„De Jüddeschull“ in Euskirchen und Weiteres zum jüdischen Schulwesen in der Voreifel – Regionalhistorisches zu einem heute antisemitisch belasteten Begriff –

von Hans-Dieter Arntz
Quelle: Jahrbuch des Kreises Euskirchen 2020, S. 83 – 93
05.01.2020

VORWORT

Im gerade erschienenen Jahrbuch des Kreises Euskirchen 2020 befasse ich mich auf den Seiten 83-93 mit dem jüdischen Schulwesen in der Voreifel und exemplarisch mit der "Jüddeschull" in Euskirchen. Der Beitrag ergänzt meine Forschungsergebnisse zum Thema "Judentum in der Eifel und Voreifel", die ich seit den 1970er Jahren publizieren konnte. Vgl. hierzu:

Bücher

Gesamtaufstellung der Publikationen in regionalen Jahrbüchern oder historischen Websites

Gesamtaufstellung der Zeitungsartikel zu regionalhistorischen Themen

Meine Homepage zum Thema Judentum in der Eifel und Voreifel

 

Der eigentlich zu kurze Artikel skizziert das jüdische Schulwesen in der Voreifel seit dem 15./16. Jahrhundert bis zum radikalen Verbot durch die rassistischen Nationalsozialisten.

Nach der "Reichskristallnacht" wurde es am 15. November 1938 allen jüdischen Schülern grundsätzlich verboten, öffentliche Schulen zu besuchen. Das Reichsministerium für Wissenschaft und Erziehung begründete dies mit den polemischen Worten, dass es "[n]ach der ruchlosen Mordtat von Paris […] keinem deutschen Lehrer und keiner Lehrerin mehr zugemutet werden [kann], an jüdische Schulkinder Unterricht zu erteilen. Auch versteht es sich von selbst, daß es für deutsche Schüler und Schülerinnen unerträglich ist, mit Juden in einem Klassenraum zu sitzen."


Und weiter hieß es in der Anweisung, dass zwar die "Rassentrennung im Schulwesen [...] in den letzten Jahren im allgemeinen bereits durchgeführt" worden sei, doch sei "ein Restbestand jüdischer Schüler auf den deutschen Schulen übrig geblieben, dem der gemeinsame Schulbesuch mit deutschen Jungen und Mädeln nunmehr nicht weiter gestattet werden kann." (Vgl. Amtsblatt des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung und der Unterrichtsverwaltungen der Länder, Berlin 1938).


Auch in der Voreifel fand jüdischer Religionsunterricht in den typischen Religionsschulen der israelitischen Gemeinden statt. Sie wurden im Eifeler Dialekt als "Jüddeschull" bezeichnet und von der Bevölkerung sprachlich etwas abfällig abgetan. Eigentlich drückte jedoch der Begriff früher nur eine Abgrenzung und das religiöse Anderssein aus, wirkte aber keineswegs bösartig. Dasselbe bezog sich auch auf die jüdischen Elementarschulen.

Dennoch war die Bezeichnung "Jüddeschull" schon immer etwas belastet, da die dort angeblich herrschende Lautstärke als angeblich typisch jüdisches Verhalten abqualifiziert wurde. Selbst heute noch vergleicht der Volksmund ungewohnte Lautstärke mit dem Zustand "wie in einer Jüddeschull". Das ist offenbar dadurch begründet, dass dieser Raum meist in der Synagoge selber untergebracht war, wo die jungen Religionsschüler die Tora durch lautes Aufsagen erlernten, was wohl einen erheblichen Geräuschpegel verursachte.

 


Die jüdische Schule von Flamersheim (1923) v.l.n.r.
Untere Reihe: Hans Hermann, Kurt Weiss, Leo Oster, Siegfried Oster
Mittlere Reihe: Else Oster, Erna Herz, Lehrer Stern, Henriette Oster, Sibylla Hermann
Obere Reihe: Martha Weiss, Richard Oster, Selma Ulmer, Emil Ulmer
Vgl. hierzu: Hans-Dieter Arntz: JUDAICA - Juden in der Voreifel (1983), S. 171

 

Aufgrund nationalsozialistischer Diffamierung bleibt auch heutzutage noch der Begriff "Judenschule" leider antisemitisch belastet und erinnert nicht mehr an die ländliche "Jüddeschull" in unserer Voreifel, in der es angeblich "anders zuging" und von der man sich auch im "Öskerchener Platt" eigentlich nur etwas abgrenzen wollte.
Könnte heutzutage eine derartige Entwicklung nicht zum Vergleich und Nachdenken anregen?

