Wie die Juden von Kommern endlich zu ihrem Gedenkstein kamen –
Teil 3:  Eine Feier ohne anwesende Opfer

von Hans-Dieter Arntz
05.06.2007
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Nach Weilerswist, Euskirchen, Gemünd, Zülpich-Embken und Flamersheim gab es nun auch in dem Vorort von Mechernich, dem im Jahre 1985 rund 3 000 Einwohner zählenden Kommern, einen Gedenkstein - gegenüber dem jüdischen Friedhof- , der an die einstige recht große Synagogengemeinde erin­nert. Am ersten Septembersonntag wurde er im Beisein zahlreicher Vertre­ter des Landes Nordrhein-Westfalen, des Landrates des Kreises Euskirchen, des Mechernicher Bürgermeisters und vieler Ehrengäste eingeweiht. Zwar gab es eigentlich keine Juden aus Kommern, dafür aber aus Bonn, Köln und Düren.

Teil 3 beschreibt die Einweihung des Mahnmals zur Erinnerung an die jüdische Gemeinde von Kommern sowie den Festakt am Nachmittag des 1. September 1985. Beteiligt an den Feierlichkeiten waren: Katholische und Evangelische Pfarrgemeinde Kommern, das Vereinskartell, der evangelische Posaunenchor, der evangelische Singkreis Roggendorf, der Musikverein und Männergesangverein Kommern, das Jugendorchester der Musikschule Mechernich, die Grundschule Kommern und die jüdischen Künstler des Trio Kinnor. Das Kapitel beinhaltet eine Anzahl von Fotos.

 

Einen Überblick über die Gestaltung der Veranstaltung gibt aus kirchlicher Sicht  „Der Weg“, das Evangelische Sonntagsblatt für das Rheinland:

 

Brückenschlag – nicht ganz gelungen
Jüdische Gäste blieben Mahnmaleinweihung fern

 

Die Beteiligung war durchaus dem Ereignis angemessen. Jüdische Gäste aus dem ganzen Rhein­land waren gekommen, rund 400 Ein­heimische wohnten den Feierlichkeiten bei, alle Parteien, Organisationen und Ortsvereine hatten Vertreter entsandt. Der katholische Geistliche des Dorfes, Pfarrer Jakob Bister, las den Text Jesaja 65, Vers 16 bis 25. Der evangelische Pfarrer der Kirchengemeinde Roggen­dorf, Günther Pannes, der sich die reli­giöse Aufarbeitung des Themas „Chri­sten - Juden" sehr angelegen sein lässt, betonte in seiner Ansprache, wie unsag­bar schwer es wäre, die Dimension der nationalsozialistischen Verbrechen in Worte zu fassen. Er ergänzte, dass es „für uns alle befreiend wirken muss", dass wenigstens ein Vertreter der Kom­merner Juden zu einem Besuch in sein Heimatdorf gekommen sei. Der Landesrabbiner von Nordrhein-Westfalen, Abraham Hochwald, sprach den jüdischen Segen sowie das Toten­gebet. So erklang erstmals seit 43 Jah­ren wieder ein hebräisches Klagelied über den jüdischen Friedhof am Prin­zenweg. Der Landesrabbiner stellte die Symbiose zwischen Judentum und Deutschtum während des Ersten Welt­krieges in den Vordergrund seiner Überlegungen. Damals seien mehr als 12.000 jüdische Soldaten für ihr deut­sches Vaterland gefallen; mehr als 35.000 erhielten Orden und Ehrenzei­chen. Umso schmerzvoller die Ereig­nisse der kommenden Jahre. Das Mahn­mal von Kommern solle allen Bürgern die Hoffnung und Zuversicht vermit­teln, dass die kommenden Generationen die Unantastbarkeit der Würde eines jeden Menschen als heiliges Kulturgut zu bewahren und zu beschützen wissen.

Die Feierlichkeiten wurden vom evan­gelischen Singkreis und dem evangeli­schen Posaunenchor der Kirchenge­meinde Roggendorf umrahmt.

