Zeichen gegen das Vergessen: Kall, Mechernich, Weilerswist und Hellenthal

von Hans-Dieter Arntz
16.11.2010

Die immer weniger werdenden Gedenkfeiern im Kreise Euskirchen zur Erinnerung an den Novemberpogrom 1938 standen unter dem Gedanken: „ Wachsam gegenüber der Gewalt bleiben!“ Wie bereits in meinen NEWS vom 6. November 2010 erwähnt, unterblieben auch in diesem Jahr offizielle Veranstaltungen des Erinnerns und der Warnung in der Kreisstadt Euskirchen. Stadtarchiv, die Städtische Bücherei, die Kirchen oder der 700 Mitglieder starke Geschichtsverein des Kreises sehen schon seit Jahren von Veranstaltungen zur Erinnerung an den Novemberpogrom 1938 ab. Bereits vor zwei Jahren war es peinlich, dass selbst zum 70. Jahrestag der „Reichskristallnacht“ nur der Weiss-Verlag und der „Wochenspiegel“ eine stark besuchte Veranstaltung initiierten, an der damals etwa 120 Zuhörer anwesend waren.

 

Vortrag

Kall

Umso beeindruckender waren die Aktivitäten in den kleinen Gemeinden der Eifel und Voreifel. Die aus Israel angereiste Mirjam Bruderman, deren Vater, Moses Fernbach, zur damaligen Zeit in Kall die jüdische Schule in der Gemünderstraße leitete, erlebte gemeinsam mit ihrer älteren Schwester Susi die Ausschreitungen. Die beiden Mädchen waren allein im Hause und mussten um ihr Leben fürchten. Die benachbarte Synagoge wurde von einheimischen Nazis angesteckt. Über ihre Erlebnisse, die bereits in dem Buch „REICHSKRISTALLNACHT“ dargestellt wurden, sprach Mirjam Bruderman geb. Fernbach vor Angehörigen der christlichen Kirchen und Schülern der benachbarten Schulen. Trotz des schlechten Wetters nahmen etwa 70 Bürger am diesjährigen „Weg der Erinnerung" aus Anlass des Jahrestages der Reichspogromnacht teil. Erklärungen wurden an den jeweiligen „Stationen“ gegeben, die mit der Geschichte des Judentums in Kall unmittelbar zu tun hatten.

 

Kaller Gedenkstein

Mechernich

Einen Tag vor dem Jahrestag der Pogromnacht fand in Mechernich ein Gedenkgang für die Opfer der Verfolgung und Gewaltherrschaft statt. Schon in meinen NEWS vom 28. November 2009 hatte man sich dieser „erweiterten Thematik“ angenommen. In diesem Jahr waren die Haupt- und Realschule, das Gymnasium am Turmhof sowie die evangelische und katholische Pfarrgemeinde die engagierten Veranstalter.

Der Gedenkgang begann am Dienstag, dem 9. November, am jüdischen Friedhof im Steinrausch. Die Gräber beweisen, dass es in Mechernich eine große Gemeinde gab, die sich nach der „Reichskristallnacht“ schnell auflöste. Die damaligen Ereignisse in Mechernich blieben unvergesssen. Die zweite „Station“ des Gedenkganges befand sich im Gymnasium am Turmhof. Das Programm teilte mit, dass hier die Schüler berichten wollten, wie die Nazis im Erziehungs- und Schulbereich Rassenwahn, Gewalt und Unmenschlichkeit propagierten. Letzte Station war die Andreas-Girkens-Straße, deren Benennung der Autor dieser Homepage initiiert hatte. Der Widerstand des Mechernicher Bäckers wurde in dem Dokumentationsband Judenverfolgung und Fluchthilfe im deutsch-belgischen Grenzgebiet auf den Seiten 454-459 beschrieben.

 

Friedhof Mechernich

Weilerswist

Um am 72. Jahrestag der Reichspogromnacht an die Verfolgung durch den Faschismus in Weilerswist zu erinnern, hatten die Gemeinde, die christlichen Kirchen und die Gesamtschule zu einem „Gang des Gedenkens“ eingeladen. Er begann am Rathaus und endete im Forum der Schule. Die Euskirchener Lokalausgabe des Kölner Stadt-Anzeigers vom 16. November 2010 berichte hierüber unter der Überschrift: Zeichen gegen das Vergessen.

Über 100 Teilnehmer hatten sich an der Gedenkstele vor dem Rathaus versammelt, wo Schüler die Namen der Holocaust-Opfer aus der Gemeinde Weilerswist verlasen. Im Forum der Gesamtschule präsentierten die Schüler anschließend ihr Bühnenprogramm „Erinnern – eine Brücke in die Zukunft“. Nicht nur „die Theatervorführungen und musikalische Darbietungen spannten einen Bogen von den historischen Ereignissen der NS-Zeit zur Gegenwart. (...) Ein Musikstück nahm Bezug auf das El-DE-Haus in Köln, in dem früher die Gestapo-Zentrale untergebracht war. Der Liedtext stammte aus einem auf die Zellenwand geschriebenen Abschiedsbrief eines jüdischen Mädchens an seine Mutter.“

 

Zeichen gegen das Vergessen

Hellenthal

Die Antifa Euskirchen/Eifel zeigte ihr Engagement in Form von inoffiziellen, internen Trauerkundgebungen in Euskirchen und Hellenthal (Blumenthal). Auf ihrer Homepage zeigt sie in Wort und Ton ihre diesbezüglichen Aktivitäten. Grundsätzlich ist ein Blick auf Website sehr lesenswert.

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