„Apfelbriefe“ – Briefe des renommierten jüdischen Rechtsanwalts
Alfred Apfel

von Hans-Dieter Arntz
21.09.2014

Alfred ApfelDer ehrgeizige und später renommierte jüdische Rechtsanwalt Dr. Alfred Apfel (1882-1941) wurde 1882 in Düren geboren und verzog 3 Jahre später mit seinen Eltern nach Köln. Seine genealogischen Wurzeln reichen nach Münstereifel, da hier sein Vater, Simon Apfel (1852-1932), geboren wurde. Schon in seiner Studienzeit tat er sich als mehrmaliger „Präside" seiner Studentenverbindung, der „Freien Wissenschaftlichen Vereinigung“ (FWV), hervor, tourte in den folgenden Jahren mit seinem Vortrag „Die Renaissance des jüdischen Bewußtseins“ durch zahlreiche jüdische Gemeinden des Deutschen Reiches.

1909 wurde er Vorsitzender des „Verbandes Jüdischer Jugendvereine Deutschlands“. Unter seiner Leitung bis 1922 wuchs der Verband auf zeitweilig über 40 000 Mitglieder an. Als Vorsitzender des Jugendverbandes wurde er auch Hauptvorstandsmitglied des großen „Centralvereins deut­scher Staatsbürger jüdischen Glaubens“. Und als er 1922 zu den Zionisten wechselte, wo er Mitte der 1920er Jahre Vorsitzender der „Berliner Zionistischen Vereinigung“ (BZV) wurde, wuchs zwar nicht seine Beliebtheit, doch machte ihn dies noch bekannter im deutschen Judentum.

Um diesen bekannten Juristen der Weimarer Republik geht es jetzt in einer Publikation von Heinrich Schwing, der die Karriere des aus der Voreifel stammenden Juristen anhand von unzähligen Briefen und Postkarten belegt. Der im Jahre 1945 geborene Gymnasiallehrer unterrichtete bis zu seiner Pensionierung in den Fächern Geschichte und Germanistik und beschäftigte sich bereits in mehreren Publikationen mit historischen Themen. Ihm verdanken wir nun eine recht persönlich gehaltene Selbstdarstellung von Alfred Apfel.

Dieser hatte 1910 in Berlin Mitte, Friedrichstraße, Ecke Leipziger Straße, im noblen „Equitablepalast“ eine Kanzlei eröffnete. Sie wurde zum angemessenen Sitz des beruflich und wirtschaftlich spätestens ab 1916 außerordentlich erfolg­reichen Anwalts, der eine Reihe von Kriegsgüter produzierenden Firmen und Branchen beriet und vertrat. Im Berlin der Weimarer Republik war er als Notar und Wirtschaftsanwaltrecht prominent.

Alfred ApfelIn meinen NEWS vom 21. März 2014 berichtete ich bereits über das Leben des renommierten jüdischen Rechtsanwalt Dr. Alfred Apfel (1882-1941) und seine aus Münstereifel, Düren, Siegburg und Köln stammende Familie. Sein Name wurde aus besonderem Grund in der Weimarer Republik bekannt, weil er als renommierter Strafverteidiger in vielen politischen Prozessen der Weimarer Republik erfolgreich war und unter anderem auch den späteren Friedensnobelpreisträger Carl von Ossietzky - im sogenannten Weltbühne-Prozess, einer Landesverratssache - verteidigte. Er galt als Pazifist und bedeutender Gegner der immer brutaler werdenden Nazis.

Der bekannte Demokrat, Jude und Zionist gehörte daher zu den ersten, die unmittelbar nach dem Reichstagsbrand am 28. Februar 1933 in sogenannte Schutzhaft genommen und als prominente „Volksverräter“ plakativ von den Nazis gebrandmarkt wurden. Nach seiner Freilassung floh Dr. Alfred Apfel noch im Jahre 1933 nach Paris und starb am 14. Februar 1941 in Marseille.