Die Redakteure Günter Bressau, Manfred Görgen und Manfred Lang und H. Hansen berichteten  für ihre Zeitungen in Wort und Bild über die Mahnmal-Einweihung in Kommern:

 

Der PRESSE-SPIEGEL:

Keine bequeme Feier...
232 Jahre jüdische Gemeinde Kommern und ihr trauriges Ende
Knüppel zwischen die Beine der Organisatoren


Ein Bericht der Kölnischen Rundschau, Lokalteil Euskirchen, vom 2. September 1985
Text: Manfred Lang                     Fotos: Manfred Görgen

 

(…) Manch einem stockte die Sprache. Unver­kennbar machte sich Rührung breit, vielleicht Reue, auf jeden Fall aber Trauer. Das war keine „bequeme Feier", zu der sich gestern Mittag rund 300 Men­schen am jüdischen Friedhof (Prinzenweg) in Kommern ver­sammelt hatten. Weder schwungvolle gegenseitige Lobeshymnen noch jene Selbstbe­weihräucherung, die man zu­weilen von derartigen Anlässen kennt, bestimmten das Bild.

 

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Trauer und Reue

Zu bitter war die Erinnerung daran, dass es in Kommern einmal eine blühende jüdische Gemeinde gab, dass hier zeitwei­se über hundert jüdische Mit­bürger lebten und dass diese Tradition durch das Nazi-Regi­me ein unvorstellbar schreckli­ches Ende fand. In hebräischer Sprache stimmte Landesrabbi­ner Dr. Hochwald ein Seelenge­bet auf die Kommerner Juden an, die in der  Tötungsmaschinerie des Nazi-Regimes umka­men. Dass sich Kommern heute mit seiner jüdischen Vergangenheit identifiziert, davon zeugt jener Gedenkstein, der gestern im Prinzenweg enthüllt wurde. Bis er enthüllt werden konnte, hat­te das Vereinskartell als Feder­führer allerdings manche Schwierigkeiten zu meistern — im eigenen Ort, bei der Stadt, aber auch bei der jüdischen Gemeinde.

Davon war freilich nichts zu spüren, als Erich Ernst die Feierstunde eröffnete. Die jüdi­schen Mitbürger Kommerns, die zur Feier eingeladen wor­den waren, hatten sich unter die Leute gemischt, waren für Pfar­rer Wolfgang Pannes also nicht unmittelbar erkennbar. „Ein gutes Zeichen", ein Symbol gewissermaßen für den evange­lischen Pfarrer von Roggendorf, der die Ansprache hielt und die Menge in Erinnerung an Kom­merns ermordete Juden zum Schweigen aufforderte. „Juden und Christen", so Pannes, „ - gemeinsame Zeugen des einen Gottes."  Kurt Schwarz, ein echt Kommerner „Jong" jüdi­schen Glaubens, schüttelte Pfarrer Pannes die Hand: „Sie haben mir aus dem Herzen gesprochen!"

 

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Aus dem privatem Fotoalbum:

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Die Lesung hatte Kommerns katholischer Pfarrer, Pastor Ja­kob Bister, vorgetragen. Für den würdigen musikalischen Rah­men der Feier sorgten der Evangelische Posaunenchor und der Evangelische Singkreis Roggendorf.

Christen und Juden

Über 300 Menschen, einige Abordnungen Kommerner Ver­eine und Prominenz aus Stadt Mechernich und Kreis Euskir­chen erlebten die Feier, deren eindringlichster Redner Lan­desrabbiner Dr. Hochwald war. Trauer, eine Spur Zorn, aber auch Versöhnung und Hoffnung kennzeichneten seine An­sprache.

Er versuchte seinen Zuhö­rern aufzuzeigen, dass die deut­schen Juden zwei Dinge mit voller Inbrunst wären: Deut­sche und Juden. Zwischen dem Jahre  1710, als Abraham der Alte in den Akten erstmals erwähnt wird, und dem 13. Mai 1942, als die letzten Kommerner Juden in die Vernichtungslage deportiert wurden, spannt sich die 232 Jahre dauernde Exi­stenz der jüdischen Gemeinde Kommern.

Kommerner Juden nahmen Anteil am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben des Burgortes und, so Dr. Hoch­wald, „waren sich ihrer Angehö­rigkeit zum deutschen Volke voll bewusst". Der Düsseldorfer Landerabbiner konfrontierte seine Zuhörer mit eindrucks­vollen Zahlen: 96.000 deutsche Juden standen im Ersten Welt­krieg unter Waffen, 10.000 von ihnen als Kriegsfreiwillige. 12.000  ließen ihr Leben für das deutsche Vaterland, 35.000 ka­men mit Orden und Ehrenzei­chen nach Hause. Wenige Jahre später habe man sie ihrer Rechte beraubt, ihnen sogar das Recht nationaler Identität ab­gesprochen. Schließlich machte man sie zu Untermenschen und beschloss  ihre Vernichtung. Nur durch einen „Eingriff Gottes" sei die geballte Kraft der alliier­ten Streitkräfte zu erklären, die die Vernichtung aller Juden verhinderte.

