Vor 100 Jahren belebten Euskirchener Juden das Voreifeler Wirtschaftsleben

von Hans-Dieter Arntz
04.03.2012

Auch die Analyse alter Zeitungen beweist, dass der wirtschaftliche Aufschwung der Kreisstadt Euskirchen sehr stark vom jüdischen Handelsgeist bestimmt war. Wie bereits in den Großstädten bewirkte das Emanzipationsgesetz des Rheinischen Landtages vom 23. Juli 1847 eine überraschende Aktivität jüdischer Wissenschaftler, Kaufleute und engagierter Bürger. Jedoch verringerte sich das Ausmaß des politischen und wirtschaftlichen Erfolges, je mehr man von der Stadt aufs Land kam. Das gilt nicht unbedingt für das kleine Voreifel-Städtchen Euskirchen.

Hier fand seit etwa 1850 eine systematische Entwicklung zur wohlhabenden Tuchstadt statt. Die offiziellen Militärtuch-Lieferungen steigerten sich kontinuierlich, nachdem die modernen Dampfmaschinen eingeführt worden waren. Um 1900 wurden bereits 28 Länder beliefert. Das Buch JUDAICA (S. 48 ff.) belegt, dass Juden zu den Pionieren der florierenden Euskirchener Tuchindustrie gehörten und somit das Voreifeler Wirtschaftsleben belebten. Euskirchen entwickelte sich zu einer Kleinstadt mit guter Infrastruktur. Dabei vergrößerte sich vor und nach dem 1. Weltkrieg nicht nur die Anzahl der zum Alltag gehörenden jüdischen Viehhändler und Metzger, sondern auch Handwerker und Kaufleute. Die meisten von ihnen konnte man dem soliden Mittelstand zuordnen.

 

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Hermann Levy, Repräsentant der „Israelitischen Synagogengemeinde Euskirchen“, besaß im Jahre 1900 ein „Colonialwaarengeschäft“ in der Oststraße 12, führte aber weiterhin sein „Zucht- und Milchviehgeschäft“ im benachbarten Münstereifel. Stellvertretendes Vorstandsmitglied der Synagogengemeinde war Siegmund Sommer, der in der Neustraße 32 ein renommiertes Geschäft für Damen- und Kinderhüte besaß. Wenn man bedenkt, dass im Jahre 1919 die Kreisstadt Euskirchen nur 13.000 Einwohner zählte, so fällt doch die Präsenz jüdischer Werbung in der Tagespresse auf:

 

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Auch die folgende Kleinanzeigen und Werbungen in der Euskirchener Lokalpresse des Jahres 1919 beweisen die Präsenz der tatkräftigen jüdischen Kaufleute aus Euskirchen oder der nahen Umgebung. Folgende Hinweise fand ich:

 

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