine Spur von Aachen über Stolberg nach Schleiden und dann wieder durch den Voreifeler Bereich von Euskirchen über Rheinbach und Meckenheim nach Bonn verfolgen lässt. Die zweite Spur geht von Düren in das Vorland der Domstadt Köln. Gelegentlich ist unklar, ob es sich um Vandalismus oder den verstärkten Ausdruck von Antisemitismus handelt. Zu warnen ist aber vor hysterischer und vorzeitiger Beurteilung. Aber es ist eine Tatsache, dass die Reaktionen in den jeweiligen Kommunen unterschiedlich sind.

Diesbezügliche Beobachtungen sind differenziert und manchmal politisch pointiert. Aber egal aus welchem Lager sie kommen, sie konstatieren einen Protest gegen die israelische Politik, eine potenzielle Abneigung gegen das Judentum und provozieren durch ein Vokabular des Unmenschen und eine Symbolik des Nationalsozialismus. Meine Homepage fühlt sich keiner politischen Richtung verpflichtet, meint aber, durchaus auch auf „linke“ Beobachtungen hinweisen zu müssen. In diesem Zusammenhang stellt sich der Pressespiegel der „Antifaschistischen Aktion“ als Katalog rechtsextremer Ereignisse dar. Weiterhin ist auf „Klarmanns Welt“ hinzuweisen, eine Website, die sehr präzise diesbezügliches wiedergibt. Hier werden sogar Referate, Dossiers und Beratung angeboten. Einen sehr guten Gesamtüberblick über die Thematik „Neonazis sind sehr aktiv in unserer Eifelregion“ gibt der Beitrag der gut informierten Journalisten Gudrun Klinkhammer und Manfred Lang.

In diesem Zusammenhang wird von„PoliticallyINcorrect“ meine Homepage www.hans-dieter-arntz.de als „sehr lesenswert“ erwähnt. Ich hatte am 21. Mai 2009 den o.a. Online-Artikel Schändung des jüdischen Friedhofs von Euskirchen-Flamersheim – Anmerkungen und Fotodokumentation publiziert und die Stadt Euskirchen zur baldigen Reaktion aufgefordert. Dies geschah unauffällig und tatkräftig. Die Kontaktaufnahme des „Staatsschutzes“ mit mir (Bonn Dir K / KK 31) am 25. Mai erklärte deren unauffällige Strategie.

 

Imag4   Imag4

Beschmierter Grabstein auf dem Friedhof in Euskirchen-Flamersheim

 

Seit Januar 2009: Euskirchen, Kreuzung am Stadtwald

 

Derselbe Beitrag geht detailliert auf das Geschehen in der Eifel ein. Ganz anders verläuft es hier im Falle Hellenthal-Blumenthal, wo in der Nacht zum 30. Mai 2009 das am 9. November 2008 eingeweihte jüdische Mahnmal geschändet wurde. Eine Glasscheibe inmitten des „Guillotinen-Mahnmals“ wurde durch einen Steinwurf vollständig zerstört. Bis heute konnte nicht geklärt werden, ob es sich um Vandalismus oder Rechtsextremismus handelt. In meinen NEWS vom 24. November 2008 wies ich auf eine spezielle Problematik für Hellenthal-Blumenthal hin:

Darüber, dass das neue Mahnmal nicht unumstritten ist, wurde bereits Anfang November in der Presse berichtet. Es gleicht nämlich einer Guillotine und befindet sich auf einer ungepflegten Parzelle, in der Nähe einer Schrottverwertung. Spätestens bei der recht bewegenden Einweihung am 9. November wurde vielen klar, warum sich der weitsichtige, ehemalige Bürgermeister Dr. Armin Haas – wie auf meiner Website bereits berichtet - ostentativ gegen diese Stele gewandt hatte. Nur wenige Meter entfernt, auf dem jüdischen Friedhof von Blumenthal, gibt es nämlich seit 20 Jahren bereits ein würdiges Mahnmal.

Zwei Mahnmale und eine weitere Gedenktafel zur Erinnerung an einen kleinen j üdischen Gebetsraum in Blumenthal (bis 1904) wirken auf nur wenigen Quadratmetern erdrückend. Man sollte dem offenbar rührigen Arbeitskreis Judit.H. empfehlen, endlich ein didaktisches Konzept zu erarbeiten und eine aussagekräftige Dokumentation in Buchform zu publizieren. Dies dürfte für die künftige Erinnerungskultur der kleinen Eifelgemeinde Hellenthal effektiver sein als die jährlichen Gedenkmärsche und das Festhalten an einer kurzfristig avisierten „Mahnmalisierung“.

Imag5

Einweihung des neuen Mahnmals in Hellenthal. Die Scheibe in der Mitte wurde in der Nacht zum 30. Mai 2009 zerstört.

Dass das „Guillotinen-Mahnmal“ schon vorher zum Nachdenken Anlass gab, formulierte ich in meinem Online-Artikel Kritische Anmerkungen zum 70. Jahrestag der „Reichskristallnacht“ und des „Novemberpogroms“ in der Eifel und Voreifel. Die Verantwortlichen in Hellenthal, denen eine Aktivität in Sachen „Demonstration des Nicht-Vergessens“ zugestanden werden muss, sollten sich jedoch nicht voreilig auf rechtsextreme Aktivitäten festlegen. Stattdessen gibt es noch zuviel aus der Zeit des Dritten Reiches aufzuarbeiten!

Hinter vorgehaltener Hand wird bereits schon jetzt der Verdacht geäußert, dass das Einwerfen der Scheibe einen anderen Unwillen dokumentiert. Anders als zum Beispiel in Flamersheim gibt es keine Graffiti von Hakenkreuzen oder jüdischen Beleidigungen. Insofern informiert ein Artikel in der Lokalpresse recht sachlich über die Geschehnisse auf dem Grundstück der ehemaligen Synagoge: „Hintergrund noch offen“. Ob die trotzige Reaktion eines Verantwortlichen im Fernsehen: „Wir werden nach jeder Zerstörung immer wieder alles instand setzen“ zu potenziellen Wiederholungen anregt, klug oder motivierend war, wird sich in nächster Zeit herausstellen. Vgl. hierzu den Beitrag der „Aktuellen Stunde – Lokalzeit Aachen“ vom 2. Juni 2009. Dass die Blumenthaler, die in unmittelbarer Nähe des Mahnmals wohnen, nichts von der Zerstörung der großen Scheibe mitbekommen haben, ist wirklich bedauerlich.

« zurück zum Seitenanfang