„Die Gemeinde Kommern ist von den Nazis ausgelöscht, wir können sie nicht mehr auf­bauen", konstatierte Dr. Hoch­wald, „aber dieses Mahnmal, das Bürger, besonders Angehö­rige der jüngeren Generation, errichtet haben, ist ein gutes Omen für eine hoffnungsvolle Zukunft".

Aus dem privaten Fotoalbum:

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(v. l. n. r.) Landesrabbiner Dr. Hochwald, Landrat Linden,Karheinz Gehrke, Bürgermeister der Stadt Mechernich
sowie der  jüdischer Gast  Kurt Schwarz

 

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Pastor Jakob Bister von der katholischen Gemeinde

 

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Erich Ernst, Vorsitzender des Vereinskartells

 

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Der evangelische Pfarrer Pannes bei der Lesung

 

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Landesrabbiner Dr. Hochwald aus Düsseldorf

Besuch als Geste der Versöhnung empfunden


Aus: Kölner Stadtanzeiger, Lokalteil Euskirchen, vom 2. September 1985 von Günter Bressau

Ganz Kommern war auf den Beinen, als am Sonntagmorgen das Gedenk- und Mahnmal für die ehemali­gen jüdischen Mit­bürger von Kommern eingeweiht wurde. Mit dem Lied „Wer nur den lieben Gott lässt walten", eröffnete der evangelische Posaunen- Chor die Einweihungsfeier, an der Bür­germeister Karlheinz Gehrke, Mechernichs Stadtdirektor Hel­mut Rosen, Ortsvorsteher Heinz-Josef Schlösser, Landrat Josef Linden sowie zahlreiche Mit­glieder des Mechernicher Stadt­rates teilnahmen.

Nur einer der ehemaligen jü­dischen Mitbürger war allerdings zur Einwei­hungsfeier nach Kommern ge­kommen. Mehrere der Eingela­denen hatten kurzfristig abge­sagt, die meisten aus familiären Gründen.

Der Vorsitzende des Vereins­kartells, Erich Ernst, bedauerte, dass so viele der früheren jüdi­schen Kommerner Bürger abge­sagt hatten. Es war ihm aber dennoch eine große Ehre, wie er sagte, dass einer gekommen war: Kurt Schwarz, der seit seiner Flucht aus Deutschland in Eng­land lebt.

Während seines Besuchs musste Schwarz viele Hände schütteln. Manch einer seiner alten Bekannten hätte ihn aber wohl auf Anhieb nicht wieder er­kannt. Während der langen Jahre hatte er sich im Aussehen doch stark verändert. Dennoch waren die meisten seiner frühe­ren Bekannten erstaunt, dass „der Kurt", der immerhin schon 75 Lenze zählt, noch so gut aus­sieht.

Von den Geistlichen ergriffen der katholische Pastor Jakob Bi­ster und sein evangelischer Kol­lege Pfarrer Wolfgang Pannes das Wort.

„Unsagbar schlimme Zeit"

Pfarrer Pannes fragte sich, warum er überhaupt etwas sage, da es ihm schwer falle, die ange­messenen Worte für ein Verbre­chen zu finden, das ihn tief be­wege. Er stellte ferner die Frage, ob es nicht besser sei, zu schweigen. Aber dann meinte er doch, dass es eine geschichtliche Notwendigkeit sei, für die un­sagbar schlimme Zeit die nöti­gen Worte zu finden. Dass der ehemalige jüdische Bürger der Gemeinde Kommern zu einem Besuch in das Heimatdorf gekommen sei, wer­tete er als eine Geste der Ver­söhnung, „die für uns befreiend wirkt."

Sämtliche Vereine nahmen an der Mahnmal-Einweihung teil, die Schützen in ihren traditio­nellen grünen Uniformen, die Tambouristen in Grau-Blau und die Kamevalisten in Rot. Der evangelische Singkreis trug das Lied „Wohl denen, die da wan­deln" vor.

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Landesrabbiner Hochwald aus Düsseldorf erinnerte daran, dass es nachweislich schon seit dem 1. Juli 1710 in Kommern Juden gab. Der letzte Jude aus Kommern sei am 13. Mai 1942 von den damaligen Machthabern in eines der Konzentra­tionslager gebracht worden. Da­zwischen hätten 200 Jahre gele­gen, in denen die Juden mit der  Bevölkerung zu­sammengelebt hätten.

