Das derzeitige Asylanten- und Flüchtlingsproblem (2015) und ein Hinweis auf die Konferenz von Evian (1938)

von Hans-Dieter Arntz
23.09.2015

testLernt man wirklich etwas aus der Geschichte? Und wenn man etwas daraus lernt, was ist es?

Nicht erst zu Anfang des Jahres stellte ich mir in meinen NEWS erneut diese Frage. Eine bejahende Erkenntnis wird übrigens im Schulunterricht stets mahnend und somit präventiv in den Vordergrund gestellt: Aus der Geschichte lernt man!!

Lernt man wirklich aus der Geschichte?

Natürlich werde ich auch jetzt keine definitive Antwort geben können, aber immer wieder finden sich gewisse Parallelen, Probleme und Sachverhalte, die auch schon vor Jahrzehnten aktuell und brisant waren. Hat man etwas daraus gelernt, und welche Schlussfolgerungen wurden daraus gezogen?

Das Asylanten-, Flüchtlings- und Aussiedlerproblem stand zum Beispiel schon 1990-1992 derart im Vordergrund der Lokalpresse des ländlich strukturierten Kreises Euskirchen, dass meine damals gesammelten Berichte über Angriffe, Brandstiftungen, Verfolgung und sogar einen Mord viele Aktenordner füllen. Und das in der idyllischen Eifel und Voreifel !

Da dies vor mehr als zwei Jahrzehnten in anderen Regionen Deutschlands ähnlich war, sollte man vielleicht einmal einen diesbezüglichen Rückblick – auch in Form einer Auswertung der damaligen Presseartikel - ins Auge fassen. Aber wer arbeitet derartige Vorkommnisse in der heutigen Situation detailliert aus?

Was ist denn in dieser Hinsicht heute anders? Gibt es überhaupt grundsätzliche Unterschiede zu bereits längst Geschehenem? Und welche Erfahrungen haben endlich die Verantwortlichen daraus gezogen?

Ehe ich auf das zurzeit brennende Asylantenproblem eingehe, erinnere ich ganz kurz an die weiterhin schwelende Griechenlandkrise, die im Augenblick in den Hintergrund getreten ist. Haben oder hatten die Politiker etwas daraus gelernt?
Im Mantelteil des Kölner Stadt-Anzeigers vom 12. Oktober 1991 thematisierte auch der Korrespondent Gerd Höhler dieses schon zur damaligen Zeit bestehende Problem – nämlich die wirtschaftliche Situation von Griechenland. Der beigefügte Artikel ist ganz sicher nicht exemplarisch, aber in Bezug auf die eigentliche Fragestellung und die gegenwärtige und wahrscheinlich nur vorläufige Schlussfolgerung durchaus interessant:


 

 

Zum europäischen bzw. „deutschen“ Asylanten- und Flüchtlingsproblem

Wenden wir uns nun einmal dem derzeitigen Asylanten- und Flüchtlingsproblem zu. In meinem umfangreichen Buch „Judenverfolgung und Fluchthilfe im deutsch-belgischen Grenzgebiet“ habe ich das angesprochene Thema in topografisch umgekehrter Richtung dargestellt. Ab 1933 flüchteten viele Juden, Kommunisten, Sozialdemokraten, Homosexuelle, verfemte Künstler, Schauspieler u. a. aus Deutschland – meist in das benachbarte Belgien oder in die Niederlande. Viele Praktiken, Fluchtwege über die „grüne Grenze“ und Schlepperorganisationen habe ich detailliert dargestellt und nachgewiesen. Viele Menschen wollten sich vor den Nationalsozialisten retten.

Die Gründe für eine notwendige Flucht sind verschieden, die Form der Flucht selber und die daraus resultierenden Auswirkungen ähneln sich ungemein. Somit könnte man aus der Geschichte lernen, denn im Prinzip hat sich daran bis heute nichts geändert!

Vieles, wirklich vieles kommt uns heute bekannt vor: Sorgen und Ängste der Verfolgten, die sich hemmungslos bereichernden Schlepper, Enteignung, Armut und Not, unzählige elternlose Kinder, organisierte Transporte..... Und identisch mit der gegenwärtigen Stimmung ist auch die anfängliche bewundernswerte Hilfsbereitschaft in den aufnehmenden Nachbarländern sowie die unsagbare Dankbarkeit der Flüchtlinge und Asylsuchenden. Im Vordergrund stand bei ihnen und der Bevölkerung jegliche Form der Hilfe und die Möglichkeit der angebotenen Integration. Man sollte wirklich stolz auf jeden Helfer und sein vorbildliches Engagement sein! Problematisch wird es jedoch dann, wenn dies – aus irgendeinem Grunde – nachlässt oder gar im schlimmsten Falle „umkippt“. Und dann entstehen Reaktionen, die sich in der Vergangenheit auch entwickelten.