Es folgt nun der eigentliche Artikel:

"De Jüddeschull" in Euskirchen und Weiteres zum jüdischen Schulwesen in der Voreifel. - Regionalhistorisches zu einem heute antisemitisch belasteten Begriff (Quelle: Jahrbuch des Kreises Euskirchen 2020, S. 83-93)

 

 

Folgende Beiträge habe ich seit 1972 im Jahrbuch des Kreises Euskirchen publiziert:

Die Entstehung des Euskirchener Elementarschulwesens, in: HEIMATKALENDER Jg.1972, S. 50-55.

 

Jahrbuch Kreis Euskirchen

Höheres Mädchenschulwesen in Euskirchen am Ende des 19. Jahrhunderts, in: Jg. 1974, S. 108 – 110.

Sozio-kulturelle Voraussetzungen im 19. Jahrhundert für die Gründung einer Euskirchener „Realschule", in: Jg. 1974, S. 72 – 74.

Eine Sonntagsschule für die Fabrikknaben, in: Jg. 1977, S. 35 – 38.

Gymnasium Marienschule Euskirchen 1939 bis 1949, in: Jg. 1978, S. 30 – 38.

Hexenwahn wie eine Epidemie, in: Jg. 1979, S. 71 – 74.

Die Kreisstadt Euskirchen und „ihre Soldaten", in: Jg. 1980, S. 88 - 95.

Wo der Nachwuchs geschult wurde. Ordensburg Vogelsang – Früher „Bollwerk des Westens“, in: Jg. 1980, S. 16 -21.

Die Geschichte der Juden in der Eifel. Sofort nach der Machtübernahme begann die große Leidenszeit, in: Jg. 1981, S. 146 -156.

Wilhelm I., die Landesmutter und der Kronprinz kamen im Sonderzug, in: Jg. 1982, S. 14 – 23.

Religiöses Leben eines Euskirchener Juden im Ghetto von Riga - Nach den Erinnerungen von Karl Schneider, in: Jg. 1983, S. 68 - 86.

Kriegsende 1945 in Münstereifel - Aus dem Tagebuch von Martin Schumacher, in: Jg. 1985, S. 68 – 77.

Ehrenbürger Paul von Hindenburg auf „Stippvisite" in der Kreisstadt. Der Reichspräsident kam am 11. Oktober 1930 im Sonderzug, in: Jg. 1986, S. 52 – 56.

Bürgermeister der heutigen Kreisstadt im 19. Jahrhundert – Große Verdienste um Wohl und Entwicklung von Euskirchen, in: Jg. 1987, S.138 –141.

Josef Weiss, ein Held in der Zeit des Holocaust, in: Jg. 2008, S. 78 - 86

Die „Reichskristallnacht" in der Kreisstadt Euskirchen, in: Jg. 2009, S. 34 - 46

Jüdisches im Dialekt und Platt der Voreifel und Eifel, in: Jg. 2010, S. 8 – 17.

Die Evakuierung des Höhengebietes von Hellenthal und Schleiden, in: Jg. 2011, S. 21-27.

Auf den letzten Spuren jüdischen Betens in der Voreifel, in: Jg. 2012, S. 37 – 42.

Eine menschliche Tragödie im Euskirchener „Judenhaus" Baumstraße 7, in: Jg. 2013, S. 24 - 31.

Euskirchener Stadtgeschichte: Viehplätzchen-Viertel und Rüdesheimer Stadttor, in: Jg. 2014, S. 30 – 38.

Dechant Joseph Emonds als „Gerechter unter den Völkern“ gewürdigt. Ehrung eines Judenretters und Pazifisten, in: Jg. 2015, S. 19 - 27.

Christlich-jüdische Freundschaft zwischen Wilhelm Müller und Alfred Seligmann. Hinweis auf einen „stillen Helfer“ im Dritten Reich, in: Jg. 2016, S. 56 – 67.

Aus den „amtlichen Mitteilungen“ des Kreises Euskirchen (1945 – 1947) – Kriminalität in der Nachkriegszeit, in: Jg. 2017, S. 66 – 77.

Ferdinand Bayer, der einzige Rabbiner der Altkreise Euskirchen und Schleiden. – Ein Beitrag zur „großen Stille nach dem Holocaust“, in: Jg. 2018, S. 34 – 41.

An der Erft „vor dem Tore, da stand ein Lindenbaum“: Der „Krusche Boom“ in Euskirchen --  Zur Chronik eines Naturdenkmals (1828 -1975), in: Jg. 2019, S. 202 – 208.

"De Jüddeschull" in Euskirchen und Weiteres zum jüdischen Schulwesen in der Voreifel – Regionalhistorisches zu einem heute antisemitisch belasteten Begriff, in: Jg. 2020, S. 83 – 93.

« zurück zum Seitenanfang