Über die korrekten Geschäftsgebaren der damaligen Juden gebe es auch ein Dokument, aus dem hervorgehe, dass die Juden niemals, wie es ihnen die Nationalsozialisten immer wieder anhängen wollten,  Wucher getrieben hätten.

1. September 1985: Die feierliche Veranstaltung am Nachmittag

Aus dem privaten Fotoalbum

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Nach der Einweihung des Mahnmals am Vormittag des 1. September 1985 folgte am Nachmittag eine Feier, die bewies, wie gewissenhaft und tatkräftig sich die Bevölkerung von Kommern auf eine Begegnung mit ihren ehemaligen jüdischen Mitbürgern vorbereitet hatte. Dass dies aber eine Feier  ohne sie wurde, wurde schmerzlich empfunden und bis heute nicht verstanden. Dennoch kann heute rückblickend konstatiert werden, dass die Dorfgemeinde und das Vereinskartell alles getan haben, was möglich war, um ihren Beitrag zur „Aufarbeitung mit der jüngsten Vergangenheit“  zu leisten.

Über die beeindruckende Nachmittagsveranstaltung berichtete die Presse:

 

„Versuchen Sie, zu verzeihen“
Festkonzert zu Ehren der ehemaligen Kommerner Juden


Kölner Stadt-Anzeiger, Lokalteil Euskirchen,  vom 3. September 1985 von Dieter Ohnrich

„Versuchen Sie, dem deutschen Volk zu verzei­hen", appellierte Mechernichs Bürgermeister Karlheinz Gehrke am Sonntagnachmittag an alle ehemaligen Kommerner Juden. Gehrke sprach für die Bevölkerung, die nach der morgendlichen Enthüllung des Mahnmals (wir berichteten) die Grundschulaula beim Festkon­zert zu Ehren der jüdischen Mit­bürger voll besetzt hatte. Stühle mussten sogar noch dazugestellt werden.

Schulrektor Erich Kurten­bach, der durch das Programm führte, spürte „einen Hauch von Versöhnung" über der Veran­staltung liegen, die wegen des ernsten Anliegens alles andere sein solle als der gewohnte „mu­sikalische Blumenstrauß".

Geste der Versöhnung

Die am Sonntag vom Vereinskartell dargebo­tene Geste der Versöhnung wurde von den ehemaligen Kommerner Juden jedoch nicht so erwidert wie erhofft. 15 jüdi­sche Ehemalige waren in ihrer alten Heimat erwartet worden. Viele wollten Gast­geber spielen, hatten sich den Samstag frei und Montag Urlaub genommen. „30 und mehr hätten wir", so Vereinskartells-Vorsitzender Erich Ernst, „unterbrin­gen können." Doch dann kam, aus England, leider nur Kurt Schwarz.  Mutmaßungen über das Fern­bleiben der Juden machten die Runde. „War es das Alter oder die Aufregung?" fragte sich Erich Ernst: „Wie es auch sei, unsere Gedanken sind heute bei ihnen."

Die musikalischen Grüße an die Ex-Kommerner in ihrer neuen Heimat fielen dann umso reichhaltiger und herzlicher aus. Stellvertretend für die Nicht-Anwesenden hatten allerdings einige noch unter uns lebende jüdische Mitbürger aus dem Kreis in der Grundschulaula Platz genommen.

Der Kommerner Musikverein ließ unter der bewährten Stab­führung von „Eifeltrompeter" Fritz Damberg mit Charpentiers „Te Deum" und   Beethovens „Die Himmel rühmen" die ad­äquate Weihestimmung aufkom­men, bevor Erich Ernst, Bürger­meister Gehrke und Ortsvorste­her Heinz-Josef Schlösser das Wort ergriffen.

Sie haben", so lobte das Stadtoberhaupt die Kommerner Vereine, „eine bedeutende In­itiative ergriffen", weil es 40 Jahre nach Kriegsende an der Zeit sei, die alten Verbindungen wieder fester zu knüpfen. Gehrke erinnerte daran, dass in Kommern seit Jahrhunderten bis zu hun­dert Juden in Eintracht und Har­monie mit der übrigen Bevölke­rung zusammengelebt hätten. Sogar eine Synagoge und eine jüdische Schule hätte es im Dorf gegeben. Am 13. Juli 1942 wur­den dann die noch in Kommern verbliebenen neun jüdischen Familien ins Warschauer Getto deportiert. Bürgermeister Gehr­ke: „Ich bin gegen eine Kollektivschuld auf ewige Zeit, aber für ein kollektives Unrechtsbewusstsein." Abschließend entbot Gehrke „allen jüdischen Mitbür­gern, die verstreut in aller Welt leben, ein herzliches Glück Auf.