Hat man das inzwischen auch aus der Geschichte gelernt?

Soziologisch, historisch und besonders politisch ist bekannt, dass es auch erkennbare Aversionen gegen die „Fremden“ gibt. Die Angst vor der „Überfremdung“, vor situationsbedingter Kriminalität, Reduzierung des eigenen Besitzstandes und zeitlich nicht mehr begrenzbarer Einschränkung: all das herrschte immer und immer wieder vor und wird sich auch nicht vermeiden lassen.

Ähnlich waren die Befürchtungen in den 1930-er Jahren. Aber damals war die Zahl der aus dem Deutschen Reich Flüchtenden – meist Juden - wesentlich geringer als die, die heute schon konstatiert und demnächst vielleicht unüberschaubar wachsen wird. Für dieses Jahr wird mit mehr als 1 Million Flüchtlingen gerechnet, die in jeglicher Hinsicht sehr unterschiedlich sind und keineswegs mit der beinahe einheitlichen Flüchtlingsmenge deutsch-österreichischer Juden vergleichbar ist. Religiöse, mentalitätsbedingte, soziale, pädagogische, sprachliche und gar gesundheitliche Probleme häufen sich inmitten einer eventuell diesbezüglich nicht vorbereiteten Gesellschaft und können bei Überhandnahme explosionsartige Auswirkungen haben.

Um das zu verhindern, hat man sich schon immer um die Kanalisierung und Formen der Integration bemüht, zumal im Idealfall immer davon ausgegangen wird, dass Flüchtlinge und Asylsuchende im Prinzip nur „Gäste auf Zeit“ sind.
Wegen der immer größer werden Anzahl der Asylsuchenden in Europa – und ganz besonders in Deutschland - gibt es heute hektische Konferenzen und Pläne, die offensichtlich nicht überall realisiert werden können. Das gab es natürlich auch als Reaktion auf die nationalsozialistische Rassenpolitik und die dadurch bedingte Fluchtbewegung. Erneut sei darauf hingewiesen, dass diese damals wesentlich geringer war als das, was sich bisher im Jahre 2015 abgespielt hat.

Konferenz von Evian (1938)

Schon Mitte der 1930-er Jahre fragte sich die Welt, wie und ob man die jüdischen Flüchtlinge ohne besondere eigenen Beeinträchtigung aufnehmen könnte? Als bedeutsames Beispielt nenne ich hier die Konferenz von Évian, die vom 6. Juli 1938 bis zum 15. Juli 1938 im französischen Evian-les-Bains am Genfersee stattfand. Vertreter von 32 Nationen trafen sich auf Initiative des amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt, um die Möglichkeiten der Auswanderung von Juden aus Deutschland und Österreich zu verbessern. Deutlicher ausgedrückt ging es darum, wer, wann, weshalb und in welcher Anzahl aufnehmen sollte oder aufzunehmen haben sollte.

Selbst wenn es Leser meines Online-Artikels geben sollte, die wegen einer angeblich wünschenswerten Differenzierung die Vergleichbarkeit bestreiten, so sollte man sich doch darüber Gedanken machen, ob die Situation im Juli Jahres 1938 – also noch vor der „Reichskristallnacht“ (!!) - gewisse Parallelen aufweist.

Obwohl die Situation für die Juden in Deutschland immer schwerer wurde, insbesondere durch die Nürnberger Rassengesetze 1935, und die Ausreisebereitschaft wuchs, ließ die Bereitschaft zur Aufnahme von Juden in den Zielländern sehr schnell nach. Wikipedia stellt die Situation folgendermaßen dar:

Die praktische Flüchtlingshilfe dieser Jahre lag weitgehend in den Händen des sogenannten Nansen-Büros (Internationales Nansenamt für Flüchtlingsangelegenheiten), das 1931 vom Völkerbund eingerichtet worden war. Speziell für die deutschen Emigranten wurde 1933 in Lausanne das „Hochkommissariat für Flüchtlinge aus Deutschland“ eingerichtet.