Mit dem ursprünglich aus Münstereifel stammenden jüdischen Juristen Dr. Alfred Apfel befasste sich seit einigen Jahren der aus Singen stammende Autor Heinrich Schwing. Anhand der ihm zugänglichen Korrespondenz erstellte er indirekt die Biographie des einst bekannten Strafverteidigers, die er vor wenigen Tagen als Buch herausgab.

Bereits im Vorwort wird Dr. Alfred Apfel als „prominenter Unbekannter der heutigen Zeit“ skizziert:

Alfred ApfelNach 1922 trat er auch verstärkt als Autor in Erscheinung. Vornehmlich zu juristischen Themen publizierte er in der „Weltbühne“, der „Arbeiter-Illu­strierten-Zeitung“ (AIZ) usw. für ein breiteres Publikum. Er engagierte sich vielfältig. So saß er z. B. im Beirat der „Liga für Men­schenrechte“, war Mitglied im „Schutzverband deutscher Schriftsteller“, Vor­standsmitglied der deutschen Landesgruppe der „Internationalen Juristi­schen Vereinigung“, deren mehrsprachige Revue er zeitweilig herausgab.

Alfred Apfel zählte spätestens am Ende der Weimarer Republik zur Haute­volee einer linksbürgerlichen Öffentlichkeit. So kannte er und so kannten ihn viele Personen und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Sein Name wurde in zahlreichen Publikationen genannt.

Zu seinen Freunden und Bekannten zählten, um nur ein paar Namen zu nennen, Künstler wie Thomas, Heinrich und Klaus Mann, Johannes R. Be­cher, Kurt Tucholsky, Lion Feuchtwanger, Egon Erwin Kisch, Max Herr­mann Neiße, Robert Musil, Ernst Toller, Käthe Kollwitz und George Grosz; Publizisten wie Carl von Ossietzky, Kurt Grossman, Manfred George, Georg Bernhard und Helmut von Gerlach; Wissenschaftler wie Albert Einstein und Emil Julius Gumbel; Theaterleute wie Max Reinhardt und Erwin Piscator.

Umso mehr verwundert es, dass, wenn man mehr über ihn erfahren möchte, vollends etwas zu seiner Person, zu seinem Leben, man kaum In­formation über ihn findet. Das mag zum einen politisch damit zusammenzuhängen, dass, da er den Nazis als bürgerlich-demokratisch und natürlich schon als Jude verhasst war, sie nach seiner frühen Ausbürgerung alles vernichteten, was seine Spu­ren trug, selbst seine Personalakte im Justizministerium wurde beseitigt. Den Bürgerlichen erschien er (der Jude) zu verdächtig reich und erfolg­reich, die Sozialdemokraten verdächtigten ihn auch nach 1945 noch, ein Kommunist gewesen zu sein, hatte er doch in der Weimarer Republik mehrfach Kommunisten und auch die KPD verteidigt. Den Kommunisten der DDR war er noch bekannt als brillianter Strafverteidiger, als notwendige Hilfe, aber als zu „bürgerlich“, keiner größeren Aufmerksamkeit wert.


Schon vor Monaten machte mir Heinrich Schwing genealogische Ergebnisse zugänglich und veröffentlichte sie auf meiner Website: Spuren der jüdischen Familie Apfel aus Münstereifel. Hier geht es aber dennoch nicht nur um typische genealogische Fakten, sondern auch schon um interessante Details aus dem Familienumfeld, auf die ich bereits in meinen o.a. NEWS vom 21. März 2014 hingewiesen hatte.


Mit seinem150-seitigen Buch hat Heinrich Schwing einen kleinen Beitrag zum Verständnis der Nachkriegszeit geleistet, denn seine Auswertung der recht persönlich gehaltenen Korrespondenz von Alfred Apfel tangiert auch Aspekte des Rechtswesens, Geisteslebens, des Judentums und des politischen Klimas in der Weimarer Republik.


Alfred Apfel: „Mein liebes Tierchen... In inniger Liebe Dein Alfred“. Briefe & Karten an seine Tochter Hannah Busoni. cbedition.de. Singen 2014, ISBN 978-3-00-046609-0.

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