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Bild: Bressau

KURT SCHWARZ (links) war der einzige der ehemaligen Juden aus Kommern, der bei der Einweihung des Mahnmals und beim Festkonzert zugegen war. Mit Schreinermeister Toni Winter (rechts) tauschte Schwarz Jugenderinnerungen aus. Dahinter Jo­hann Hein, bei dem Kurt Schwarz während seines Kommerner Aufenthaltes wohnt.

 

„So etwas darf sich nicht mehr wiederholen", mahnte ebenfalls Kommerns Ortsvorste­her Schlösser im Rückblick auf die Vergangenheit. Der Männer­gesangverein unterstrich den Ernst der Stunde mit Arie und Chor „O Isis" aus Mozarts „Zauberflöte" und mit dem Versöh­nungslied „Die Menschheit pries den Frieden" von Fritz Ihlau. Es fehlten auch nicht die klingen­den „Heimatgrüße" an die aus­gewanderten und vertriebenen Juden, die ebenfalls der Musik­verein intonierte.

Das Jugendorchester van Dil­len und Schüler der Musik­schule Mechernich stimmten nach der Pause Vivaldis Concerto grosso, op. 3, Nr. 8, an. Einen mehr lebenslustigen, folkloristischen Akzent setzten Kinder der Grundschule mit Liedern und Tänzen aus Israel. Immer  wieder wurde dabei „Shalom" als beherrschendes Thema erwähnt.

Mit Schostakowitschs düster getragenem Trio, op. 67,  klang das Festkonzert aus. Mit dem Trio Kinnor aus Bonn hatte das  Vereinskartell einen guten Griff  getan. Die drei jungen jüdischen  Künstler Dennis Latzko (Geige),  Edward  John  Semon  (Cello)  und Leopoldo Lipstein (Klavier) haben  sich  mit  Konzerten  in  ganz Europa den Ruf verschafft, ein Kammermusik-Ensemble zu sein, dem die Zukunft gehört. Schostakowitschs sprödes Werk ging das Terzett mit viel  Verve, Engagement und einer erstaunlichen instrumentellen Versiertheit an. Die Auswahl des Werkes entsprach dem Anlass: Gerade in seinem Opus 67 hat Schostakowitsch zahlreiche Elemente jüdischer Musik gut hörbar verwoben.

Komponiert wurde dies im Jahre1944. Damals war auch in Kommern das einst blühende jüdische Gemeindeleben mitsamt seinen noch sichtbaren  Spuren vernichtet.  Der   erste  Versuch, die Wurzeln des einst  intakten Zusammenlebens freizulegen, ist am Wochenende unternommen worden und wohl auch geglückt.

Kurt Schwarz wird, wie er am Sonntag versprach, diese Nachricht unter den übrigen noch lebenden jüdischen Ex-Kommernern verbreiten. Schwarz be­dankte sich bei allen Mitwirken­den für das Konzert und schil­derte in bewegenden Worten, wie er mit seinen Eltern von Kommern aus vor den Nazis nach England geflohen war. Nicht nur das hohe Alter, so ent­schuldigte Schwarz die nicht ge­kommenen Eingeladenen, sei für deren Fernbleiben ursächlich, sondern vielmehr das Geld. Auch heute noch seien viele der emigrierten Kommerner  Juden finanziell nicht auf Rosen gebettet.

Die Nachmittagsveranstaltung  am 1. September 1985

Aus dem privaten Fotoarchiv:

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Rektor Erich  Kurtenbach führt durch die Veranstaltung

 

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Die Grundschulkinder von Kommern singen israelische Lieder

 

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Der Initiator des Mahnmals, Hans-Dieter Arntz aus Euskirchen (r.), mit jüdischen Gästen aus Düren

 

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Karlheinz Gehrke, Bürgermeister von Mechernich, zu dem der Ortsteil Kommern seit der Eingemeindung gehört

 

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Links: Kurt Schwarz, der einzige jüdische Besucher aus England, der zu den Feierlichkeiten nach Kommern gekommen war.

 

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Vorne: Johann Hein, bei dem Kurt Schwarz zu Gast war.
Er hatte schon bei den Publikationen mit Hans-Dieter Arntz (dahinter) zusammengearbeitet.

 

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Begeisterndes Abschlusskonzert durch das „Trio Kinnor“

Fortsetzung folgt
Teil 4:  Ergebnis: Ein Versuch, „die Vergangenheit zu bewältigen“?

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