Da 1938 die Flüchtlingsströme jüdischer Auswanderer aus Deutschland erneut anstiegen – seit März waren auch die österreichischen Juden den Verfolgungsmaßnahmen der deutschen Regierung ausgesetzt, im April wurden alle Juden in Deutschland gezwungen, ihr Vermögen anzumelden (siehe Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden) –, war bald klar, dass es hier einer internationalen Vereinbarung bedurfte, um die immer unerträglicher werdende Situation in den Griff zu bekommen. In dieser Lage übernahmen die Vereinigten Staaten die Initiative und schlugen eine Konferenz vor; als Ort war zunächst Genf, der Sitz des Völkerbundes vorgesehen, doch befürchtete die Schweiz eine Beeinträchtigung ihres Verhältnisses zum deutschen Nachbarn, so dass sich schließlich Frankreich bereit erklärte, die Konferenz auf seinem Territorium in Évian stattfinden zu lassen.

Auf die Einladung des Präsidenten der Vereinigten Staaten waren folgende Staaten, zumeist durch ihre Delegierten beim Völkerbund, vertreten: Großbritannien, Frankreich, die Niederlande, Belgien, Schweiz, Schweden, Irland, Dänemark, nahezu alle anderen nord- und die südamerikanischen Staaten sowie Australien und Neuseeland. Polen und Rumänien entsandten Beobachter. Nicht eingeladen waren Deutschland, Italien, Japan, die Sowjetunion, die Tschechoslowakei und Ungarn. Es nahmen weiter viele private Hilfsorganisationen und Pressevertreter teil.
Die o.a. lexikalische Wikipedia-Information gibt den Verlauf und das Ergebnis der Konferenz von Evian wieder. Sie endet mit der Bemerkung:

Letztlich war das einzige konkrete Ergebnis die Gründung des Intergovernmental Committee on Refugees, auch Comité d’Évian genannt, das künftig in Kooperation mit Deutschland die Modalitäten der deutschen jüdischen Auswanderung regeln sollte. Dessen Erfolge hielten sich wegen der Weigerung der Völkergemeinschaft, deutsche Juden im Rahmen konkreter neuer Kontingente aufzunehmen, in engen Grenzen. Zudem wurden bereits im nächsten Jahr durch den Kriegsausbruch die Auswanderungsmöglichkeiten erneut drastisch eingeschränkt.
Später schrieb Golda Meïr über die Konferenz:

 „Dazusitzen, in diesem wunderbaren Saal, zuzuhören, wie die Vertreter von 32 Staaten nacheinander aufstanden und erklärten, wie furchtbar gern sie eine größere Zahl Flüchtlinge aufnehmen würden und wie schrecklich Leid es ihnen tue, dass sie das leider nicht tun könnten, war eine erschütternde Erfahrung. […] Ich hatte Lust, aufzustehen und sie alle anzuschreien: Wisst ihr denn nicht, dass diese verdammten ‚Zahlen‘ menschliche Wesen sind, Menschen, die den Rest ihres Lebens in Konzentrationslagern oder auf der Flucht rund um den Erdball verbringen müssen wie Aussätzige, wenn ihr sie nicht aufnehmt?“

Anmerkungen zur Fluchtbewegung jüdischer Verfolgter in der NS-Zeit

Kann man heutzutage die laufenden Konferenzen mit Evian vergleichen? Kann man etwas von der Geschichte bestätigt bekommen?

Als Flüchtling gilt nach der Genfer Flüchtlingskonvention eine Person, die „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Ethnie, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will.
Asylbewerber sind Personen, die bei einem Land, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen, Asyl, mithin Aufnahme und Schutz vor politischer, religiöser oder sonstiger Verfolgung suchen. Der Begriff „Asylant“ wird gelegentlich als abwertend empfunden und von Behörden nicht verwendet.

Die Historie beweist, dass aufnehmende Länder auf die Anfänge jeweiliger Fluchtbewegungen durchaus verständnisvoll reagierten. Sie boten den Flüchtlingen ein vorläufiges Asyl und nicht selten sogar die völlige Integration und ein Bleiberecht.

Auch Otto Heinrich Frank, der Vater von Anne Frank, verließ nach der Machtergreifung des NS-Regimes mit seiner Familie Deutschland und ließ sich in Amsterdam nieder, weil er in Deutschland Repressalien wegen seines Jüdisch-Seins befürchtete. Hier baute er die deutsche Opekta als niederländische Auslandsvertretung „Nederlandsche Opekta“ auf. Auch andere Flüchtlinge der 1933- bis etwa 1937/38-er Jahre, konnten sich trotz anfänglicher Sprachschwierigkeiten schnell integrieren. Der Protagonist meines Buches „Der letzte Judenälteste von Bergen-Belsen“, Josef Weiss, gliederte sich als „Joep Weisz“ und Inhaber einer Lederwarenfirma schnell ein, übernahm soziale Aufgaben in den Niederlanden und war für die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung sehr dankbar. Deren Hass auf den deutschen Diktator Adolf Hitler ähnelt sicher dem auf ähnliche Potentaten der Gegenwart, vor denen sich die Verfolgten in der Vorkriegs- und Kriegszeit in Sicherheit zu bringen versuchen.

