Der jüdische Friedhof von Bad Münstereifel
– Ein Rückblick (mit Fotos)

von Hans-Dieter Arntz
17.09.2012

Grabstein BAM 01

 

Die Geschichte der Juden von Münstereifel wurde erstmals in der Examensarbeit des jungen Pädagogen Willibald Kolvenbach (1962) im Zusammenhang dargestellt und in dem Buch JUDAICA – Juden in der Voreifel (1983) ausführlich dokumentiert. Zu den wenigen Relikten jüdischer Präsenz gehören der jüdische Friedhof von Arloff (Talstraße, Flur 4, Nr. 128) und Bad Münstereifel, aber auch die Erinnerung an den inzwischen längst verschwundenen „Guten Ort“ im benachbarten Hardtwald zwischen Kirspenich und Stotzheim. Dieser wurde bereits vor 1700 belegt und erst 1825 offiziell geschlossen.

Der Form halber sei darauf hingewiesen, dass Münstereifel 1926 Kneippkurort wurde und erst seit 1967 „Bad“ Münstereifel heißt. Der Hinweis kann manchmal die Archivarbeit erleichtern.

Der Münstereifeler Waldfriedhof Im Quecken - Queckenwald, Flur 3, Nr. 34 - gehört somit zu den neueren jüdischen Friedhöfen der Region und wurde nur in der Zeit von 1823 bis 1932 belegt. Auch wenn bei Wikipedia vermutet wird, er wäre wahrscheinlich der älteste im Kreis Euskirchen, so ist das ein regionalhistorischer Irrtum. Noch in meinen NEWS vom 6. Juni 2012 erwähnte ich:

Der jüdische Friedhof von Münstereifel am Quecken (Flur 3, Nr. 34) liegt in einem Waldgebiet und wurde offiziell im Jahre 1823 offiziell eingerichtet. Heimlich nahm man aber schon hier früher Beerdigungen vor. In den Akten von Münstereifel wurde konstatiert:

27. April 1812: Förster Sistig schwört, dass die Juden Michel Levi und Meyer Heimann am vergangenen Tage im kaiserlichen Wald „Quecken" ein Grab gemacht haben. Es ist verboten, dort Tote zu begraben. Trotzdem hat man Moises Heimann dort beigesetzt.

(Sta. Arch. M.E. 20/9, No. 7843, 7965, 9222)

Wenn auch die Benutztung der „Waldfriedhöfe“ spätestens seit der Mitte des 19. Jahrhunderts in der Region nicht mehr erlaubt waren und bei Zuwiderhandlung die Leichen wieder ausgegraben werden sollten, so blieb doch in der Eifel und Voreifel weiterhin ein derartiger „Judenkirchhof“ bestehen und erfüllte sogar dennoch seinen eigentlichen Sinn. Beispiele sind Kommern, Mechernich, das kleine Bleibuir oder auch Lommersum und Schleiden, Blumenthal etc. Damit soll gesagt werden, dass jüdische Waldfriedhöfe – wie übrigens überall – weiterhin existierten. Der Waldfriedhof von Bad Münstereifel – oberhalb der Stadtmauer und in unmittelbarer Nähe eines Hotels - steht seit dem 8. September 1989 unter Denkmalschutz.

Etwa 15 Jahre nach dem 2. Weltkrieg und dem Holocaust wurde der ausschließlich von einheimischen Nazis geschändete jüdische Friedhof am Quecken wieder in Ordnung gebracht. Dies lag ganz besonders Ferdinand Müller am Herzen, dem aktiven und beliebten Stadtverordneten, der eine jüdische Ehefrau (Franziska geb. Jülich) hatte. Sie und die beiden „halbjüdischen“ Kinder konnten die Vernichtung überleben. Die jüdischen Schwiegereltern waren allerdings im Holocaust umgekommen. Bereits 1945 hatte Ferdinand Müller als kurzfristiger Nachkriegsbürgermeister für die vorläufige Instandsetzung des jüdischen Friedhofs gesorgt und später durch eine sehr moderate Haltung den Tätern gegenüber ein Zeichen bewundernswerter Liberalität gegeben.

 

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Weitere Aktivitäten zur Wiederherstellung des jüdischen Friedhofs von Münstereifel gingen von dem prominenten CDU-Politiker Dr. Dr. Hermann Josef Pünder (1888-1976) aus, der seine Gymnasialzeit in dem Eifelstädtchen absolviert hatte und als Vorsitzender des Vereins „Alte Münstereifeler“ in deren Nachrichtenblatt Nr. 2 vom November 1961 über den „schönsten Waldfriedhof Deutschlands“ berichtete. Sein Engagement zeigte er auch als Vorstandsmitglied der Kölnischen Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit. Endlich wurde 1961 der Begräbnisplatz mit 87 Steinen wieder in den heute noch bestehenden Zustand gebracht: mehrere Epitaphe wurden aufgestellt und gereinigt, die Wege vom Unkraut befreit, eine Hecke gepflanzt und der Zaun erneuert.

Der bekannte Journalist Ernst G. Loewenthal hatte 1961 in der „Allgemeine Wochenzeitung der Juden“ (Nr. 17, S. 11) den positiven Eindruck sogar überregional verbreitet. Die Formulierung „schönster Waldfriedhof Deutschlands“ geht wahrscheinlich auf die Beurteilung durch eine amerikanische Delegation zurück, die auch dem renommierten deutschen Politiker Dr. Dr. Pünder Münstereifel einen Besuch abstattete.

In der Zeitschrift „Die Eifel“ (Nr.57, 1962, S. 169 f.) stellte Dr. Dr. Pünder die kleine Gedenkfeier dar und leitete seinen Beitrag folgendermaßen ein:

Im vorigen Jahr fand auf dem jüdischen Waldfriedhof von Münstereifel eine schlichte Gedenkfeier statt, an der neben zahlreichen Einwohnern und Kurgästen Münstereifels die städtischen Behörden, Oberstudienrat Dr. Renn als Vorsitzender der Ortsgruppe des Eifelvereins, viele Schüler und Schülerinnen der oberen Klassen der Volksschule und des Gymnasiums und vor allem auch Landtagspräsident Joh­nen aus Jülich teilnahmen. Als Vorsitzender des Vereins Alter Münstereifeler, der an die­sem Sonntag in Münstereifel seine diesjährige Jahresversammlung abhielt, hielt ich die Ge­denkansprache und führte dabei etwa folgendes aus:

(...) Da also in unseren Tagen kein Münstereife­ler Jude die Hand mit anlegen konnte zu neuer Ordnung, war es Christenpflicht, zugleich für sie diese Arbeit mit zu übernehmen. Ein nach 1933 nach Amerika ausgewanderter Mün­stereifeler Jude, Ludwig Kaufmann, hatte mit seinem Gelde in alter Anhänglichkeit an seine Heimatstadt schon vor etlichen Jahren diesen Steinblock aus Eifeler Grauwacke für ein jüdi­sches Ehrenmal in Eicherscheid brechen und hierher vor das Friedhofstor schaffen lassen (...).

Wenn auch heute der „Judenfriedhof am Münstereifeler Quecken“ nicht mehr als „schönster Waldfriedhof Deutschlands“ gelten kann, zumal im äußersten Teil wieder Zerstörungen einiger Grabsteine zu sehen sind, so scheinen in letzter Zeit doch wieder Bemühungen gemacht worden zu sein, die Inschriften erkennbar zu machen.

 

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