Vorbehalte gegen einen ausgelobten „Willi-Graf-Preis“ in Euskirchen:
„Willi Graf spielte in ganz anderer Liga“

von Hans-Dieter Arntz
11.10.2009

Unter der Überschrift Besser ein „Preis für Zivilcourage“ als „Willi-Graf-Preis!!!“ stellte ich in meinen NEWS vom 28. September 2009 die Frage, ob bei dem Lob für couragierte Euskirchener Schüler ein Bezug zu einem deutschen Widerstandskämpfer nicht zu populistisch wäre. Folgender Beitrag war Anlass für eine lebhafte Diskussion, die inzwischen wohl meine Ansicht bestätigte:

Willi Graf 1Eventuell eine Nummer zu groß ist ein künftig ausgelobter Preis, der nach dem Widerstandskämpfer Willi Graf benannt werden soll. Ab dem kommenden Schuljahr soll ein „Willi-Graf-Preis“ die Euskirchener Schulkinder und die Schülerschaft der allgemeinen und berufsbildenden Schulen dazu motivieren, Zivilcourage im Alltag zu beweisen. Mag die eigentliche Absicht der Initiatoren irgendwie nachvollziehbar sein, aber ich vermisse doch bei der eigentlichen Bezeichnung des Preises den Respekt vor der Leistung eines Widerstandskämpfers und einen Mangel an historischer Sensibilität.

Da in Euskirchen seit der Nazizeit kein einziger Fall bekannt geworden ist, der die Nominierung einer derartig verpflichtenden Auszeichnung rechtfertigen würde, gibt es schon kurz nach der Entscheidung der Euskirchener Stadtverordneten Befremden und begründete Vorbehalte.

 


Willi Graf 1
Der aus Kuchenheim stammende Widerstandskämpfer WILLI GRAF (1918-1943) im Alter von 4 Jahren (Archiv: Hans-Dieter Arntz) 

Hintergrund der beginnenden Diskussion ist wohl die ausgezeichnete Arbeit einiger Oberstufenschüler des Gymnasiums Marienschule Euskirchen, die sich im Rahmen eines Geschichtswettbewerbs des Bundespräsidenten mit der Lebensgeschichte des Widerstandskämpfers Willi Graf befasst hatten. Dieser wurde am 2. Januar 1918 in der Voreifel-Gemeinde Kuchenheim (heute ein Stadtteil von Euskirchen) geboren und wohnte dort bis 1922. Als Mitglied der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ wurde er am 12. Oktober 1943 von den Nationalsozialisten hingerichtet.

Ob nun der unerwartete Tod seiner jüngeren Schwester Anneliese Knoop-Graf (*30.01.1921, † 27.08.2009) oder die jüngst in der Presse dargestellten Beispiele für vorbildliche Zivilcourage deutscher Bürger Ursache waren, dass die Euskirchener Ratsherren unwidersprochen der Bezeichnung „Willi-Graf-Preis“ zustimmten, ist unklar. Der Kölner Stadt-Anzeiger bestätigte jedoch in seiner Ausgabe vom 25. September 2009, dass sich der städtische Ausschuss für Schulen, Generationen und Soziales tatsächlich für einen solchen Preis ausgesprochen hat.

Aber bereits die Reaktion der SPD-Sprecherin Martina Grundler bewies, dass die Bewertung des „Willi-Graf-Preises“ auch künftig nicht unumstritten bleiben wird. Zu der nominell sicher zu populistisch angesetzten Auszeichnung mit einer Dotierung von nur 100 Euro meinte sie, dass sie „schallend gelacht habe, als sie die Sitzungsunterlagen las“. Wäre also nicht – auch in Bezug auf die Bewertung der Historie - die Bezeichnung „Preis für Zivilcourage“ für Euskirchener Schüler angebrachter?

Folgende Links dienten zur weiteren Information:

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Preis für Zivilcourage (Kölner Stadt-Anzeiger, Lokalteil Euskirchener Land, vom 25.09. 2009)

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Widerstandskämpfer Willi Graf

 

Kaum war die NEWS vom 28. September auf meiner regionalhistorischen Homepage abrufbar, als schon die ersten e-mails eintrafen. Von einer Ausnahme abgesehen, schlossen sich schon am Anfang einer beginnenden Diskussion die meisten Leser meiner Meinung an. Dass Zivilcourage gefördert werden sollte, lag allen am Herzen, dass aber Schulkinder der Voreifelstadt Euskirchen im gleichen Atemzug mit einem Mitglied der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ genannt werden sollten, fanden die meisten übertrieben. Daran schien auch die Tatsache nichts zu ändern, dass Willi Graf in Kuchenheim – einer damals noch nicht zu Euskirchen gehörigen Gemeinde – geboren wurde und hier knapp 4 Jahre gelebt hatte.

Der Euskirchener Journalist Michael Schwarz griff meine NEWS vom 28. September sofort auf und interviewte mich zum Vorwurf der „fehlenden historischen Sensibilität“ in Euskirchen. Meine Bedenken wurden von der Kölnischen Rundschau am 30. September im Kreisgebiet Euskirchen zur Diskussion gestellt:

 

Willi Graf Debatte

 

Willi Graf Debatte

PDF   Zeitungsartikel: „Willi Graf spielte in ganz anderer Liga“

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Vorbehalte gegen einen ausgelobten „Willi-Graf-Preis“ in Euskirchen: „Willi Graf spielte in ganz anderer Liga“

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Statt eines „Willi-Graf-Preises“ in Euskirchen: Wie wär‘s mit einem „Dominik-Brunner-Preis für Zivilcourage“? – Abschließende Bemerkungen zum avisierten „Willi-Graf-Preis“ für Euskirchener Schüler

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Kein Anwärter für „Willi-Graf-Preis“ in Euskirchen!

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