Die Kinder der „ersten“ Flüchtlinge fanden im neuen Freundeskreis und in der Schule Verständnis und wurden wegen ihrer damals noch überschaubaren Zahl fast völlig integriert. Selbst pädagogisch gab es integrative Ansätze, die durch die ebenfalls verfolgte Italienische Reformpädagogin Maria Montessori in den Niederlanden initiiert wurden. Allen Beteiligten war jedoch anfangs klar, dass der NS-Spuk in einigen Jahren vorbei sein würde. Dann würden die „Neuen“ sicher in ihre alte Heimat zurückkehren.

Man merkt vielleicht, wohin meine - vielleicht gar nicht vollständig vergleichbare - Argumentation hinführen soll. Ich möchte auf die drohende Gefahr des „Umkippens“ hinweisen, vor der oft folgenden Konsequenz, dass sich aus irgendeinem Grund die Stimmung in der Bevölkerung ändern kann. Das kann blitzschnell gehen, oft aus einem spontanen Grund heraus oder als schleichende Aversion gegen die potenzielle „Unterwanderung“. Erst dann wird dem Großteil der Bevölkerung das doch Gegensätzliche, Fremde oder Andere bewusst. In den weltoffenen Niederlanden war damals eigentlich das Judentum oder gar ein Rassenhass nichts Fremdartiges. Aber in dem Augenblick, in dem es zusätzlich doch an die eigene „Substanz“ ging – und was darunter zu verstehen ist, bleibt einem jeweils selbst überlassen - gab es Probleme mit den Flüchtlingen und Asylsuchenden.

Unzählige Beispiele sind in dem bereits genannten Buch „Der letzte Judenälteste von Bergen-Belsen“ zu finden. Auf Seite 81 erfährt man zum Beispiel, dass sich bereits im April 1939 holländische Juden durch die Einquartierung deutscher Juden selber eingeengt und belästigt fühlten. Das war wenige Monate nach der „Reichskristallnacht“, als Abertausende meist jüdischer Flüchtlinge ihr Heil in der Flucht suchten. Jetzt waren es nicht nur deutsche, sondern (seit bereits März 1938) auch viele österreichische Juden, die das kleine Land an der Nordsee als idealen Rettungshafen anvisierten. Eigene Glaubensbrüder untersagten ihnen im Laufe der nächsten Monate gelegentlich die Teilhabe am jüdischen Gemeindeleben oder riefen sie nicht zur Thora auf. Es gab manchmal Spaltungen und konträre Gruppierungen.
Ein Rabbiner bestätigte mir gestern, dass dies – in allerdings friedlicher Form – auch wieder in den heutigen Synagogengemeinden vorkäme. Die „alteingesessenen“ Gemeindemitglieder bildeten inzwischen in Deutschland eine deutliche Minderheit im Gegensatz zu den aus dem Osten zugewanderten Juden, die inzwischen 80% der Mitglieder ausmacht, was überall ein mehrsprachiges Gemeindeblatt notwendig macht.

Zurück zur Situation in den Niederlanden, die sich anfangs vorbildlich um die jüdischen Flüchtlinge kümmerte. Die dann ungebremste Zuwanderung störte allmählich nicht nur die Einheimischen, sondern auch Prominente und das Königshaus. Ab 1939 plante man spezielle Lager, die die immer größer werdende Zahl der Asylanten konzentrieren sollten. Die Errichtung des Lagers Westerbork war zwar im Februar 1939 be­schlossen worden, doch wo es entstehen sollte, war anfangs recht um­stritten. Ursprünglich sollte es bei Elspeet errichtet werden. Jedoch soll Königin Wilhelmina den Abstand von nur zwölf Kilometern zwischen dem Lager und ihrem Sommerpalast „Het Loo" für zu gering gehalten haben. Unter Berücksichtigung weiterer Aspekte, die auch die Behinde­rung des Tourismus beinhalteten, wählte man schließlich das „Amerveld op de Drentsche Heide bij Hooghalen", etwa acht Kilometer nördlich des Dorfes Westerbork.
Das Lager befand sich in einer abgelegenen, primitiven und spärlich bewohnten Gegend im Norden der Niederlande. Keiner war begeistert von der Trostlosigkeit der Landschaft und der Primitivität des neuen „Centraal-Vluchtelingen-Kamp Westerbork“, in dem am 9. Oktober 1939 die ersten 22 jüdischen Internierten untergebracht worden waren.

Zur gegenwärtigen Situation

Nach diesem Exkurs versuche ich, die gegenwärtige Situation des Asylanten- und Flüchtlingsproblems am Beispiel der Konferenz von Evian (1938) zu vergleichen. Viele werden sagen, man kann die seit 1933 beginnende Judenverfolgung und den späteren Holocaust in keinen Zusammenhang mit der Jetztzeit bringen. Hier handelt es sich doch um Kriegsflüchtlinge aus dem zerstörten Syrien sowie um religiös und politisch Verfolgte aus Afrika und typischen Ländern des Vorderen Orients oder Ostasiens.

Aber deren Vielfalt ist vielleicht nicht einschätzbar und sicher für manchen unverständlicher als die „einheitlich“ rassisch-religiöse Abstemplung der damaligen Juden. Die jetzigen Flüchtlinge sind sich vielleicht selber noch nicht mal einig, werden sich in ihrer Not selber untereinander abschotten und treffen – nach dem bereits genannten „Kippen“ der Stimmung in der Bevölkerung – auf eine starke Konfrontation. Bei einer deutlichen Überfremdung oder finanziellen Verschlechterung der Situation im Gastgeberland könnten sich die zurzeit bewunderten Welcome-Aktionen ändern.
Ergo: Wir verlassen uns darauf, dass die verantwortlichen Stellen längst ihre eigenen Erkenntnisse haben. Jetzt schon, im September 2015, wird deutlich, dass sie nicht von allen Bewohnern der aufnehmenden Ländern geteilt werden....
Ergo: Die Politiker der Asyl gebenden Länder müssen sich insgesamt und verantwortlich über ein diesbezügliches Procedere einig sein. Die Griechenlandkrise hat diesen Eindruck bei der Mehrheit der deutschen Bevölkerung nicht bestätigen können.

Ein Laie, der seine Kenntnisse aus der Boulevardpresse erhält, störte sich schon früher an den eingrenzenden Mautgebühren und der nicht mehr nachvollziehbaren Vergrößerung der Europäischen Union, an den überall unterschiedlichen Gesetzen, die zum Beispiel einerseits einen gewissen Drogenverbrauch erlauben, anderswo aber strikt verbieten. Wenn er sogar direkt an der Grenze wohnt, trennen ihn nur ein paar Meter vom Täter und Nicht-Täter.....
Das „offene“ Europa, das jedoch von der Türkei als „christliches Bollwerk“ kritisiert wird, hat eigentlich heute mehr Grenzen als je zuvor. Während der Eiserne Vorhang deutlich in West und Ost, in kommunistisch-autoritär und demokratisch-kapitalistisch, unterschied, gibt es seit Wochen im wahren Sinne des Wortes „eiserne Vorhänge“, Stacheldrahtverhaue, Grenzwälle und Kontrollen, die den Erfolg manches Projektes der europäischen Nachkriegspolitik in Frage stellen.

Otto Normalverbraucher wird sich beim potenziellen „Umkippen der Stimmung“ fragen, wie sich dies auf das derzeitige Asyl- und Flüchtlingsproblem auswirkt.

Lehrt die Geschichte die Menschen?

Mahatma Gandhi sagte einst: „Die Geschichte lehrt die Menschen, dass die Geschichte die Menschen nichts lehrt.“ Es ist fraglich, ob er das wirklich so gemeint hat, denn viele Menschen vertreten die Ansicht, dass man nur deswegen aus der Geschichte nicht lernen kann, weil jede Situation neu ist. Weil es keine zwei gleichen Kriege, keine zwei gleichen Frieden und keine zwei gleichen Gesellschaften gibt.

Grundsätzlich wurde dies auch schon vor etlichen Jahren in einem Diskussionsforum des Internets diskutiert, wo es hierzu heißt:

...... Ihr habt Ghandi falsch verstanden.

Was er meint ist: Jede historische Situation ist neu und einzigartig. Man kann aus der Geschichte nicht lernen, weil sie sich eben nicht wiederholt. Zu sagen, Geschichte wiederholt sich, weil Krieg und Frieden aufeinander folgen, ist, als wenn man sagt, dass alle Tage gleich sind, weil unweigerlich auf die Dunkelheit der Nacht die Helligkeit des Tages folgt. Man kann aus einem historischen Ereignis eine Lehre ableiten, wie man sich in dieser oder jener Situation verhalten soll, weil jede Situation neu und einzigartig ist und man nur Fehler machen kann, wenn man die Lehre aus einer anderen Situation auf die aktuelle anwendet, die zwangsläufig anders liegt.....

 

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